Unrechtseinsicht - Subsumtionsirrtum
14. Juli 2025
10 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

T tötet den Hund H ihres Nachbarn B. Sie denkt zwar, dass das verboten sei, geht aber davon aus, dass § 303 StGB nicht erfüllt sei, da H keine Sache i.S.d. § 303 StGB sei.
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Einordnung des Falls
Unrechtseinsicht - Subsumtionsirrtum
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat den Tatbestand der Sachbeschädigung nach § 303 StGB erfüllt.
Ja!
2. T hatte die Einsicht, Unrecht zu begehen.
Genau, so ist das!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Sniter
23.1.2023, 15:21:29
Befindet sich die T hier im Subsumptionsirrtum?

Lukas_Mengestu
27.1.2023, 14:20:39
Hallo Sniter, in der Tat liegt hier ein
vermeidbarer Verbotsirrtum(§ 17 StGB) in Form des Subsumtionsirrtums vor, da T fehlerhaft unter den gesetzlichen Tatbestand der Sachbeschädigung subsumiert. Weitere klassische Beispiele des Subsumtionsirrtums sind das Herauslassen der Luft aus einem Autoreifen (wenn die nächste Luftpumpe weit entfernt ist), da das Auto hierdurch "beschädigt" wird oder das Beseitigen der Kellnerstriche auf einem Bierdeckel (=es handelt sich um eine Urkunde und damit liegt eine Urkundenfälschung vor,
§ 267 StGB). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
annsophie.mzkw
17.10.2024, 17:46:51
Aber dann fehlt ihr doch gerade die Einsicht Unrecht zu tun, also wenn man einen (vermeidbaren) Verbotsirrtum annimmt?
Api M.
6.11.2024, 12:47:25
Hier ist ausschlaggebend, dass sie das Verbot unabhängig vom Subsumtionsirrtum kennt. Sie weiß, dass ihre Handlung verboten ist. Dass sie sich über das TB-Merkmal des § 303 irrt, ist damit für die Schuld unerheblich. Typischerweise fehlt bei einem Subsumtionsirrtum ja die Einsicht, Unrecht zu tun, d.h. die Kenntnis über das Verbot der Handlung.
Sarah15
11.3.2025, 10:35:12
Das
Unrechtsbewusstseinmuss sich ja immer auf das s p e z i f i s c h e Delikt beziehen. Vorliegend denkt die Täterin ja, dass gerade die Sachbeschädigung nicht verwirklicht wurde. Wieso hatte sie dann doch
Unrechtsbewusstsein?
benjaminmeister
2.4.2025, 10:22:20
Das
Unrechtsbewusstseinmuss sich auf die spezifische Rechtsgutverletzung (!) (nicht das spezifische Delikt) beziehen. Hier weiß die Täterin, dass sie verbotenerweise das Eigentum eines anderen verletzt.
Moritz
28.5.2025, 09:30:49
@[benjaminmeister](216712) Aber ist das wirklich so? Bei Schönke/Schröder heißt es dazu: "Es gibt kein abstraktes
Unrechtsbewusstsein, das v. der konkreten Schutzfunktion des einzelnen Tatbestandes absehen würde, sondern nur ein konkretes, den einzelnen Geboten und Verboten des Strafrechts zugewendetes." § 17 Rn. 8.

cSchmitt
24.6.2025, 14:39:15
Die Definition von Schönke/Schröder klingt für mich jetzt erstmal nach einer Mindermeinung. Immerhin steht die Aussage, dass das
Unrechtsbewusstseinden einzelnen Geboten und Verboten des Strafrechts zugewendet sein muss, im Widerspruch zur Rechtsprechung, die bereits bei der Vorstellung einer möglichen Verletzung zivil- oder öffentlich-rechtlicher Normen ein
Unrechtsbewusstseinannimmt. Aus der Rechtsprechung folgt die Ansicht, dass der Täter erkennen muss, dass sein Handeln im Widerspruch zur Rechtsordnung steht - es kommt also auf das Erkennen der
Rechtswidrigkeit an sich an. Das ist vorliegend gegeben. Die Täterin weiß, dass es verboten ist, den Hund zu töten. Zudem verlangt auch die von Dir angeführte Definition von Schönke/Schröder nicht nach der Kenntnis der genauen Norm, sondern lediglich von der Kenntnis der „konkreten Schutzfunktion des einzelnen Tatbestandes“. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass die Täterin erkannt hat, dass man Hunde nicht töten darf (Schutzfunktion des § 303 StGB). Ich lese die Definition dahingehend, dass ein
Unrechtsbewusstseinimmer in Bezug auf Gesetze vorliegen muss. Es kann also nicht abstrakt vorgestellt sein (ohne dass das Handeln tatsächlich eine Strafnorm erfüllt). Dann sind wir beim straflosen
Wahndelikt.

Rechthaber
3.7.2025, 15:22:31
wenn ich mir vorstelle das Tiere keine Sachen sind, dann habe ich auch kein
Unrechtsbewusstseinin Bezug auf die konkrete Rechtsgutsverletzung Eigentum ( Schutzgut des 303 ) Wenn man sich vorstellt dass Tiere mangels Sacheigenschaft nicht Gegenstand von Rechten sein können, habe ich auch diesbezüglich kein Unrechtsbusstsein

cSchmitt
3.7.2025, 16:08:57
Ja, wenn das so wäre, dann wäre das so. Der Sachverhalt sieht aber anders auf. B denkt explizit, dass ihre Handlung (Töten des Hundes) verboten ist. Vorliegend hat T somit das
Unrechtsbewusstseindarüber, dass es verboten ist, einen Hund zu töten; also bezüglich der spezifischen Rechtsgutsverletzung (Existenzvernichtung und völlige Aufhebung der bestimmungsgemäßen Brauchbarkeit des Hundes). Ob der Hund rechtlich als Sache gewertet wird oder eine Tötung von Tieren explizit strafbar wäre, spielt dann keine Rolle. Denn es ist gerade nicht relevant, welches konkrete Delikt sie sich vorstellt, zu verwirklichen oder nicht, sondern lediglich, dass sie um die Verbotenheit des Handelns weiß oder wissen müsste.