Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Kausalität
Doppelte Dosis tödlichen Giftes (Alternative Kausalität)
Doppelte Dosis tödlichen Giftes (Alternative Kausalität)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
O hat Geburtstag. Während O Geschenke auspackt, geben die Gäste A und B unabhängig voneinander je eine tödliche Dosis desselben Giftes in das Getränk des O. O trinkt und stirbt.
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Einordnung des Falls
Doppelte Dosis tödlichen Giftes (Alternative Kausalität)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Giftverabreichungen durch A und B lassen sich jeweils hinwegdenken, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. Deshalb war keine der Handlungen kausal für Os Tod.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Alex060199
4.1.2020, 13:52:35
Kann man nicht auch sagen, dass der konkrete Erfolg gerade auch in der Dosis und der Menge des Gifts vorliegt? Genauer betrachtet würde der konkrete Erfolg ja nicht eintreten, wenn man sich ein Gift wegdenkt. Sprich: Tod durch Giftzufuhr würde bestehen bleiben, der konkrete Tod durch die Giftzufuhr in der konkreten Dosis, jedoch nicht. Muss also die conditio-sine-qua-non Formel überhaupt modifiziert werden?
Zigarrenkalle
15.1.2020, 15:03:37
Kausal ist jede Handlung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner tatsächlichen Gestalt entfiele. Denkt man eine Tödliche Dosis weg, würde der O dennoch sterben, folglich wäre die Handlung nicht kausal. Hier sind beide Dosen für sich genommen jedoch tödlich. Es bedarf folgerichtig also einer Modifizierung. Abers liegt der Fall, wenn einer der Dosen nicht tödlich wäre, dann bedarf es keiner Modifizierung.
Fux
31.1.2020, 15:34:09
Der Erfolg in seiner konkreten Gestalt ist der Tod. Durch welche Menge der Tod herbeigeführt wird, wird durch den Begriff des „Erfolgs in seiner konkreten Gestalt" nicht umfasst.
Alex060199
15.2.2020, 17:15:49
Mir gehts jedoch um den Erfolg in seiner ganz konkreten Gestalt und das ist doch der Tod durch zwei Gifte in der jeweiligen Dosis. @Fux: Soweit ich das verstanden habe, ist die Dosis und die körperliche Reaktion darauf (genau betrachtet) ja gerade der konkrete Erfolg (Eine Modifizierung ist demnach doch überflüssig).
Jura 147
24.2.2020, 15:35:31
Auch wenn diese Betrachtung auf den ersten Blick einleuchtend erscheint, so führt sie doch nicht zum Ziel. Die Verhaltensweise der beteiligten Personen wird schließlich separat auf mögliche Strafbarkeit geprüft. Wenn du als den Erfolg in seiner konkreten Gestalt den Vergiftungstod durch doppelte Dosis ansehen möchtest, so musst du den Tatbestand des § 212 I StGB mangels Vorsatzes bzgl. der Giftmenge für beide Täter konsequent verneinen. Dies ist selbstverständlich eine ergebnisorientierte Argumentation. Letztlich fordert der Tatbestand des Totschlags die Tötung eines anderen Menschen. MMn erschöpft sich der Erfolg in seiner konkreten Gestalt in der Modalität der Tötung durch Giftverabreichung. Geht von der Dosis eine lethale Wirkung aus, so kommt es mMn nicht auf eine höhere Dosierung an.
Henk
3.3.2020, 07:35:49
Ich fände es gut, wenn in der Frage ersichtlich wird, ob man Kausalität im Sinne der noch nicht modifizierten oder schon modifizierten Äquivalenztheorie meint. Sonst stellt man sich evtl darauf ein, dass Frage 1: mit nein beantwortet werden soll und eine Frage 2 kommt, die die Modifikation anspricht
Marilena
3.3.2020, 14:59:20
Vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir denken mal darüber nach. ;) Momentan fände ich das dann ehrlich gesagt zu einfach in dem Sinne, dass das Ergebnis so im Prinzip verraten wird. Wie sehen das denn die anderen Jurafuchs-Nutzer? :)
Isabell
12.4.2020, 15:37:19
Ja, es macht es einfacher. Allerdings wird es ja teilweise genauso bei anderen Fällen gehandhabt. Da Einheitlichkeit in der Gestaltung der Fragen zu schaffen wäre hilfreich.
gelöscht
14.4.2020, 17:01:28
In einem real anzunehmenden Fall würde je nach Sachlage entschieden werden ob eine modifizierte Formel oder eine nicht modifizierte Anwendung finden muss, oder nicht? Und die Frage taucht im Kapitel zur alternativen Kausalität auf, daher wird doch schon angedeutet dass diese zu berücksichtigen ist,, oder sehe ich das falsch?
Eassy
29.4.2020, 23:30:06
Ja bitte klarstellen
デニスKaito
5.7.2020, 16:40:58
Ich sehe es ehrlich gesagt auch wie OP.
Jopies
1.1.2022, 17:12:11
Tatsächlich ist es wohl noch immer umstritten ob hier eine modifizierte conditio sine qua non Formel tatsächlich nötig ist. Kühl hat in seinem Lehrbuch zum Strafrecht AT dagegen einen guten Einwand gebracht. Der Erfolg in seiner konkreten Form umfasst hier auch die Modalitäten des Todes wie Zeitpunkt oder Art. Bei realistischer Betrachtung stirbt das Opfer bei einem Gifttod mit doppelter Dosis zu einem anderen Zeitpunkt und teils anderen Symptomen. Nur wenn das Opfer trotz doppelter Dosis genau die gleiche Wirkung entfaltet, wären die Gifte jeweils nicht kausal. Das wirkt aber extrem akademisch.
Jopies
2.1.2022, 13:22:03
Erleidet, nicht entfaltet.
Zln
27.2.2024, 22:40:30
Dann wäre wahrscheinlich an eine Versuchsstrafbarkeit zu denken, wäre konsequent und gut gelöst! :)