Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Versäumnisurteil

Frist - Versäumnisurteil ohne mündliche Verhandlung

Frist - Versäumnisurteil ohne mündliche Verhandlung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Beklagter B hat entgegen § 276 Abs.1 S.1, Abs.2 ZPO nicht rechtzeitig angezeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen will. Es ergeht ein Versäumnisurteil gegen ihn, das dem Klägervertreter am 08.10. und dem Beklagtenvertreter am 07.10. zugeht. B legt Einspruch ein. Dieser geht dem Gericht am 22.10. zu.

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Einordnung des Falls

Frist - Versäumnisurteil ohne mündliche Verhandlung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist der Einspruch statthaft, obwohl noch keine mündliche Verhandlung angesetzt war (§ 338 ZPO)?

Ja, in der Tat!

Der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil ist nach § 338 ZPO nur gegen ein erstes echtes Versäumnisurteil statthaft. Das Versäumnisurteil muss also aufgrund der Säumnis gegen den Säumigen ergangen sein. Die Säumnis kann bereits im schriftlichen Vorverfahren vorliegen, wenn der Beklagte seine Verteidigung nicht anzeigt. Gegen B ist ein echtes Versäumnisurteil nach § 331 Abs.3 ZPO ergangen, da er seine Verteidigungsbereitschaft im schriftlichen Vorverfahren entgegen § 276 Abs.1 S.1, Abs.2 ZPO nicht rechtzeitig angezeigt hat. „Der Einspruch ist statthaft. Das Urteil ist ein „echtes Versäumnisurteil“, das aufgrund der entgegen § 276 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig eingegangenen Verteidigungsanzeige des Beklagten gem. § 331 Abs. 3 ZPO ergangen ist.“
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2. Da dem Beklagtenvertreter das Versäumnisurteil bereits am Donnerstag, 07.10. zugegangen ist, wurde mit Eingang der Einspruchsschrift bei Gericht 15 Tage später (Freitag, 22.10.) die Einspruchsfrist nicht gewahrt (§ 339 ZPO).

Nein!

Die Einspruchsfrist beginnt bei verkündeten Versäumnisurteilen mit der Zustellung an den Einspruchsführer (§ 339 ZPO). Sofern aber das Versäumnisurteil aufgrund von Säumnis im schriftlichen Vorverfahren ergeht und daher keine mündliche Verhandlung stattfindet (§ 331 Abs.3 ZPO), beginnt die Einspruchsfrist erst mit Zustellung an beide Rechtsanwälte (sofern keine bestellt sind, an beide Parteien). Denn die Zustellung an beide ersetzt nach § 310 Abs.3 ZPO die Verkündung des Urteils und erst mit dieser wird das Urteil rechtlich existent (§ 310 Abs.1 ZPO). Ehe das Urteil nicht existent ist, kann die Einspruchsfrist nicht laufen. Die letzte von Amts wegen zu bewirkende Zustellung an den Klägervertreter am 08.10. ist maßgeblich. Die Einspruchsfrist begann am 09.10. um 00 Uhr und endete am 22.10. um 24 Uhr (§ 222 Ab.1 ZPO iVm. §§ 187 Abs.1, 188 Abs.2 BGB). B hat die Einspruchsfrist gewahrt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

VAN

vaniii

3.12.2022, 22:49:50

Wäre das VU nicht im schriftlichen Verfahren ergangen dann wäre nach 317 ZPO aber nur einen Zustellung an den Unterliegenden erfolgt oder?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.12.2022, 13:28:10

Exakt, vaniii! Insoweit musst Du Dir beim Versäumnisurteil immer vergegenwärtigen, ob es im schriftlichen Vorverfahren oder im Termin zur mündlichen Verhandlung ergangen ist :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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