Radfahrerfall (Pflichtwidrigkeitszusammenhang)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
LKW-Fahrer L lässt nur einen Abstand von 0,75m zum Radfahrer R. R ist betrunken (1,96 Promille). Als L überholt, erschrickt sich R, gerät unter die Räder und ist tot. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wäre dies auch bei einem angemessenen Abstand von 1-1,5m passiert.
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Einordnung des Falls
Radfahrerfall (Pflichtwidrigkeitszusammenhang)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. L hat den Tod des R kausal verursacht.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. L hat sich objektiv sorgfaltspflichtwidrig verhalten.
Ja!
3. Der Tod des R war auch objektiv vorhersehbar.
Genau, so ist das!
4. Der Tod des R ist dem L nach der Vermeidbarkeitstheorie objektiv zuzurechnen.
Nein, das trifft nicht zu!
5. Der Tod des R wäre dem L aber nach der Risikoerhöhungslehre objektiv zuzurechnen.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dave K. 🦊
8.1.2022, 11:10:28
Guten Morgen liebes Jurafuchs-Team, leider finde ich die Lösung wenig „überzeugend“. 1. ist eine hohe Wahrscheinlichkeit nicht die vorausgesetzte „Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“. Bsp: Das die Zahl 1-5 bei einem 🎲 erscheinend, ist hoch, aber deshalb noch lange nicht (mit an-) sicher(heit grenzend). Oder wie seht ihr das? 2. für das rechtmäßige Alternativverhalten spielen die 1-1,5m doch keine Rolle, da der geforderte Abstand *mindestens* 1,5m betragen muss. Wenn man jetzt sehr genau ist, könnte man natürlich sagen, die 1-1,5m enthält eben die mindestens 1,5m, aber ob das wirklich überzeugend ist und man deshalb den
Pflichtwidrigkeitszusammenhangverneint, darf man wohl in Frage stellen. Zumal „mindestens“ eben auch mehr bedeuten kann. LG 😊
Lukas_Mengestu
10.1.2022, 12:27:13
Hallo Dave, vielen Dank für Deinen Hinweis bzw. Deine Rückfrage. zu 1: Die kleine Strafkammer (LG) hat als Berufungsinstanz in dem zugrundeliegenden Ausgangsfall in der Tat die "hohe" Wahrscheinlichkeit genügen lassen. Dass dies durchaus nicht umstritten ist, zeigt sich bereits daran, dass das als Revisionsinstanz angerufene OLG die Sache dem BGH vorgelegt hat. Dieser hatte es indes nicht beanstandet, dass hier "lediglich" eine hohe Wahrscheinlichkeit als gegeben erachtet wurden. Der BGH hat insoweit zudem klargestellt, dass es hierfür keine "absolute", d.h. denkgesetzlich zwingende Sicherheit bedarf. Insofern kann man hier durchaus etwas großzügiger sein. Da es aber so vage ist, kannst Du Dich in der Klausur letztlich oftmals in beide Richtungen entscheiden.
Lukas_Mengestu
10.1.2022, 12:30:27
zu 2: Sehr guter Einwand. Die Regelung mit den 1,5m gibt es allerdings erst seit
April 2020. Der BGH hat damals - ohne Rückgriff auf das allgemeine Rücksichtnahmegebot - 1 - 1,5 m als pflichtgemäßen Abstand erachtet. Wir haben das nun in der Antwort noch präzisiert. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
alexd.227
21.1.2024, 01:05:19
auf die Frage, ob der lkw fahrer damit hötte rechnen müssen, ist die antwort ja, in der erklärung steht aber, dass die lösung nein ist, oder verstehe ich da was falsch?
Gruttmann
21.1.2024, 14:52:32
In der Lösung steht, es ist nicht unvorhersehbar für einen …. dass sowas passieren kann. Also es ist objektiv vorhersehbar. Schau nochmal nach, du wirst es bestimmt verstehen. LG