Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2021
Haftungsausschluss beim Verkauf eines in Schwarzarbeit gebauten Hauses
Haftungsausschluss beim Verkauf eines in Schwarzarbeit gebauten Hauses
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V verkauft K unter Ausschluss der Gewährleistungsrechte ein Grundstück. Dort hatte U im Auftrag des V in Schwarzarbeit ein Gebäude errichtet, worüber V den K nicht aufklärte. Nach der Übergabe bemerkt K Fehler in der Bauwerksabdichtung, von denen V jedoch nichts wusste.
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Einordnung des Falls
Haftungsausschluss beim Verkauf eines in Schwarzarbeit gebauten Hauses
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K könnte gegen V wegen der mangelbedingten Wertminderung des Grundstücks ein Schadensersatzanspruch zustehen (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die unzureichende Abdichtung des Gebäudes stellt einen Sachmangel des Grundstücks dar (§ 434 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB n.F.).
Genau, so ist das!
3. Die Tatsache, dass das Gebäude unter Verstoß gegen das SchwarzArbG errichtet wurde, stellt einen Sachmangel des Grundstücks dar.
Nein, das trifft nicht zu!
4. K stünde kein Schadensersatzanspruch zu, wenn V die Gewährleistungsrechte wirksam ausgeschlossen hat.
Ja!
5. Allerdings stünde K ein Schadensersatzanspruch trotz Haftungsausschlusses zu, wenn V den Abdichtungsmangel arglistig verschwiegen hätte (§ 444 Alt. 1 BGB).
Genau, so ist das!
6. V kann sich auf den Haftungsausschluss berufen, obwohl er K nicht über den Verstoß gegen das SchwarzArbG beim Bau des Gebäudes aufgeklärt hat (§ 444 Alt. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
7. Steht K ein Schadensersatzanspruch wegen der fehlerhaften Bauwerksabdichtung zu (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB)?
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
IsiRider
12.4.2022, 10:12:40
frausummer
12.4.2022, 16:33:36
Bleibt denn irgendeine Möglichkeit Schadensersatz zu bekommen?
Ulmenhorst
12.4.2022, 16:35:45
Passt jdf. vom Wortlaut von 435 nicht, wenn es dort darum geht, dass Dritte Recht in Bezug auf die Sache, die so nicht vereinbart waren. Hab mich noch gefragt, ob ähnlich wie bei Verstößen gegen Baurecht ein (dann aber Sach-)Mangel angenommen werden kann. Da aber ein Verstoß gegen das Baurecht mit den entsprechenden Folgen für das Gebäude (ZB potenzielle Abrissverfügung) ersichtlich wertmindernd ist, und ein ähnlicher Effekt beim Verstoß gegen das Schwarzarbeitsgesetz mE fehlt, komme ich zu keinem Ergebnis.
Lukas_Mengestu
13.4.2022, 18:42:45
Hallo zusammen, der BGH hat in diesem Urteil noch einmal klargestellt, dass der Käuferschutz nur im Hinblick auf die in §§ 434, 435 BGB verankerten Mangelbegriffe greift. Der Vorwurf lautet hier ja eigentlich nicht "Du hast das Haus in Schwarzarbeit errichten lassen". Denn wenn das Haus dabei mangelfrei errichtet worden wäre, so wäre dem Käufer die Historie wohl herzlich egal. Vielmehr lautet der zentrale Vorwurf "Die Bauwerksdichtung ist mangelhaft". Diesbezüglich haben die Parteien aber privatautonom einen Haftungsausschluss vereinbart. Daran muss sich der Käufer letztlich festhalten lassen. Da V bezüglich des konkreten Mangels nicht arglistig war, ist dieser Ausschluss wirksam und damit kommen im Ergebnis auch keine Schadensersatzansprüche in Betracht. Ein "
Rechtsmangel" liegt - wie Ulmenhorst schon zurecht eingewandt hat - nicht vor, da der Schwarzbau kein Recht Dritter darstellt. Will ein Käufer vermeiden, dass er ein Schwarzbauhaus kauft, so steht es ihm aber frei, diesbezüglich eine entsprechende
Beschaffenheitsvereinbarungin den notariellen Kaufvertrag aufzunehmen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
bibu knows best
26.6.2022, 07:33:42
Okay dann hab ich noch eine Rückfrage: wie wäre es denn zb, wenn die zuständige Behörde bereits eine Abriss Verfügung erlassen hätte? Dies wäre doch dann ein
Rechtsmangeloder ? Und wir wäre es, wenn zB ein Wohnhaus vom Käufer gewerblich genutzt werden wollen würde und hierfür bestätigend keine
Nutzungsänderungin Frage kommt. Das wäre doch für den Käufer auch ein
Rechtsmangeloder ?
CR7
12.4.2023, 09:04:46
@[bibu knows best](176205) Ich glaube in diesem Fall wäre es bei der materiellen Illegalität so, dass die Behörde ja das Haus noch genehmigen kann, wenn es mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Einklang steht. In der Verhältnismäßigkeit prüft man ja, ob der Abriss schwerer wiegt als die nachträgliche Genehmigung. Insofern denke ich, dass dann § 434 III S. 1 Nr. 1 BGB einschlägig wäre, da sich das Haus nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet, wenn es abgerissen wird. Aber eventuell besteht dann ein SE-Anspruch gegen V wegen der Kosten für die nachträgliche Genehmigung, da ja gerade die Schwarzarbeit arglistig verschwiegen wurde.
