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Kaufrecht

Haftungsausschluss beim Verkauf eines in Schwarzarbeit gebauten Hauses

Haftungsausschluss beim Verkauf eines in Schwarzarbeit gebauten Hauses

13. Mai 2025

21 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V verkauft K unter Ausschluss der Gewährleistungsrechte ein Grundstück. Dort hatte U im Auftrag des V in Schwarzarbeit ein Gebäude errichtet, worüber V den K nicht aufklärte. Nach der Übergabe bemerkt K Fehler in der Bauwerksabdichtung, von denen V jedoch nichts wusste.

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Einordnung des Falls

Haftungsausschluss beim Verkauf eines in Schwarzarbeit gebauten Hauses

Dieser Fall lief bereits im 1./2. Juristischen Staatsexamen in folgenden Kampagnen
Examenstreffer Berlin/Brandenburg 2023
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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K könnte gegen V wegen der mangelbedingten Wertminderung des Grundstücks ein Schadensersatzanspruch zustehen (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB).

Ja!

Dies setzt voraus: (1) Bestehen eines Kaufvertrags, (2) Vorliegen eines Mangels bei Gefahrübergang (§§ 434f. BGB), (3) Kein Ausschluss (§§ 442, 444 BGB), (4) Erfolglose Fristsetzung oder Entbehrlichkeit, (5) Vertretenmüssen (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Die mangelhafte Leistung (§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB) ist zugleich die relevante Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB). K könnte nicht nur Ersatz des Minderwertes, sondern auch Ersatz fiktiver Mängelbeseitigungskosten verlangen.
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2. Die unzureichende Abdichtung des Gebäudes stellt einen Sachmangel des Grundstücks dar (§ 434 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB n.F.).

Genau, so ist das!

Die Kaufsache wäre mangelfrei, wenn sie eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann. Die „Üblichkeit“ beurteilt sich nach der Verkehrsanschauung. Die Abdichtung ist eine körperliche Eigenschaft des Bauwerks und unterfällt damit dem Beschaffenheitsbegriff. Eine fehlerfreie Abdichtung des Mauerwerks gegen Feuchtigkeit ist im Verkehr üblich. Nur so kann ein langfristiger Bestand des Bauwerks gewährleistet werden. Damit liegt ein Mangel vor.

3. Die Tatsache, dass das Gebäude unter Verstoß gegen das SchwarzArbG errichtet wurde, stellt einen Sachmangel des Grundstücks dar.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Sache ist mangelhaft, wenn bei Gefahrübergang die Ist- von der (vereinbarten und/oder gesetzlich definierten) Soll-Beschaffenheit abweicht (§ 434 Abs. 1 BGB n.F.). Zur Beschaffenheit zählen die körperlichen Eigenschaften, aber auch die Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben. Der Verstoß gegen das SchwarzArbG beeinflusst die Qualität des errichteten Gebäudes nicht. Daher wirkt er sich auch nicht auf die Wertschätzung des Grundstücks aus und ist damit keine relevante Umweltbeziehung.

4. K stünde kein Schadensersatzanspruch zu, wenn V die Gewährleistungsrechte wirksam ausgeschlossen hat.

Ja!

Ein kaufrechtlicher Haftungsausschluss setzt voraus: (1) Ausschlussvereinbarung, (2) Zulässigkeit des Ausschlusses (z.B. § 476 Abs. 1 BGB n.F.; bei Vorliegen von AGB §§ 305ff. BGB). Ob ein Verbrauchsgüterkauf vorliegt, ist beim Ausschluss von Schadensersatzansprüchen unerheblich (§ 476 Abs. 3 BGB n.F.). Wird in einem Kaufvertrag sowohl eine bestimmte Beschaffenheit als auch ein pauschaler Haftungsausschluss vereinbart, ist der Ausschluss in der Regel dahin auszulegen, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gilt.

5. Allerdings stünde K ein Schadensersatzanspruch trotz Haftungsausschlusses zu, wenn V den Abdichtungsmangel arglistig verschwiegen hätte (§ 444 Alt. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Der Verkäufer verschweigt einen Mangel arglistig, wenn er weiß oder billigend in Kauf nimmt, (1) dass die Sache mangelhaft ist (§§ 434f. BGB), (2) dass der Käufer den Mangel nicht kennt und (3) dass der Käufer den Kaufvertrag bei Kenntnis des Mangels nicht (so) abgeschlossen hätte. Die Berufung auf den Haftungsausschluss ist nur gegenüber den Gewährleistungsrechten ausgeschlossen, die sich gerade aus dem verschwiegenen Mangel ergeben. Hinsichtlich sonstiger, nicht arglistig verschwiegener Mängel kann der Verkäufer sich auf den Ausschluss berufen.

6. V kann sich auf den Haftungsausschluss berufen, obwohl er K nicht über den Verstoß gegen das SchwarzArbG beim Bau des Gebäudes aufgeklärt hat (§ 444 Alt. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Um arglistig zu sein, muss der Verkäufer wissen oder billigend in Kauf nehmen, (1) dass die Sache mangelhaft ist (§§ 434f. BGB), (2) dass der Käufer den Mangel nicht kennt und (3) dass der Käufer den Kaufvertrag bei Kenntnis des Mangels nicht (so) abgeschlossen hätte. Ein Schwarzbau ist steuer- oder gewerberechtlich problematisch, stellt aber selbst keinen Mangel dar. Von dem konkreten Abdichtungsmangel wusste V nichts, sodass er sich auf den Ausschluss berufen kann. In Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit genügt es nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen eines Mangels hätte aufdrängen müssen.Aufgepasst! Hierin liegt der Kern der Entscheidung: Die Tatsache, dass ein Gebäude in Schwarzarbeit errichtet wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass der Verkäufer (Eventual-)Vorsatz hinsichtlich des Bestehens eines konkreten Mangels besitzt!

7. Steht K ein Schadensersatzanspruch wegen der fehlerhaften Bauwerksabdichtung zu (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB)?

Nein!

Dies setzt voraus: (1) Bestehen eines Kaufvertrags, (2) Vorliegen eines Mangels bei Gefahrübergang (§§ 434f. BGB), (3) Kein Ausschluss (§§ 442, 444 BGB), (4) Erfolglose Fristsetzung oder Entbehrlichkeit, (5) Vertretenmüssen (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Zwar stellt die fehlerhafte Abdichtung einen Mangel dar. Allerdings wurde die Haftung zwischen V und K wirksam ausgeschlossen. Da V nichts von dem Abdichtungsmangel wusste, kann er sich auch auf den Haftungsausschluss berufen.
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