Prozessrecht & Klausurtypen

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Versäumnisurteil

Frist - Einspruch vermeintlich nach Fristende, aber Feiertag

Frist - Einspruch vermeintlich nach Fristende, aber Feiertag

23. Juni 2025

12 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Beklagter B erscheint nicht zur mündlichen Verhandlung. Auf Antrag des Klägers ist daraufhin ein Versäumnisurteil gegen B ergangen, das diesem am 17.04. (Montag) zugegangen ist. Gegen dieses hat B mit einem am 02.05. (Dienstag) bei Gericht eingegangenen Schreiben formgerecht Einspruch eingelegt.

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Einordnung des Falls

Frist - Einspruch vermeintlich nach Fristende, aber Feiertag

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Prozess könnte durch den Einspruch in die Lage vor der Säumnis zurückversetzt worden sein (§ 342 ZPO), sofern dieser fristgerecht eingelegt wurde.

Genau, so ist das!

Damit der Rechtsstreit durch den Einspruch in die Lage vor Eintritt der Säumnis zurückversetzt wird (§ 342 BGB), muss der Einspruch zulässig sein. Dafür ist erforderlich: (1) Statthaftigkeit des Einspruchs (§ 338 ZPO), (2) Wahrung der Einspruchsfrist (§ 339 ZPO) und (3) Einhaltung der Form (§ 340 ZPO).
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2. Die Einspruchsfrist beginnt grds. am 17.04., da dem B das Versäumnisurteil an diesem Tag zugegangen ist (§ 339 Abs. 1 ZPO).

Ja, in der Tat!

Die zwei-wöchige Einspruchsfrist beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils an den Einspruchsführer (§ 339 Abs. 1 ZPO). Der Einspruch wurde B am 17.04. zugestellt, sodass die Einspruchsfrist grds. nach § 339 Abs. 1 ZPO an diesem Tag beginnt.

3. Die zweiwöchige Einspruchsfrist würde grundsätzlich am Montag, 01.05. enden (§ 222 Abs. 1 i.V.m § 188 Abs. 2 BGB).

Ja!

Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen, § 339 Abs. 1 ZPO. Eine Frist, die nach Wochen bestimmt ist, endigt bei einer Ereignisfrist (§ 187 Abs. 1 BGB) mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tage entspricht, in den das Ereignis fällt (§ 188 Abs. 2 BGB). Das auslösende Ereignis ist Montag, der 17.04. Die Einspruchsfrist endet nach § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB grundsätzlich daher mit Ende des 01.05.

4. Da der Einspruch des B beim Gericht erst am 02.05. eingegangen ist, ist er verfristet und damit unzulässig.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 222 Abs. 2 ZPO gilt: Wenn das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages. Das Fristende am 01.05. fällt auf den Tag der Arbeit, sodass die Frist erst mit Ablauf des nächsten Werktages, also mit Ablauf des 02.05. endet. B hat den Einspruch also fristgerecht eingelegt.In der Klausur findest Du am Ende einen Terminkalender. Vergewissere Dich stets, ob das Fristende nicht auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt. Gerade der Tag der Arbeit (01.05) oder der Tag der deutschen Einheit (03.10) werden gerne einmal vergessen.

5. Weil der 17.04. der Tag des Zugangs des Versäumnisurteils ist, wird dieser Tag bei der Fristberechnung als „erster Tag“ mitgerechnet.

Nein!

Die zwei-wöchige Einspruchsfrist beginnt zwar mit der Zustellung des Versäumnisurteils an den Einspruchsführer (§ 339 Abs. 1 ZPO). Für die konkrete Fristberechnung gelten allerdings die Vorschriften des BGB (§ 222 Abs. 1 ZPO). Nach § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB wird, wenn für den Anfang der Frist ein Ereignis maßgebend ist, bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis fällt. Der Einspruch wurde B am 17.04. zugestellt. Nach § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB wird dieser Tag allerdings bei der Fristberechnung nicht mitgerechnet. Die Berechnung beginnt also erst mit dem Folgetag, dem 18.04.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

medoLaw

medoLaw

7.3.2023, 10:45:01

Wofür ist es eigentlich relevant, dass die Frist einen Tag nach Fristereignis beginnt, wenn das Fristende dann doch immer Bezug auf den Tag nimmt, auf den das Fristereignis fällt? (Eher allgemeine Frage)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

7.3.2023, 12:46:14

Hallo medolaw, super Nachfrage. Fristen sind in der Tat eine beliebte Fehlerquelle. Auf den Tag des Fristbeginns kommt es letztlich nur für die Frage an, welche Variante des § 188 Abs. 2 BGB du verwendest. Bei Ereignisfristen nach § 187 Abs. 1 BGB endet die Frist mit Ablauf des Tages, der nach seiner Benennung (zB Montag) oder Zahl (zB. 6.) dem Tage entspricht, in den das Ereignis fällt (§ 188 Abs. 1 Alt. 1 BGB). Bei Fristen nach § 187 Abs. 2 BGB (zB Geburt) endet die Frist dagegen mit dem vorangegangenen Tag, des Tages, an dem die Frist beginnt (§ 188 Abs. 2 a.E). Ein Baby, das am 7.3.2023 um 12:42 geboren wird, wird also nicht erst mit Ablauf des 7.3.2024 1 Jahr alt, sondern bereits mit Ablauf des 6.3.2024 (dem Tag, der dem Fristbeginn vorangeht). Ich hoffe, es ist jetzt etwas klarer :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

EVA1

Eva1998

26.11.2024, 08:19:12

Die Frage war doch warum das BGB diese eher sperrige Regelung vorsieht und nicht nach einer nochmaligen Erklärung der Anwendung der Normen?😅

Nocebo

Nocebo

5.12.2024, 16:53:43

Letztlich relevant ist diese Regelung des Fristbeginns bei Ereignisfristen nur für die Tagesfrist gem. § 188 Abs. 1 BGB, da es dort nicht automatisch einen "entsprechenden" Endtag gibt, sondern die Berechnung vom Starttag ausgeht, d.h. dieser bestimmt werden muss. Denn für Wochenfristen etc. ist ja gar nicht der Starttag maßgebend, sondern der Ereignistag. Warum man das auch im Übrigen immer prüfen und hinschreiben soll, weiß wohl nur Gott und das Prüfungsamt.


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