Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Fahrlässigkeit
Objektive Vorhersehbarkeit: Strafbarkeitsbegrenzende Wirkung
Objektive Vorhersehbarkeit: Strafbarkeitsbegrenzende Wirkung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die T fährt auf einer Bundesstraße als sie den betrunkenen Radfahrer R auf einer übersichtlichen Kreuzung entgegen dem damaligen Verbot aus § 10 Abs. 1 S. 3 StVO a.F. überholen will. Auf ihrer Höhe biegt dieser jedoch unvermittelt links ab. Es kommt zu einem für R tödlichen Unfall.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Objektive Vorhersehbarkeit: Strafbarkeitsbegrenzende Wirkung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat sich objektiv sorgfaltspflichtwidrig verhalten.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die fahrlässige Tötung setzt auch voraus, dass der Todeserfolgseintritt objektiv vorhersehbar war (§ 222 StGB).
Genau, so ist das!
3. Der tödliche Unfall mit R war auch objektiv vorhersehbar.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Joul
28.2.2024, 13:32:02
Hallo, Ich konnte nicht ganz nachvollziehen, warum der nach links abbiegen des R hier unvorhersehbar war. Musste man nicht durch das Betrunkensein des R, mehr Vorsicht walten lassen (Bei "zB Kindern oder Betrunkenen)? Oder liegt es daran, dass nicht explizit gesagt wurde, dass sie dies auch schon weiß bzw. man es überhaupt wahrnehmen konnte? LG, Joul
Joul
28.2.2024, 13:43:34
Noch ein kleiner Nachtrag: In dem kurz darauf folgenden Fall https://applink.jurafuchs.de/tOY8CmkDyHb ist es ähnlich, aber mit anderem Ausgang. In den zweiten Fall ist das plötzliche Erschrecken eines Betrunkenen vorhersehbar, im anderen Fall das plötzliche links rüberziehen eines Betrunkenen aber nicht?
Nora Mommsen
1.3.2024, 13:13:33
Hallo Joul, danke für deine Frage! Hier ist weniger entscheidend, dass der Radfahrer betrunken war. Vielmehr ist in diesem Fall mit der Kreuzung die Frage, ob es vorhersehbar war, dass an übersichtlicher Stelle ohne vorherige Anzeichen damit gerechnet werden musste, dass der Radfahrer ein Abbiegemanöver einleitet. Anzeichen können neben dem Fahrtrichtungsanzeiger - auch "Blinker" genannt ;) - Verlangsamung, Einordnung in der Mitte/zum linken Rand der Fahrspur einordnen oder ähnliches sein. Der BGH hat dazu in seinem Leitsatz entschieden: "Wer an einer übersichtlichen Straßenkreuzung überholt, braucht nicht allgemein damit zu rechnen, dass der überholte Verkehrsteilnehmer plötzlich nach links einbiegt.". Bei dem von dir zitierten Fall ging es um die Frage, ob damit zu rechnen ist, dass ein Radfahrer erschrickt wenn man sehr nah an ihm vorbei fährt. Das ist anzunehmen, allein durch die Sogwirkung, die große Fahrzeuge verursachen kann ein Schlenkern verursacht werden, das Erschrecken natürlich ebenfalls. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team