Selbsthilfeaufwendung IV
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K betreibt ein Wasserkraftwerk an einem Fluss. Der gewässerunterhaltspflichtige Verwaltungsträger V mäht flussaufwärts Wasserpflanzen ab, die sich in den Rechen der Anlage sammeln und seine Funktionsfähigkeit gefährden. K beseitigt sie auf eigene Kosten, da sofort gehandelt werden muss, um Schäden zu vermeiden.
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Einordnung des Falls
Selbsthilfeaufwendung IV
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Beseitigung des Mähguts stellt für K ein objektiv fremdes Geschäft dar.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die §§ 677ff. BGB sind vorliegend nur analog anwendbar.
Ja!
3. Der Fremdgeschäftsführungswille wird nach Auffassung des BGH widerlegbar vermutet.
Genau, so ist das!
4. Die Grundvoraussetzungen einer echten GoA nach § 677 BGB sind erfüllt.
Ja, in der Tat!
5. Die Beseitigung des Mähguts stellt eine berechtigte GoA im Sinne des § 683 S. 1 BGB dar.
Ja!
6. K hat einen Aufwendungsersatzanspruch gegen V aus GoA nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB analog.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Edward Hopper
25.7.2022, 20:02:14
Unterlaufen die Goa Regelungen dann nicht die Wertungen des Deliktsrechts? Im Zweifel ist es doch immer ein "auch fremdes Geschäft" wenn ich Schäden beseitige. Wäre Deliktsrecht nicht spezieller?
Lukas_Mengestu
3.8.2022, 12:48:40
Hallo Edward Hopper, ein Vorrang des Deliktsrechts gibt es nicht. Auch droht kein Unterlaufen der Voraussetzungen des Deliktsrechts (u.a. das Verschuldenserfordernis), da ein auch-fremdes Geschäft ja nur dann vorliegt, wenn der Geschäftsherr tatsächlich für die Beseitigung bzw. die Gefahrenquelle verantwortlich ist. Fehlt es daran, bestehen keine Ansprüche aus GoA. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Timurso
16.2.2023, 15:35:44
Woran scheitert vorliegend die direkte Anwendbarkeit? Dass die Verwaltung in diesem Aufgabenbereich kein Privatrechtssubjekt ist und daher nicht als "anderer" iSd. § 677 BGB aufgefasst werden kann?
Unerkannt Geisteskrank
15.5.2023, 17:07:23
Eine Antwort wäre toll, mir stellt sich nämlich die gleiche Frage. Vielen Dank im Voraus!
Julilaw
22.5.2023, 12:48:28
Schließe mich der o.g. Frage an ☺️
Tim
11.6.2023, 16:13:32
Und müsste bei analoger Anwendung nicht auch K
Aufwendungsersatznach § 683 S. 1 BGB *analog* geltend machen?
Nora Mommsen
26.9.2023, 16:10:21
Hallo in die Runde, die GoA scheitert daran, dass es sich nicht um die Erfüllung einer Aufgabe eines Privaten geht sondern die Instandhaltung der Wasserstraßen und damit auch der Uferbeböschung eine hoheitliche Aufgabe darstellt. Daher sind die GoA Vorschriften richtigerweise nur analog anwendbar. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
LS2024
12.4.2024, 16:02:58
Nach der Frage zur Abgrenzung des Veraltungs- und Zivilrechtwegs, ist der Verwaltungsrechtsweg doch eröffnet, wenn der Geschäftsherr, würde er das Geschäft selbst besorgen, dadurch eine öffentlich-rechtliche Pflicht erfüllen würde. Somit wäre hier der Verwaltungsgerichtsweg eröffnet?
Leo Lee
14.4.2024, 10:51:00
vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat ist der Verwaltungsrechtsweg bei der ÖR-GoA dann eröffnet, wenn das Geschäft, wenn es vom Geschäftsherrn selbst ausgeführt worden wäre, primär Verwaltungsaufgaben betrifft. D.h., man muss wiederum danach unterscheiden, welchen Charakter das ausgeführte Geschäft selbst hatte. Vorliegend mäht der V die Pflanzen ab, um die Funktionsfähigkeit sicherzustellen, was aufgrund des Zusammenhangs mit der Daseinsvorsorge wohl als öffentlich-rechtlich einzustufen sein dürfte. Deshalb würde ich dir hier vollständig zustimmen in der Aussage, dass hier der
Verwaltungsrechtsweg eröffnetist! I.Ü. kann ich hierzu die Lektüre vom Schoch/Schneider VwGO, Ehlers/Schneider § 40 Rn. 462 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
xTriToXx
15.4.2024, 18:00:22
Ist das geführte Geschäft hier nicht vielmehr die Entfernung des Mähguts aus der Anlage? Am Ergebnis ändert sich hierdurch nichts, da die Gewässerpflege hier ja auch eine Verwaltungsaufgabe betrifft und mithin öffentlich-rechtlicher Natur wäre; womöglich stehe ich aber auch auf dem Schlauch. Viele Grüße!
Falsus Prokuristor
1.6.2024, 20:24:08
@[xTriToXx](245033) ich würde es auch so sehen, dass das Entfernen des Mähguts die Geschäftsbesorgung darstellt. Der Zustand, dass die Pflanzen nun dort sind, stellt eine rechtswidrige Folge von Verwaltungshandeln dar, so dass ein
öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch(FBA) gegeben ist. Der Verwaltungsrechtsweg ist daher eröffnet.