Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Täterschaft und Teilnahme

Fehlgeschlagene Anstiftung - vermeintlicher Täter gutgläubig

Fehlgeschlagene Anstiftung - vermeintlicher Täter gutgläubig

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Ärztin A und Pflegerin P unterhalten sich oft darüber, was für ein „Schwein” Patient O sei. A will O deshalb töten. Sie hält P eine Spritze hin. A denkt, P wisse, dass Gift in der Spritze sei. P hält sie aber für ein normales Medikament und gibt O gutgläubig das tödliche Gift.

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Einordnung des Falls

Fehlgeschlagene Anstiftung - vermeintlicher Täter gutgläubig

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Hat P sich wegen Mordes strafbar gemacht, indem sie O das tödliche Gift gab, § 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1 StGB?

Nein!

P hat O das Gift verabreicht und ihn damit getötet. O war hinsichtlich der verabreichten Spritze arglos und infolgeddesen wehrlos. Das Vorgehen war damit objektiv heimtückisch. P dachte aber, dass sich ein normales Medikament in der Spritze befinde. A handelte damit unvorsätzlich. Sie hat sich nicht des Heimtückemordes nach § 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1 StGB strafbar gemacht.Anhaltspunkte für eine fahrlässige Tötung liegen ebenfalls nicht vor.
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2. A könnte sich wegen Mordes in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht haben, §§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB.

Genau, so ist das!

Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit für ein Handeln in mittelbarer Täterschaft sind: (1) Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs durch Handlung des Tatmittlers (2) Einwirkung des mittelbaren Täters auf den Tatmittler (3) Zurechnung der Verwirklichung von Tatbestandsmerkmalen durch den Tatmittler Zudem bedarf es des Vorsatzes bezüglich der Tatbestandsverwirklichung durch den Tatmittler und hinsichtlich der die Tatherrschaft begründenden Umstände.P hat O die Spritze mit dem Gift verabreicht, weswegen dieser starb. Dies geschah, weil A ihr die Spritze reichte, damit sie O das Gift injizierte. A hat damit auf P eingewirkt. A wollte P jedoch lediglich zu deren Tat anstiften. Sie handelte weder mit Täterwillen (Rspr) noch mit Tatherrschaftsbewusstsein (hL). Eine Strafbarkeit wegen Mord in mittelbarer Täterschaft scheidet damit aus.

3. Hat A sich nach h.M. wegen Anstiftung zum Mord strafbar gemacht, indem sie P die Spritze reichte (§§ 211 Abs, 2 Gr. 2 Var. 1, 26 StGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Anstiftung setzt objektiv voraus, dass der Anstifter den Haupttäter zu dessen vorsätzlicher, rechtswidriger Haupttat bestimmt. P handelte aber unvorsätzlich und hat sich nicht strafbar gemacht. Es liegt damit keine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat vor.Eine Mindermeinung sieht auch in diesen Fällen eine Strafbarkeit wegen Anstiftung gegeben. Wenn objektiv eine (mittelbare) Täterschaft und subjektiv eine Anstiftung vorliege, fungiere die Teilnahmestrafbarkeit als „Auffangstrafbarkeit” (argumentum a maiore ad minus). Das widerspricht jedoch dem Wortlaut des § 26 StGB, der für die Teilnahmestrafbarkeit eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat verlangt.

4. Bleibt A damit straffrei?

Nein!

Da es sich beim Mord um einen Verbrechenstatbestand handelt, hat A sich zumindest wegen versuchter Anstiftung zum Mord strafbar gemacht, §§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1, 30 Abs. 1 StGB.Beachte: Handelt es sich lediglich um ein Vergehen, bleibt die versuchte Anstiftung straffrei.
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