Beschuhter Fuß bei Druck auf den Hals

25. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

T und O prügeln sich. T wirft O zu Boden. Um ihn unten zu halten, setzt T seinen mit Halbschuhen beschuhten Fuß auf Os Hals. Er drückt den Fuß so fest gegen den Hals, dass O schwarz vor Augen wird und das Schuhprofil sich abbildet. Um so fest drücken zu können, hält T sich an zwei Stämmen fest, zwischen denen O auf dem Boden liegt.

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Einordnung des Falls

Beschuhter Fuß bei Druck auf den Hals

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eigene Körperteile unterfallen regelmäßig dem Begriff des "anderen gefährlichen Werkzeugs" (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Werkzeug ist jeder bewegliche Gegenstand, mittels dessen durch Einwirkung auf den Körper eine Verletzung zugefügt werden kann. Gefährlich ist ein Werkzeug, das nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen zuzufügen (potentielle Gefährlichkeit). Rspr. und h.M. schließen aus dem Wortlaut, dass eigene Körperteile kein Werkzeug darstellen.
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2. T hat die Körperverletzung an O nach Ansicht des BGH "mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs" begangen (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB).

Nein!

Ob ein Schuh am Fuß ein gefährliches Werkzeug ist, hängt von den konkreten Umständen ab. Entscheidend sind die (1) Schuh- und Anwendungsart, (2) betroffene Körperteile und (3) seine die Wirkung des bloßen Fußes verstärkende Funktion. Die konkrete Verwendung muss erwarten lassen, dass dadurch erhebliche Verletzungen entstehen. BGH: Drücke der Täter wie hier seinen Fuß gegen den Hals des Opfers, komme dem Schuh keine besondere Bedeutung dafür zu, ob dem Opfer erhebliche Verletzungen beigebracht werden. Die Wirkung der Handlung hänge von dem Druck ab, den der Fuß auf den Hals ausübt. T erhöhte den Druck, indem er sich an den Stämmen festhielt. Dass er Halbschuhe anhatte und sich das Schuhprofil am Hals abbildete, sei nicht von besonderer Bedeutung.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Tigerwitsch

Tigerwitsch

17.2.2021, 22:12:19

Es wäre möglicherweise jedoch die Nr.5 erfüllt, oder?

Speetzchen

Speetzchen

18.2.2021, 21:57:36

Ja, beachte, dass es bei Nr. 5 einen Meinungsstreit gibt, ob es eine konkrete Lebensgefahr vorliegen muss oder eine abstrakte Lebensgefahr ausreichend ist. Lg

Tigerwitsch

Tigerwitsch

18.2.2021, 22:19:35

Genau. Nach der Rechtsprechung ist nach den Umständen des Einzelfalls eine generelle Lebensgefahr ausreichend. Das wäre ja hier mit dem Fuß auf dem Hals wohl zu bejahen. Auch die konkrete Lebensgefahr würde jedoch vorliegen, da dem O schwarz vor Augen wird usw

suessmaus

suessmaus

17.7.2023, 11:45:16

gilt das auch für § 250 und § 244?

ABDU

Abdulkadir

10.8.2023, 23:00:10

Nein in 244 und 250 wird eine andere Definition vom gefährlichem Werkzeug gebraucht. Es muss meines Wissens nach eine

abstrakte Gefahr

vorliegen.

LELEE

Leo Lee

11.8.2023, 14:36:07

Hallo suessmaus, wie Abdulkadir richtigerweise angemerkt hat, gilt bei §§ 244, 250 BGB ein anderer Begriff, wobei streitig ist, wie dieser Begriff genau definiert werden soll (wohl h.M. obj.-gen. gefährlich). Jedoch sind deine Ausführungen insofern interessant, als der Gesetzgeber ursprünglich genau diesen Begriff (StGB 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB) ohne Weiteres auf die § 244, 250 BGB übertragen wollte. Da jedoch §§ 244, 250 BGB gerade von der abstrakten Gefahr gekennzeichnet sind, hat der Gesetzgeber insoweit einen systematischen Fehler gemacht! Hierzu kann ich dir die Lektüre (sehr lehrreich!) von Fischer StGB, 69. Auflage, § 244 Rn. 15 sehr empfehlen:). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo

Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat

Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat

17.6.2024, 16:24:31

Ist im Rahmen des § 250 nicht nach Abs. 1 und Abs. 2 zu differenzieren? Ich hatte im Kopf, dass die Rechtsprechung bei § 250 II Nr. 1 sehr wohl auf die Vergleichbarkeit zu § 224 I Nr. 2 abstellt und die objektive Gefährlichkeit bei § 250 II Nr. 1 unter anderem aus der konkreten Art und Weise der Verwendung herleitet?


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