Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Versäumnisurteil

Fristbeginn bei anwaltlich vertretener Partei

Fristbeginn bei anwaltlich vertretener Partei

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Gegen Beklagten B ergeht aufgrund seiner Säumnis in der mündlichen Verhandlung vor dem LG Köln ein Versäumnisurteil. Dieses ist dem Anwalt A des B am 01.03. zugegangen, B selbst am 05.03. A hat bereits am 26.02. sein Mandat niedergelegt. Ein anderer Rechtsanwalt ist bisher nicht bestellt.

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Einordnung des Falls

Fristbeginn bei anwaltlich vertretener Partei

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei anwaltlich vertretener Partei beginnt die Einspruchsfrist (§ 339 ZPO) erst mit Zustellung an den Rechtsanwalt.

Genau, so ist das!

In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den bestellten Prozessbevollmächtigten der Partei zu erfolgen (§ 172 Abs.1 S.1 ZPO). Eine zusätzliche Zustellung an die anwaltlich vertretene Partei selbst dient idR lediglich ihrer Unterrichtung und ändert nichts daran, dass die Zustellung an seinen Prozessbevollmächtigten maßgeblich ist. B ist hier anwaltlich vertreten, sodass die Zustellung des Versäumnisurteils an seinen Anwalt erfolgen muss. Erst dann beginnt die Einspruchsfrist nach § 339 Abs.1 ZPO zu laufen. Wird gegen § 172 ZPO verstoßen, ist die Zustellung unwirksam und setzt die Fristen nicht in Lauf.
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2. Die Einspruchsfrist beginnt hier mit Zustellung des Versäumnisurteils bei B, da Anwalt A zuvor sein Mandat niedergelegt hat.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 87 Abs.1 ZPO erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrags in Anwaltsprozessen (§ 78 ZPO) erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit. Bis zum Erlöschen, also bis zur Bestellung eines neuen Anwalts, können die Prozessgegner und das Gericht dem bisherigen Prozessbevollmächtigten gegenüber wirksam handeln; insbesondere muss an ihn zugestellt werden. Erst nachdem sich ein anderer Prozessbevollmächtigter bestellt hat, kann an den bisherigen Anwalt nicht mehr wirksam zugestellt werden. Da bisher noch kein anderer Rechtsanwalt bestellt ist, ist die Zustellung an den bisherigen Anwalt A des B wirksam und setzt die Einspruchsfrist in Gang.

3. Die Einspruchsfrist beginnt hier also am 01.03.

Nein!

Das Versäumnisurteil ist dem Anwalt des B am 01.03. zugegangen. Nach § 222 Abs.1 ZPO iVm. § 187 Abs.1 BGB beginnt die Einspruchsfrist am darauffolgenden Tag, also am 02.03.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Yumiko

Yumiko

9.1.2023, 13:42:07

Liebes Team, solche kleinen Fälle hinsichtlich der Besonderheiten des VU sind super lehrreich und bieten einen riesen Erfahrungswert. Könntet ihr bitte weitere besondere Konstellationen in Fälle aufdröseln? Gerne könnten wir Referendare knifflige Konstellationen aus den AGs an euch tragen

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

13.1.2023, 10:58:48

Liebe Yumiko, das freut uns sehr, dass Dir unsere Beispielskonstellationen helfen! Wir haben hier schon einmal die häufigsten Anwendungsfälle in Klausuren mit aufgenommen und werden dies auch für andere zivilprozessuale Konstellationen noch ausbauen. Sehr gerne kannst Du bzw. andere Referendare uns zusätzliche Konstellationen/Fallanregungen an support@jurafuchs.de schicken. Dann nehmen wir diese noch mit auf :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

JURA

juravulpes

1.4.2024, 08:14:15

Die Einspruchsfrist beginnt nach § 339 ZPO mit Zustellung des VU und nicht am Tag nach Zustellung. Daran ändert auch § 187 Abs. 1 BGB nichts. § 187 Abs. 1 BGB regelt schließlich nur, dass der Tag, in den das Ereignis fällt, bei der Fristberechnung nicht mitgezählt wird.

ALE

Aleks_is_Y

25.4.2024, 14:21:53

Haftet der bisherige Anwalt dem Mandenten, wenn an ihn weiter zugestellt werden kann, obwohl er sein Mandat niedergelegt hat? (Also zB in dem Fall, dass er keinen Widerspruch einlegt)


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