Bei mittelbarer Täterschaft 3
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T plant mit D, wie diese gemeinsam den O erschrecken können. Dazu soll D auf den O mit einer Spielzeugwaffe schießen. T überreicht dem D jedoch eine echte Waffe, was dieser zunächst nicht erkennt. Auf dem Weg zu O erkennt D jedoch, dass es sich um eine echte Waffe handelt. D erschießt O daraufhin.
Einordnung des Falls
Bei mittelbarer Täterschaft 3
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat einen Totschlag in mittelbarer Täterschaft (§§ 212 Abs. 1, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) begangen.
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Nein, das trifft nicht zu!
2. Die herrschende Meinung bejaht eine vollendete Anstiftung (§ 26 StGB).
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Ja!
3. Eine Mindermeinung geht von einer versuchten mittelbaren Täterschaft aus.
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Genau, so ist das!
4. Der Versuch eines Totschlages (§ 212 Abs. 1 StGB) ist strafbar.
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Ja, in der Tat!
5. T hat „Tatentschluss“ bezüglich eines Totschlages.
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Ja!
6. T hat „Tatentschluss“, die Tat durch D zu begehen.
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Genau, so ist das!
7. T hätte unstreitig die Versuchsschwelle überschritten, wenn D auf O geschossen hätte, ohne Vorsatz in Bezug auf eine Tötung zu haben.
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Ja, in der Tat!
8. Nach der Rechtsprechung hat T die Versuchsschwelle überschritten, als er D die Waffe gab und diesen losschickte.
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Ja!
9. Es ist unklar, wie die Vertreter der Gesamtlösung die vorliegende Fallkonstellation lösen würden.
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Ja, in der Tat!
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RealOmnimodo 🇺🇦
27.10.2021, 09:13:11
Ich frage mich, warum hier nach der hM eine vollendete Anstiftung vorliegen soll. Hierfür wäre nach der Kommunikationstheorie eine Willensbeeinflussung im Sinne eines offenen geistigen Kontakts zwischen Anstifter und Täter nötig. Eine solche liegt gerade nicht vor: D entdeckt die scharfe Waffe und „nutzt“ diese Gelegenheit zur Tatausführung. Ich wäre hier von der Gehilfenhandlung des T ausgegangen.

Lukas_Mengestu
27.10.2021, 11:33:44
Hallo omnimodo facturus, die Willensbeeinflussung liegt darin, dass T den D überhaupt erst dazu bringt mit der Waffe zu O zu gehen (D erkennt anfangs ja noch nicht, dass es sich um eine echte Waffe handelt und macht sich trotzdem auf). Es liegt also auch nicht die Konstellation des Täters vor, der bereits von Anfang an zur Tat entschlossen ist (also die Figur des "omnimodo facturus" :-D ) und aus diesem Grund nicht mehr angestiftet werden kann. Der objektive Tatbeitrag des T ist insoweit ausreichend. Gegen die vollendete Anstiftung wird vorliegend aber eingewandt, dass - ungeachtet der dahinterstehenden Plausibilität - ein Verstoß gegen das Analogieverbot (Art. 103 abs. 2 GG) vorliege. Denn der Wortlaut des § 26 StGB gebe diese Lösung nicht her (vgl. Rengier, Strafrecht At, 13.A.2021, § 43 RdNr. 83). Dennoch wird dies überwiegend über die vollendete Anstiftung gelöst. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
bibu knows best
29.6.2022, 19:38:07
Warum liegt hier denn dann kein Fall von dem Täter hinter dem Täter vor?

Lukas_Mengestu
29.6.2022, 21:04:14
Hallo bibu knows best, im Strafrecht gilt grundsätzlich das Verantwortungsprinzip, d.h. wenn der Tatmittler selbstverantwortlich und damit strafbar gehandelt hat (kein Defizit), dann scheidet damit auch eine mittelbare Täterschaft aus. Es kommt also nicht zur "Verdoppelung" des Täters. Die Konstruktion des "Täter hinter dem Täter" ist eine Ausnahme dieses Prinzips zur Schließung von Strafbarkeitslücken. Im Hinblick auf das Regel-Ausnahmeverhältnis sollte diese nur sehr restriktiv und nur in den von der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen angewandt werden (insbesondere a) vermeidbarer Verbotsirrtum beim Werkzeug (Katzenkönig) und b) Organisationsherrschaft in Machtapparten (Schreibtischtäter/Mauerschützenfall/Mafia)). Vorliegend bleibt es dagegen beim Verantwortungsprinzip, sodass entweder eine versuchte mittelbare Täterschaft oder die "bloße" Teilnahme in Form der Anstiftung in Betracht kommt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

I-m-possible
4.7.2022, 14:54:47
Wenn vorliegend nach der Gesamtlösung gelöst werden würde, müsste man eine Anstifung nicht mehr ansprechen oder ? Denn dann läge eine mittelbare Täterschaft vor und es müsste die Anstiftung nicht geprüft werden.

Nora Mommsen
19.7.2022, 15:39:39
Hallo I-m-possible, es ist nicht ganz klar, ob die Gesamtlösung zu einer Bejahung der mittelbaren Täterschaft kommen würde. Täte sie das, wäre die Anstiftung nicht mehr anzusprechen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Allegra.B
19.10.2022, 13:56:29
Hallo, ich weiß nicht ob es anderen auch so geht, aber bei mir wird das Unterkapitel nicht als vollständig bearbeitet angezeigt. Der letzte Fall des Kapitels wird immer als nicht gelöst bzw. offen angezeigt. Habe auch immer die App aktualisiert, aber daher der Hinweis😁

Lukas_Mengestu
26.10.2022, 13:02:25
Hallo Allegra, versuche bitte einmal über die drei Punkte neben der Fortschrittsanzeige das Unterkapitel neu zu beginnen. Wenn Du jetzt alles durchspielst, dann sollte es spätestens jetzt als gelöst angezeigt werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team