Selbsthilfeaufwendung IV

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

K betreibt ein Wasserkraftwerk an einem Fluss. Der gewässerunterhaltspflichtige Verwaltungsträger V mäht flussaufwärts Wasserpflanzen ab, die sich in den Rechen der Anlage sammeln und seine Funktionsfähigkeit gefährden. K beseitigt sie auf eigene Kosten, da sofort gehandelt werden muss, um Schäden zu vermeiden.

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Einordnung des Falls

Selbsthilfeaufwendung IV

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Beseitigung des Mähguts stellt für K ein objektiv fremdes Geschäft dar.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein objektiv fremdes Geschäft fällt nach außen erkennbar ausschließlich in den Rechts- und Interessenkreis eines anderen. Die Entfernung des Mähguts aus dem Wasser gehörte zu den Pflichten des V als gewässerunterhaltspflichtiger Verwaltungsträger. Wenn er dieser Pflicht zunächst nicht nachkommt und sich das Mähgut deshalb woanders ansammelt, so muss er es auch dort beseitigen. Somit stellt die Beseitigung des Mähguts aus den Rechen einerseits ein Geschäft des V dar. Andererseits diente sie jedoch auch dem K, sodass gleichzeitig ein Geschäft des K vorliegt. Für K stellte die Beseitigung somit ein auch-fremdes Geschäft dar.
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2. Die §§ 677ff. BGB sind vorliegend nur analog anwendbar.

Ja!

Eine GoA kann auch dann vorliegen, wenn ein Privater Aufgaben wahrnimmt, die objektiv zum Pflichtenkreis eines Trägers öffentlicher Verwaltung gehören. Die §§ 677ff. BGB werden im Rahmen einer solchen öffentlich-rechtlichen GoA analog angewendet. Durch die Beseitigung des Mähguts hat K eine Aufgabe des Verwaltungsträgers übernommen.

3. Der Fremdgeschäftsführungswille wird nach Auffassung des BGH widerlegbar vermutet.

Genau, so ist das!

Der Fremdgeschäftsführungswille wird laut BGH bei auch fremden Geschäften genauso wie bei objektiv fremden Geschäften grundsätzlich widerlegbar vermutet. Die Beseitigung des Mähguts stellt ein für K auch-fremdes Geschäft dar.

4. Die Grundvoraussetzungen einer echten GoA nach § 677 BGB sind erfüllt.

Ja, in der Tat!

Nach § 677 BGB setzen Ansprüche aus echter GoA (egal, ob berechtigt oder unberechtigt) voraus, dass ein Geschäftsführer (1) ein fremdes Geschäft (2) mit Fremdgeschäftsführungswillen ausführt, (3) ohne vom Geschäftsherrn beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Die Beseitigung des Mähguts stellt für K ein auch-fremdes Geschäft dar. Der Fremdgeschäftsführungswille wird vermutet. V hat K weder zur Beseitigung des Mähguts beauftragt, noch war K gegenüber V sonst dazu berechtigt.

5. Die Beseitigung des Mähguts stellt eine berechtigte GoA im Sinne des § 683 S. 1 BGB dar.

Ja!

Eine GoA ist nach § 683 S. 1 BGB berechtigt, wenn sie dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Der wirkliche Wille des Geschäftsherrn ist dabei stets vorrangig zu prüfen. Sein mutmaßlicher Wille wird erst relevant, wenn sein wirklicher Wille nicht ermittelbar ist, weil er diesen nicht geäußert hat. Der mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn ergibt sich in der Regel aus seinem objektiven Interesse. Der V hat seinen Willen bezüglich der Beseitigung des Mähguts nicht geäußert. Es entsprach jedoch seinem objektiven Interesse, da er hierzu verpflichtet war. Zudem musste sofort gehandelt werden, um die Funktionsfähigkeit des Kraftwerks nicht zu beeinträchtigen und V war nicht anwesend, um dies selbst zu tun.

6. K hat einen Aufwendungsersatzanspruch gegen V aus GoA nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB analog.

Genau, so ist das!

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen § 683 S. 1 BGB. K hat das Mähgut auf eigene Kosten aus den Rechen des Kraftwerks beseitigt. Diese Kosten kann er als Aufwendungen ersetzt verlangen.
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