Unrechtseinsicht 5.4

15. Juli 2025

12 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T gibt dem O in wissentlich despektierlicher Form eine Ohrfeige, die so schwach ist, dass sie den Tatbestand der Körperverletzung nicht erfüllt. T denkt, dass nur der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt ist.

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Einordnung des Falls

Unrechtseinsicht 5.4

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat den Tatbestand der Beleidigung (§ 185 StGB) erfüllt.

Ja, in der Tat!

T hat die Ohrfeige wissentlich despektierlich gegeben, sodass eine vorsätzliche Beleidigung vorliegt.
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2. T hatte hinsichtlich der Beleidigung die Einsicht, Unrecht zu begehen.

Nein!

Unrechtseinsicht ist die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit der Tat. Mithin das Einsehen, dass die Tat vom Gesetz verboten wird. Die Einsicht des Unrechts muss sich "auf die spezifische Rechtsgutsverletzung beziehen" der betreffenden Tat beziehen. Bei Tateinheit muss die Unrechtseinsicht also für die verschiedenen Taten gesondert vorliegen. Vorliegend denkt T, dass die Ohrfeige strafbar ist. Dies ist jedoch dann nicht für die Unrechtseinsicht ausreichend, wenn sich diese Einsicht auf ein anderes Rechtsgut bezieht. Nach dem Begriff der Tat i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB ist die Tat nicht nur handlungsbezogen, sondern auch tatbestandsbezogen zu verstehen. Übertragen auf § 17 StGB heißt das, dass der Täter das Unrecht in Bezug auf das verletzte Rechtsgut erkennen muss. Eine allgemeine Einsicht, dass die Handlung rechtswidrig ist, reicht daher nicht. Vorliegend hat T kein Unrecht in Bezug auf die Ehre erkannt, sondern nur in Bezug auf die körperliche Unversehrtheit angenommen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

lennart20

lennart20

26.4.2023, 14:26:12

Könntet ihr vielleicht noch einen Fall zum

Doppelirrtum

(

Putativnotwehrexzess

) hinzufügen? Das wäre klasse! Vielen Dank

Nora Mommsen

Nora Mommsen

27.4.2023, 12:50:23

Hallo lennart20, danke für die Anregung. Das nehmen wir mit auf unsere Liste. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

TAUNU

Taunus84

18.1.2025, 20:51:26

Eventuell stehe ich gerade schwer auf dem Schlauch :-) - in einer der vorherigen Aufgaben hieß es, es sei egal, ob die T wisse, dass sie mit dem Töten des Hundes eine Sachbeschädigung verwirkliche, weil die Kenntnis, dass man (irgendein) Unrecht tue, ausreiche. Hier heißt es jetzt, es muss ganz genau diese konkrete Kenntnis sein. Welchen Teil verstehe ich nicht…?

Sarbara Balesch

Sarbara Balesch

30.1.2025, 16:56:37

Das habe ich mich auch gefragt!

abc123

abc123

4.3.2025, 18:02:18

Das hat mich jetzt auch sehr verwirrt!

OKA

okalinkk

27.3.2025, 14:29:15

Ich glaube der Unterschied ist, dass hier ein anderes Rechtsgut vorliegt. Beim Hundefall kam ja nur Sachbeschädigung bzgl des Hundes in Betracht- der Täter wusste, dass das Schiessen auf den Hund verboten ist (er wusste nur nicht, dass 303 StGB einschlägig ist). Hier im Fall geht es aber um zwei unterschiedliche Rechtsgüter - einmal um den Körper im Rahmen der Körperverletzung - und einmal um die Ehre bzgl der Beleidigung. Es genügt hier also nicht, dass der Täter nur weiß, dass seine Körperverletzung strafbar ist, sondern er muss auch wissen, dass er damit zeitgleich den TB der Beleidigung verwirklicht (anderes Rechtsgut: Ehre). @[Mi. S.](204099) @[Taunus84](260794) @[Sarbara Balesch ](277271)

JC1909

jc1909

20.6.2025, 16:48:40

Sehe das genau so wie du. Meines Erachtens ist das hier ein unbeachtlicher Subsumtionsirrtum.

cSchmitt

cSchmitt

24.6.2025, 14:51:34

@[jc1909](167873) kleine Anmerkung: Ein Subsumtionsirrtum ist nicht unbeachtlich. Immerhin stellt er ein Verbotsirrtum nach § 17 StGB dar und damit möglicherweise einen Entschuldigungsgrund. Es stellt sich jedoch die Frage ob er vermeidbar ist (und dementsprechend die

rechtswidrig

e Tat auch schuldhaft war). Vorliegend würde ich hier aber auch keinen (vermeidbaren) Subsumtionsirrtum annehmen. Zumindest fehlt es im Sachverhalt an der Information, dass T den Straftatbestand der Beleidigung kannte, aber vorliegend nicht dachte, dass sie ihn verwirklicht. Stattdessen würde ich einen (allgemeinen) Verbotsirrtum annehmen. T scheint nicht von der Strafbarkeit der Beleidigung gewusst zu haben. Am Ergebnis ändert das natürlich nichts, da der Subsumtionsirrtum nur eine Unterkategorie des Verbotsirrtums ist.

JC1909

jc1909

20.6.2025, 16:48:09

Für mich ein klarer Fall des unbeachtlichen Subsumtionsirrtums. Wenn T die Ohrfeige wissentlich dispektierlich gibt, hat er ja nur falsch unter § 185 subsumiert. Die Umstände, die zur Strafbarkeit nach § 185 führen, kennt er.

cSchmitt

cSchmitt

24.6.2025, 14:52:25

@[jc1909](167873) kleine Anmerkung: Ein Subsumtionsirrtum ist nicht unbeachtlich. Immerhin stellt er ein Verbotsirrtum nach § 17 StGB dar und damit möglicherweise einen Entschuldigungsgrund. Es stellt sich jedoch die Frage ob er vermeidbar ist (und dementsprechend die

rechtswidrig

e Tat auch schuldhaft war). Vorliegend würde ich hier aber auch keinen (vermeidbaren) Subsumtionsirrtum annehmen. Zumindest fehlt es im Sachverhalt an der Information, dass T den Straftatbestand der Beleidigung kannte, aber vorliegend nicht dachte, dass sie ihn verwirklicht. Stattdessen würde ich einen (allgemeinen) Verbotsirrtum annehmen. T scheint nicht von der Strafbarkeit der Beleidigung gewusst zu haben. Am Ergebnis ändert das natürlich nichts, da der Subsumtionsirrtum nur eine Unterkategorie des Verbotsirrtums ist.


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