Kollektivverleumdung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
J schreibt in einem Zeitungsartikel, ein bayerischer Minister sei durch Zugang zu einem "Call-Girl-Ring" bestochen worden. Dieser Behauptung lag ein unwahres Gerücht zugrunde, das Staatsminister S solche Verbindungen nachsagte. Die Veröffentlichung nennt jedoch keinen Namen und bringt damit alle 7 Minister der bayerischen Staatsregierung, darunter auch den Staatsminister M, an dessen Integrität der J nicht zweifelte, in einen entsprechenden Verdacht.
Einordnung des Falls
Kollektivverleumdung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. J hat eine Tatsache behauptet.
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Ja!
2. Die Tatsache ist hinsichtlich M unwahr.
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Genau, so ist das!
3. J hat diese Tatsache "in Bezug auf einen anderen" behauptet.
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Ja, in der Tat!
4. Die Tatsache ist ehrenrührig.
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Ja!
5. M ist hier passiv beleidigungsfähig.
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Genau, so ist das!
6. J handelte vorsätzlich.
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Ja, in der Tat!
Jurafuchs kostenlos testen
Blotgrim
8.7.2022, 11:26:47
Wäre es hier bzgl des Behauptens Eventualvorsatz, da der J den M gar nicht mit reinziehen wollte ?

Nora Mommsen
20.7.2022, 16:32:53
Hallo Blotgrim, Eventualvorsatz liegt vor, wenn der Täter den Erfolgseintritt als ernsthaft für möglich hält und ihn aber billigend in Kauf nimmt. Er wusste zwar, dass die Tatsache bezüglich M unwahr ist, hat die Tatsache aber dennoch behauptet. Die Verleumdung des M hat er damit billigend in Kauf genommen. Da er sogar positive Kenntnis der Unwahrheit bezüglich des M hatte, könnte man sogar über directus 2. Grades nachdenken wenn er den Erfolgseintritt als sicher vorausgesehen hat. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Gnu
20.1.2023, 16:23:15
Hat J damit eine siebenfach Verleumdung in Tateinheit begangen (wenn wir annehmen, dass er die Unwahrheit der Tatsache insgesamt kannte)?

Nora Mommsen
25.1.2023, 14:23:57
Hallo Gnu, genauso ist es. Da die Taten durch eine Handlung begangen wurden kommt nur Tateinheit in Betracht. Eine Konsumtion oder ein Zurücktreten scheidet aber angesichts der unterschiedlichen Tatopfer aus. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team