Unrechtseinsicht 8
3. Juni 2025
10 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

T nimmt regelmäßig Drogen und kennt die Strafbarkeit. Sie denkt aber, dass der Konsum nicht strafbar sein sollte und nimmt aus Protest auch vor der Polizeiwache Drogen, da sie sich für moralisch im Recht erachtet. Dabei wird sie erwischt.
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Einordnung des Falls
Unrechtseinsicht 8
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hatte die Einsicht Unrecht, zu begehen.
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Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Entenpulli
17.9.2023, 19:42:04
Müsste man hier in der Klausur auf die Meinungsfreiheit als Rechtfertigungsgrund eingehen? Die Einnahme erfolgt ja gerade als Protest gegen die Gesetzeslage

Pilea
6.6.2024, 16:25:24
Soweit ich es gelernt habe, kann man in solchen Fällen die Frage kurz aufwerfen, aber sogleich mit dem Verweis auf die Ausuferung der Rechtfertigungsgründe, Überfrachtung der Gerichte/Politisierung der Urteile bzw. Durchbrechung der Gewaltenteilung oä ablehnen.

Blan
30.1.2024, 11:27:30
Wenn hier auf den Konsum von Drogen abgestellt wird, lehnt sich T doch gar nicht gegen die Rechtsordnung auf. Der Besitz ist strafbar, nicht der Konsum - auch wenn das häufig zusammenfällt (s. §29 BtMG). Es würde sich hier doch eher um ein
Wahndelikthandeln.
WayanMajere
14.4.2025, 02:13:55
Inhaltlich zwar richtig, aber es gibt keine Möglichkeit, Drogen selbst zu nehmen, ohne auch die
tatsächliche Sachherrschaftauszuüben, weswegen es hier irrelevant ist.

Blan
14.4.2025, 07:43:13
@[WayanMajere](278428) Die Idee, dass Konsum ohne Besitz nicht möglich ist, klingt erstmal nachvollziehbar – ist aber falsch. Es ist es nämlich so: Strafbar ist nicht der Konsum, sondern der Besitz. Grund: Weil der Gesetzgeber nicht das persönliche Risiko bestrafen will, das jemand eingeht, wenn er Drogen konsumiert, denn das fällt unter die sogenannte
eigenverantwortliche Selbstgefährdung. Was aber sehr wohl unter Strafe steht, ist der Besitz, weil damit die Gefahr verbunden ist, dass die Drogen weitergegeben oder gehandelt werden. Und genau deshalb muss man sich den Besitzbegriff im BtMG etwas genauer anschauen: Besitz bedeutet, dass jemand tatsächliche
Verfügungsgewaltüber das Rauschmittel hat – also darüber bestimmen kann, was damit passiert – und das auch will. Und da gibt’s eben viele Situationen, in denen konsumiert wird, ohne dass diese
Verfügungsgewalttatsächlich vorliegt. Beispiele • Jemand reicht dir einen Joint rüber, du ziehst einmal dran und gibst ihn gleich weiter. • Du schnupfst eine vorbereitete Line Koks, ohne selbst irgendwas dabei zu haben. • Du bekommst eine aufgezogene Spritze in die Hand gedrückt und injizierst dir den Inhalt sofort. • Du rauchst aus einer Bong, die jemand anders gestopft und vorbereitet hat. • Oder ganz allgemein: Du bekommst eine kleine Menge zum direkten Konsum vor Ort, ohne irgend
was mit dir herumzutragen oder aufzubewahren. In all diesen Fällen fehlt es an dem, was rechtlich für Besitz nötig ist: eigene
Verfügungsgewalt.

Janis
10.5.2025, 14:50:20
@[WayanMajere](278428) Das ist so nicht richtig. Der Besitz im Sinne des BtMG definiert sich anders als der zivilrechtliche Besitz. Im BtmG wird neben dem Besitzwillen auch tatsächliche
Verfügungsgewaltvorausgesetzt. Die Person muss das Btm also in seinem Zugriffsbereich haben frei darüber verfügen können. Zudem muss der Besitz von nennenswerter Dauer, also nicht nur kurzfristig zum unmittelbaren Gebrauch, sein. Insofern ist besitzloser Konsum von Btm durchaus möglich.
WayanMajere
10.5.2025, 15:46:08
Habs tatsächlich beim ersten Kommentar verstanden, aber Danke für die zweite Darstellung :) Was ich dazu sagen kann und muss: ich wusste das nicht, obwohl ich einen B.A. als Polizeikommissar habe und 3,5 Jahre in Berlin Kreuzberg um den Görlitzer Park herum und um das Kottbusser Tor herum gearbeitet habe - alles Orte mit nennenswerter und bekannter Drogen
kriminalität. Ich und jeder andere Polizist ordnet die Droge schlicht demjenigen zu, der sie hält und schreibt gegen diese Person eine Anzeige wegen Besitzes. Dass das BtmG einen anderen Besitzbegriff als das BGB haben könnte, wäre mir so nie in den Sinn gekommen. Und ich weiß auch nicht, ob ich in der Verwaltungspraxis dieser Definition folgen könnte Ich glaube euch sofort, dass die Rechtsprechung etwas anderes daraus macht und hier stehen auch gute Argumente dafür, aber angesichts dessen, dass Drogenbesitz ohnehin
wegen Geringfügigkeit eingestelltwird, wenn es keine signifikante Menge ist, hat man das Schlimmste (IDF, Durchsuchung inkl Genitalbereich, ggf. Mitnahme zur
Feststellungder Identität) dann ohnehin schon hinter sich. Aber falls es im Examen dran kommen sollte, Danke ich euch jetzt schon für die Aufklärung. :)

Janis
10.5.2025, 18:38:24
@[WayanMajere](278428) Diese Form (mE. bewusster) institutionalisierter
rechtswidriger Behandlung von Be
schuldigten ist wirklich skandalös. Wie Du schon sagst, in Berlin hat es für Betroffene möglicherweise oftmals keine Auswirkungen. In den südlichen Bundesländern wird aber regelmäßig, auch bei Kleinstmengen, nicht eingestellt. Da hat man dann erstmal ein Ermittlungsverfahren am Hals und kann nur auf Richter hoffen, die den Rechtsstaat ernst nehmen…