Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Objektive Zurechnung
Umlenkung des Schlags auf einen Dritten (Risikoersetzung)
Umlenkung des Schlags auf einen Dritten (Risikoersetzung)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T holt aus, um O einen massiven Schlag gegen den Kopf zu verpassen. A lenkt diesen Schlag auf die Schulter des neben O stehenden D ab. D wird dabei leicht an der Schulter verletzt.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Umlenkung des Schlags auf einen Dritten (Risikoersetzung)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat die Schulterverletzung des D kausal verursacht.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Körperverletzungserfolg ist A objektiv zuzurechnen.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Eda
13.4.2020, 11:17:20
Ich finde, dass trotzdem die eigentliche Gefahrquelle T ist. Er hat durch den Versuch O zu schlagen auch Dritte die in unmittelbarer Nähe sind gefährdet. Er hätte auch ausrutschen oder sonst die Kontrolle verlieren können und dann vielleicht wieder D getroffen. Deshalb finde ich, dass die Handlung von A kausal für den Schlag ist, aber dass seine Handlung primär auf die Gefahrabwendung gerichtet war und das die Gefährdung des D dadurch viel geringer war als durch den Hieb von T.
Ciranje
9.11.2020, 21:48:51
Hey Eda ;-) du musst aufpassen dass du nicht Dinge zum Sachverhalt hinzufügst („hätte ... können“). Klar wirkt es erstmal etwas befremdlich, dass man in solchen Fällen Risikoverringerung ablehnt, aber es wurde nunmal ein ganz anderes Risiko geschaffen... und wären wir nicht in der tollen Situation dass man uns den Sachverhalt lückenlos präsentiert, wärst du vermutlich gar nicht auf die Idee gekommen eine solche anzunehmen. liebe Grüße Ciranje
Isabell
13.3.2021, 12:03:56
Ein gutes Beispiel dafür, dass man das Denken in den einzelnen Ebenen üben muss. Dass, was dich irritiert, wird ja an späterer Stelle mit genau deinen Erwägungen im Rahmen der Rechtswidrigkeit durch einen Rechtfertigungsgrund wieder "eingefangen". Die Frage nach der objektiven Zurechnung ist davon aber unabhängig zu beantworten. Mir hat irgendwann das Mantra geholfen, dass nur weil ich in der Prüfung bis zur Frage der Schuld Dinge bejahe, damit ja noch nicht die Strafbarkeit bejaht wird, sondern immer nur der jeweilige (Zwischen-) Schritt.
Lorenz
5.9.2023, 17:39:26
keine Drittwirkung der Notwehr ;) Du wärst sicher auch nicht begeistert, wenn du verletzt wirst, weil jemand anderes beschützt wird.
lennart20
22.4.2023, 17:55:20
Seid ihr euch sicher, dass als Rechtfertigungsgrund der rechtfertigende Notstand greifen würde? Meines Erachtens ist § 34 StGB subsidiär und vorliegend würde zunächst eine mutmaßliche Einwilligung in Betracht kommen, die auch mE als Rechtfertigungsgrund greifen würde.
Lukas_Mengestu
25.4.2023, 12:28:58
Hi Lennart, eine mutmaßliche Einwilligung als Rechtfertigungsgrund kommt nur dann in Betracht, wenn ohne eine - sofort oder später - erfolgende Maßnahme eine erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit des Betroffenen besteht. Im vorliegenden Fall ist aber nicht D gefährdet, sondern O. Insofern liegen die Voraussetzungen einer mutmaßlichen Einwilligung nicht vor. Insofern ist hier der rechtfertigende Notstand zu prüfen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Obi-Law Kenobi
21.11.2023, 21:24:14
Sinn und Zweck der Risikoverringerung, ist doch gerade Eingriffe in gewichtigere
Rechtsgüter, durch Eingriffe in geringere
Rechtsgüterzu erlauben. Ein direkt Treffer kann das Rechtsgut Leben verletzen. Deshalb verstehe ich nicht, wieso eine neue eigentständig Gefahr durch die Risikoverringerungshandlung geschaffen werden sollte? Bitte um Aufklärung
Leo Lee
26.11.2023, 11:33:10
Hallo RKS, du hast natürlich völlig damit Recht, dass Risikoverringerung denjenigen nicht bestrafen soll, der das Risiko des Opfers nur verringert. Dies gilt allerdings nur für den Fall, dass dasjenige Opfer immer noch verletzt wird, das VON VORNHEREIN schlimmer verletzt worden wäre. D.h., wenn der A den Schlag gegen O auf die Schulter des O gelenkt hätte, würde die obj. Zurechnung bzgl. der KV gem. § 223 an O entfallen wegen Risikoverringerung. Weil jedoch hier nicht das Opfer, was ohnehin verletzt worden wäre (O) sondern ein NEUES OPFER, was eben nicht „ohnehin verletzt worden wäre“ verletzt wird, haben wir hier einen „neuen Sachverhalt“, weshalb wir bzgl. D (der eben neu dazukommt) nicht mit der Risikoverringerung ggü. O begründen können. Kurzum: Dem D ist es ja „egal“, ob O dadurch weniger verletzt wurde oder nicht. Hierzu kann ich die Lektüre von Wessels/Beulke/Satzger AT 51. Auflage, Rn. 294 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Obi-Law Kenobi
26.11.2023, 11:41:17
Ich habe wohl den SV unaufmerksam gelesen. Danke für die Rückmeldung.