Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Fahrlässigkeit

Objektive Vorhersehbarkeit 2: Strafbarkeitsbegründende Wirkung

Objektive Vorhersehbarkeit 2: Strafbarkeitsbegründende Wirkung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Autofahrerin A fährt bei grüner Ampel über einen Fußgängerübergang. In selben Moment betritt aber auch Fußgängerin F unter Missachtung ihrer roten Ampel den Übergang und wird von A tödlich erfasst. Dass F die Straße betreten würde, war von Anfang an deutlich erkennbar.

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Einordnung des Falls

Objektive Vorhersehbarkeit 2: Strafbarkeitsbegründende Wirkung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hat sich objektiv sorgfaltspflichtwidrig verhalten, indem sie über die grüne Ampel fuhr.

Nein!

Der einschlägige Sorgfaltsmaßstab ergibt sich aus § 37 Abs. 2 StVO. Danach bedeutet ein grünes Wechsellichtzeichen, dass der Verkehr freigegeben ist. A fährt in Übereinstimmung mit § 37 Abs. 2 StVO bei grüner Ampel über den Fußgängerübergang.
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2. Der Tod der F war gleichwohl objektiv vorhersehbar, sodass der A nichtsdestotrotz ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen ist.

Genau, so ist das!

Bei Einhaltung von Verkehrsvorschriften kann ein Fahrlässigkeitsvorwurf nur dann gemacht werden, wenn objektiv vorhersehbar ist, dass gerade die Einhaltung der Verkehrsregeln zu einem Unfall führen kann. Nach Lage der Dinge muss also der Unfall für einen Durchschnittsmenschen des jeweiligen Verkehrskreises absehbar gewesen sein. Für A war erkennbar, dass die F verkehrswidrig die Fahrbahn betreten würde. Die Einhaltung des § 37 Abs. 2 StVO stellt insofern nur ein widerlegtes Indiz zur Beachtung dieser der "Meta-Sorgfaltspflicht" des § 1 Abs. 2 StVO dar. Gegebenenfalls können diese Ausführungen auch schon bei der Prüfung des Vertrauensgrundsatzes gemacht werden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JURAFU

jurafuchsles

4.7.2022, 17:21:47

Ich finde es nicht Richtig zu sagen, dass A keine objektiven Sorgfaltspflicht verletzt hat, da ihr ja im zweiten Schritt selbst sagt dass der Maßstab dazu nicht nur einschlägige Normen sondern zusätzlich auch der allgemeine Sorgfaltspflichtsmaßstab ist.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

19.7.2022, 16:06:39

Hallo jurafuchsles, wie so oft steckt der Teufel im Detail. A hat keine Sorgfaltspflichtverletzung begangen "indem sie über die grüne Ampel" fuhr. Das ist per se nicht sorgfaltswidrig sondern vielmehr ordnungsgemäß. Allerdings hat sie einen Sorgfaltsverstoß begangen, indem sie fuhr obwohl absehbar war, dass F auf die Straße springen würde. Viele Gürße, Nora - für das Jurafuchs-Team

DO

Dominik

5.2.2023, 17:15:08

Naja, aber ihr schreibt ja von einer Meta-Sorgfaltspflicht in 1 abs. 2 StVO. Damit ist das überfahren der Ampel, während sich noch ein Fußgänger auf dem Überweg befindet, nicht nur sorgfaltswidrig, sondern auch eine Sorgfaltspflichtverletzung. Das Überfahren einer grünen Ampel ist jedoch generell an sich keine Sorgfaltspflichtverletzung.

NIC

NickFischer

4.7.2023, 18:55:01

Ich würde mir diesbezüglich auch eine präzisere Antwort wünschen

BEN

benjaminmeister

3.11.2023, 11:26:26

Finde die Aufgabe ebenfalls nicht gelungen. Indem sie über die grüne Ampel gefahren ist, hat sie eine Sorgfaltspflicht verletzt, weil dass Verhalten von F absehbar war und das Überqueren verbietet.

CR7

CR7

8.6.2024, 14:52:36

Ich kann mich den Vorrednern nur anschließen!


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