Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Versuch und Rücktritt
Abgrenzung beendeter/unbeendeter Rücktrittshorizont
Abgrenzung beendeter/unbeendeter Rücktrittshorizont
18. April 2025
3 Kommentare
4,6 ★ (5.019 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

T möchte O erschießen und feuert 20mal ab. Dabei glaubt T, dass jeder Schuss trifft, weil O stolpert. Nachdem das Magazin leer ist, sieht T jedoch, dass O unverletzt ist. Zwar hat T noch eine weitere Pistole. Er hat aber Mitleid mit O, der sich den Knöchel verstaucht hat.
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Einordnung des Falls
Abgrenzung beendeter/unbeendeter Rücktrittshorizont
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Versuch war nach herrschender Meinung fehlgeschlagen.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Es liegt ein beendeter Versuch vor.
Nein!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Kai
7.12.2024, 00:07:51
Hey, mir ist aufgefallen, dass in einigen Fällen dieser Art erst in einer Frage geprüft wird, ob grundsätzlich ein
beendeter Versuchvorliegt, um danach in einer neuen Frage zu diskutieren, ob eine Korrektur der
Rücktrittshorizonts stattfand (so zB hier: https://wissen.jurafuchs.de/jqyd3ve/abgrenzung-beendeter-unbeendeter-versuch-ruecktrittshorizont-entstehen). Ich war ein wenig verwundert, warum das hier nicht getan wurde. Liegt es daran, dass die Zeit zwischen dem letzten (zwanzigsten) Schuss und dem Weiterlaufen nicht lang genug war, dass T davon ausgehen konnte, alles getan zu haben, um den Erfolg zu erreichen? Oder konnte man bereits allein auf Basis der 20 Schüsse nicht auf eine entsprechende Vorstellung des T schließen? Dankeschön!
Leo Lee
8.12.2024, 12:20:28
Hallo Kai, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat scheint es etwas komisch, dass wir hier nicht zunächst den beendeten Versuch feststellen, um erst dann auf die Problemlage - wie im von dir zitierten Fall - einzugehen. Diese Frage hast du im Grunde - zur Hälfte - beantwortet. Denn gerade durch diese "kurze Zeit" (im Vergleich zu den 30 Minuten), ging es hier lediglich darum, nach der letzten (unmittelbar zusammenhängenden) Handlung festzustellen, ob der Versuch beendet oder nicht beendet ist. Hier ging es also um die "erstmalige" Feststellung des
Rücktrittshorizonts. Bei der von dir zitierten Aufgabe besteht hingegen die Besonderheit, dass dort zunächst der Täter (aus dem "ersten"
Rücktritthorizont) sich einen beendeten Versuch vorstellte. Dann kommt aber der Part mit der "längeren Zeit". Denn aufgrund der zeitlichen Zäsur könnte ebendieser
RücktrittshorizontKORRIGIERT worden sein (was man auch als "Zweiten
Rücktrittshorizont" beschreiben könnte). Summa summarum kann man also sagen: Geht es um den "erstmaligen"
Rücktrittshorizont, stellt man i.d.R. auch zum ersten Mal den beendeten/unbeendeten Versuch fest. Geht es hingegen darum, dass eine zeitlich Zäsur nach dem "ersten"
Rücktrittshorizonterfolgt ist, dann würde man mit der KORREKTUR des
Rücktrittshorizontwie in der von dir genannten Aufgabe vorgehen. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-StGB 5. Auflage, Hoffmann-Holland § 24 Rn. 71 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Kai
9.12.2024, 09:28:29
Vielen Dank! @[Leo Lee](213375)