Kreditgefährdung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der in Bonn marktführende Autohändler H hat Angst vor seinem ärgsten Konkurrenten K. H will Ks geschäftliche Expansion bremsen. In einer Versammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) behauptet H deshalb bewusst wahrheitswidrig, K könne aufgrund schwindender Auftragseingänge durch die Corona-Krise eine im Bau befindliche Ausstellungshalle nicht mehr finanzieren.

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Einordnung des Falls

Kreditgefährdung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. H hat eine Tatsache behauptet.

Ja!

Die Verleumdung (§ 187 StGB) erfasst nur die Äußerung von Tatsachen gegenüber Dritten. Für Werturteile gilt ausschließlich § 185 StGB. Tatsachen sind Geschehnisse oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die dem Beweis zugänglich sind. Behaupten ist das Hinstellen einer Tatsache als wahr. Ob K unfähig ist, den Bau zu finanzieren, ist ein gegenwärtiger Zustand, der dem Beweis zugänglich ist. Diese Tatsache hat H als wahr hingestellt.
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2. Die Tatsache ist unwahr.

Genau, so ist das!

Der objektive Tatbestand der Verleumdung (§ 187 StGB) setzt die Unwahrheit der Tatsache voraus. Anders als bei § 186 StGB wird der Täter daher durch verbleibende Zweifel hinsichtlich der Wahrheit der behaupteten Tatsache entlastet. Für eine Bestrafung ist im Gegensatz zu § 186 StGB erforderlich, dass dem Täter nachgewiesen wird, dass seine Behauptung unwahr ist. Anderenfalls kommt nur eine Strafbarkeit nach § 186 StGB in Frage. Dass K den Bau nicht finanzieren könne, ist unwahr.

3. H hat diese Tatsache "in Bezug auf einen anderen" behauptet.

Ja, in der Tat!

Die Behauptung bzw. Verbreitung muss "in Beziehung auf einen anderen" erfolgen, sodass Adressat der Äußerung und von der Äußerung Betroffener personenverschieden sein müssen (Drittbezug). Adressat der Äußerung sind Teilnehmer der IHK-Versammlung, betroffen ist K.

4. K ist passiv beleidigungsfähig.

Genau, so ist das!

Die Verleumdung (§ 187 StGB) setzt die passive Beleidigungsfähigkeit des Tatobjekts voraus. Beleidigungsfähig sind insbesondere alle lebenden natürlichen Personen als Ehrträger. K ist als Mensch eine natürliche Person.

5. Die Tatsache ist ehrenrührig.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Tatsache muss geeignet sein, den Betroffenen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen (Ehrenrührigkeit). Erforderlich ist also eine Eignung zu einer Ehrverletzung. Diese liegt vor, wenn die Tatsache Grundlage eines negativen Urteils über die Ehre des Betroffenen sein kann. Die bloße Behauptung, der K könne den Ausbau aufgrund der Corona-Krise nicht weiter finanzieren, ist als solche ohne zusätzliche herabwürdigende Umstände wohl noch keine Herabwürdigung oder Verächtlichmachung.

6. Die Tatsache ist kreditgefährdend.

Ja!

Die Verleumdung (§ 187 StGB) erfasst auch die Behauptung von Tatsachen, die geeignet sind, den Kredit eines anderen zu gefährden. Kredit mein das Vertrauen, das jemand hinsichtlich der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten genießt. Wenn die angedichtete Tatsache dieses Vertrauen erschüttern kann, ist sie geeignet, den Kredit zu gefährden. Die Behauptung fehlender Finanzierungskraft weist auf eine akute Unternehmenskrise hin und ist geeignet, andere potenzielle Kreditgeber von Fremdfinanzierungen abzuhalten.

7. H handelte vorsätzlich.

Genau, so ist das!

Grundsätzlich setzt der subjektive Tatbestand der Verleumdung (§ 187 StGB) Vorsatz in Form von dolus eventualis voraus. Darüber hinaus muss der Täter "wider besseres Wissen" bezüglich der Unwahrheit der Tatsache handeln, er muss insofern sicher wissen, dass die Tatsache unwahr ist. H hatte sicheres Wissen, dass K tatsächlich nicht finanzierungsunfähig ist.
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