CR7
12.4.2023, 09:05:33
Ich frage mich aber hier: Der Vertrag zwischen U und V wird wohl wegen § 138 BGB nichtig sein, so dass K gegen U keine Ansprüche aus § 311 III oder VSD geltend machen könnte. Wäre dann aber hier nicht § 826 BGB einschlägig?
leeoon
25.4.2023, 14:06:52
Examenstreffer Berlin 2023/I
Nils
25.4.2023, 14:07:13
Hahahah in Niedersachsen auch! Grüße
Lukas_Mengestu
25.4.2023, 14:10:52
Lieben Dank euch für die Meldung und weiterhin viel Erfolg! Die Daumen sind gedrückt! Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Nils
25.4.2023, 14:07:01
Examenstreffer heute in NDS
Lukas_Mengestu
25.4.2023, 14:17:01
Vielen Dank für die Meldung, Nils! Und viel Erfolg für die verbleibenden Klausuren! Beste Grüße, Lukas
Max
26.4.2023, 17:39:52
Ebenfalls examenstreffer in Hamburg :D
Lukas_Mengestu
26.4.2023, 18:00:19
Klasse, danke Max! Die Daumen sind für den Endspurt gedrückt :-)
Juliaa
26.4.2023, 23:21:22
Auch in NRW :)
Blackpanther
30.6.2023, 09:16:15
Angenommen, es liegt kein Haftungsausschluss vor: hätte V den Mangel über § 278 zu vertreten?
David.
8.9.2023, 10:17:52
Könnte man nicht auch über eine Sittenwidrigkeit des Gewährleistungsausschlusses nachdenken? Für mich wirkt es so, als ob V das Risiko eines Mangels durch den Ausschluss der Gwährleistung auf K verlagert hätte. Ich kenne mich in der Baupraxis nicht aus, aber ich würde jetzt spontan davon ausgehen, dass Bauunternehmen, welche ihre Leistungen schwarz anbieten, weniger seriös sind und ihre Werke auch fehleranfälliger.
Leo Lee
8.9.2023, 11:26:23
Hallo David, in der Tat scheint es nicht derart fertigend, über eine Sittenwidrigkeit des Gewährleistungsausschlusses an sich nachzudenken. Beachte allerdings, dass sich der Gewährleistungsausschluss sich immer auf einen konkreten Mangel beziehen muss, der im konkreten Fall relevant ist. Hier gibt es zwei Anhaltspunkte: I. Bauwerksabdichtung und II. Schwarzarbeit. Hier muss man strikt trennen, denn die Tatsache, dass die Abdichtung mangelhaft ist, mag zwar mit der Schwarzarbeit was zu tun haben; allerdings ist Schwarzarbeit eben nicht Teil des Mangels, weil die "schwarze" Errichtung des Gebäudes eben nichts mit der Beschaffenheit zu tun hat (so die Entscheidung in Rn. 21 f.). Für den zweiten Satz deiner Frage kann man in der Tat sich die Frage stellen, ob die "Risikoverlagerung" an sich eine Sittenwidrigkeit begründet. Jedoch besagt § 444 BGB gerade, dass dies eben erlaubt ist, es sei denn, man ist arglistig usw. Ein Fall von § 138 I BGB (Knebelung, Unerfahrenheit usw.) ist ebenfalls nicht gegeben. Wichtig ist im Endeffekt (und das ist die Kernaussage der Entscheidung), dass man beachtet, dass der Mangel "in sich geschlossen" bewertet werden muss, also frei von jeder rechtlichen Wertung (wie die Schwarzarbeit). Denn Beschaffenheit einer Kaufsache im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB sind sowohl alle Faktoren anzusehen, die der Sache selbst anhaften, als auch alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben. Die Schwarzarbeit beeinflusst jedoch den Wert der Sache, weil die Schwarzarbeit eben das errichtete Haus nicht selbst betrifft. Hierzu kann ich die Lektüre von Rn. 21 f. der Entscheidung sehr empfehlen (https://lorenz.userweb.mwn.de/urteile/vzr24_20.htm) :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
David.
8.9.2023, 11:30:41
Danke dir für die ausführliche Antwort! 👍🏼👍🏼
Geldhatmanzuhaben
2.9.2024, 13:34:14
Kann ein pauschaler Gewährleistungsausschluss nach §§ 133, 157 BGB nicht dahingehend ausgelegt werden, dass nur solche Mängel nicht erfasst sind, die ein durchschnittlicher Käufer nach Prüfung der Sache erkennen kann? Dies wird ja auch i.R.v. Kfz-Gewährleistungsausschlüssen vertreten, warum nicht hier?
Leo Lee
9.9.2024, 08:19:47
Hallo
Geldhatmanzuhaben, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat könnte man sich diese Frage stellen. Eine mögliche Erklärung ist, dass hier der pauschale Ausschluss an sich nicht unwirksam oder problematisch war, zumal 444 NICHT griff. Deshalb musste der BGH insofern keine Stellung nehmen, da der Ausschulss an sich am Ende wirksam war und Bestand hatte :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo