Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Subjektiver Tatbestand

Irrtum über den Kausalverlauf (Tritt gegen das Fahrrad) – Vorsatz

Irrtum über den Kausalverlauf (Tritt gegen das Fahrrad) – Vorsatz

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M will seine am Boden liegende Freundin F verletzen. Statt F zu treffen, tritt er das unmittelbar neben ihr stehende Fahrrad. Das Fahrrad stürzt auf die F und verletzt sie.

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Einordnung des Falls

Irrtum über den Kausalverlauf (Tritt gegen das Fahrrad) – Vorsatz

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Dass die F nicht unmittelbar durch einen Tritt des M, sondern durch das umstürzende Rad verletzt wird, stellt eine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf dar. T handelte im Tatbestandsirrtum (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Täter hat Vorsatz, wenn er mit dem Willen zur Verwirklichung des Tatbestands (voluntatives Element) in Kenntnis aller objektiven Tatumstände (kognitives Element) handelt. Die Vorstellung des Täters vom Kausalverlauf muss dem tatsächlichen Geschehen im Wesentlichen. entsprechen. Eine wesentliche Abweichung im Kausalverlauf liegt dann vor, wenn sie sich nicht mehr in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält.OLG Hamm: Tritt der M mit Körperverletzungsvorsatz in Richtung der F, so handele es sich bloß um die unwesentliche Abweichung vom Kausalverlauf, dass die F nicht unmittelbar durch einen Tritt, sondern durch den Kontakt mit dem Fahrrad (sei es im Rahmen einer Ausweichbewegung, sei es – wie hier – durch Umfallen des Fahrrades auf sie) verletzt werde.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CAR

Carl

5.12.2020, 16:56:23

Wie sieht es denn hier bezüglich § 224 aus? Scheitert am

Vorsatz

, aber wie sieht es mit der obj. Zurechnung aus?

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

6.12.2020, 11:48:19

Hallo Carl, hier käme wahrscheinlich nur Nr. 2 des §

224 StGB

in Betracht (für Nr. 3 fehlt es nach BGH wohl an der Hinterlistigkeit). Da das Fahrrad keine

Waffe im technischen SInne

ist, kommt nur in Betracht, dass es sich dabei um ein gefährliches Werkzeug handeln könnte. Als gefährliches Werkzeug gilt jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven

Beschaffenheit

und der Art seiner Verwendung im konkreten Fall geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen. Dafür fehlen hier aber jegliche Angaben. Wenn das Fahrrad beispielsweise spitze Enden hätte, die so wie es auf F fällt diese verletzen können, könnte man das bejahen. Wenn man dann die

objektive Zurechnung

prüft, wird man dazu kommen, dass diese zu bejahen wäre.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

6.12.2020, 11:50:10

Denn das Treffen des Fahrrads statt der F stellt keinen so atypischen Kausalverlauf dar, dass sich die Körperverletzung als Ergebnis des Zufalls darstellt. Problematisch wäre aber natürlich der

Vorsatz

.

CAR

Carl

6.12.2020, 11:52:02

Ok, danke ☺️

QUIG

QuiGonTim

2.2.2022, 11:36:35

@[Eigentum verpflichtet 🏔️](99723) Wie würde man denn das

Vorsatz

problem bezüglich der Qualifikation lösen? Wäre der

Vorsatz

bezüglich Treten mit dem beschuhten Fuß, also (je nach Streitentscheid)

Vorsatz

bezüglich eines gefährlichen Werkzeuges als Tatmittel, ausreichend um auch den

Vorsatz

bezüglich der Verletzung durch das Fahrrad zu bejahen?

Jonas22

Jonas22

6.6.2023, 20:11:57

Die h.L. würde das bei der objektiven Zurechnung lösen und dann beim

Vorsatz

kein Problem mehr aufmachen oder?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

7.6.2023, 18:32:46

Hallo Jonas, so ist es! Da der BGH die

objektive Zurechnung

nicht als eigene Kategorie des objektiven Tatbestands gebraucht, löst er die dort verorteten Probleme im Rahmen des

Vorsatz

es. Die hL problematisiert das dagegen bereits bei der objektiven Zurechnung. Auch in einer Klausur ist der Aufbau der hL vorzugswürdig, sodass Du beim

Vorsatz

diesen dann unter Verweis auf die vorangegangenen Ausführungen bejahen kannst. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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