+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Anlageberaterin A bietet Frau F an, sie unentgeltlich über neue Anlegemöglichkeiten für ihr Privatvermögen zu beraten. F willigt ein und lässt sich von A beraten.
Einordnung des Falls
Abgrenzung zum Auftrag
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A und F haben einen Dienstvertrag (§ 611 BGB) über die Anlageberatung geschlossen.
Nein, das ist nicht der Fall!
Der Dienstvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, in welchem sich der Schuldner zur Vornahme der versprochenen Dienste und der Gläubiger zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 611 Abs. 1 BGB). Ein Vertrag bei dem eine Dienst unentgeltlich geleistet kann daher kein Dienstvertrag sein. A und F einigen sich, dass die Anlageberatung unentgeltlich erfolgen soll. Daher scheidet ein Dienstvertrag aus.
2. A und F haben einen Auftragsvertrag (§ 662 BGB) über die Anlageberatung geschlossen.
Ja, in der Tat!
Der Auftragsvertrag (§ 662 BGB) ist ein Schuldvertrag, in dem sich der eine Teil (Beauftragter) verpflichtet, ein Geschäft des anderen Teils (Auftraggebers) unentgeltlich für diesen zu besorgen. Vom Dienstvertrag unterscheidet er sich also dadurch, dass der Beauftragte zu einer unentgeltlichen Tätigkeit verpflichtet ist. Einige Auftragsregeln finden aber entsprechende Anwendung auf Dienst- oder Werkverträge, wenn diese eine entgeltliche Geschäftsbesorgung zum Gegenstand haben (§ 675 BGB). A und F haben einen Vertrag geschlossen, in dem A sich unentgeltlich zur Anlageberatung, also einer Tätigkeit verpflichtet. Da die Beratung unentgeltlich vorgenommen wird, liegt kein Dienstvertrag, sondern ein Auftragsvertrag (§ 662 BGB) vor.