Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Rechtfertigungsgründe

Freiheit und Ernstlichkeit der Einwilligung 3

Freiheit und Ernstlichkeit der Einwilligung 3

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

T erschleicht Os Zustimmung zu einer Blutspende, indem er der Spenderin O vorspiegelt, er sei bereit, ihr dann €50 zu zahlen.

Diesen Fall lösen 82,1 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Freiheit und Ernstlichkeit der Einwilligung 3

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. O hat die Einwilligung erklärt.

Ja, in der Tat!

Die Einwilligung kann ausdrücklich oder konkludent erklärt werden. Dies setzt im Interesse der Rechtssicherheit eine Kundgabe nach außen voraus. Die bloß innere Zustimmung genügt nicht. Sie muss vor der Tat erklärt und bis zur Tat nicht widerrufen worden sein.Da die Zustimmung der O vorliegt, ist eine Einwilligungserklärung anzunehmen.
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2. Eine Einwilligung ist unwirksam, wenn sie unter wesentlichen Willensmängeln leidet.

Ja!

Die Einwilligung ist unwirksam, wenn sie unter wesentlichen Willensmängeln leidet und daher unfreiwillig erteilt wird. Als Ursachen für Willensmängel kommen Drohung, Gewalt, Täuschung und Irrtum in Betracht.

3. Die Einwilligung der O ist nach der herrschenden, weitesten Ansicht frei von Willensmängeln.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Behandlung von Einwilligungserklärungen, die auf einem täuschungsbedingten Irrtum beruhen, ist umstritten. Nach der engsten Ansicht beseitigen nur Fehlvorstellungen die Wirksamkeit der Erklärung, die rechtsgutsbezogen sind, d.h. wenn der Rechtsgutsinhaber über Art, Umfang oder Risiken des Eingriffs irrt. Nach der herrschenden, weiteren Ansicht, zu der auch die Rspr. gehört, bedingt jeder täuschungsbedingte Irrtum einen relevanten Willensmangel, auch wenn er sich auf den Zweck, Motive oder andere Begleitumstände bezieht.T hat O über die Gegenleistung getäuscht.

4. Die Einwilligung der O ist nach der engsten Ansicht frei von Willensmängeln.

Ja, in der Tat!

Die Behandlung von Einwilligungserklärungen, die auf einem täuschungsbedingten Irrtum beruhen, ist umstritten. Nach der engsten Ansicht beseitigen nur Fehlvorstellungen die Wirksamkeit der Erklärung, die rechtsgutsbezogen sind, d.h. wenn der Rechtsgutsinhaber über Art, Umfang oder Risiken des Eingriffs irrt. Nach der herrschenden, weiteren Ansicht, zu der auch die Rspr. gehört, bedingt jeder täuschungsbedingte Irrtum einen relevanten Willensmangel, auch wenn er sich auf den Zweck, Motive oder andere Begleitumstände bezieht.O weiß, was sie preisgibt und hat sich nicht rechtsgutsbezogen geirrt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SN

Sniter

3.3.2023, 09:32:01

Liebes Team, vielen Dank für den Fall! Man muss den Streit hier entscheiden (entweder hM oder tvA), daher wäre schön, wenn ihr vllt noch 1-2 Argumente für die jew. Meinungen hinzufügen könntet :)

Nora Mommsen

Nora Mommsen

3.3.2023, 11:33:16

Hallo Sniter, danke für deine Frage. Tatsächlich sind die inhaltlichen Argumente für und gegen die Meinungen sehr grundsätzlich. Nach der herrschenden Meinung ist jedem Irrtum delegitimierende und damit zurechnungsausschließende Bedeutung zuzumessen.Zabel sagt dazu im NK "Gerade in der Maßstäblichkeit äußert sich das politisch-philosophische Vorverständnis des Beurteilers über Staat, Mensch und Freiheit – und ist, weil äußerst intrikat, hoch umstritten." (§ 228 Rn. 23). Nach der vertretenen anderen Meinung ist der Ansatz zur Differnezierung die Rechtsgutsbezogenheit eines Defekts. Die Täuschung müsse sich also auf das preisgegebene Gut beziehen um einwilligungsausschließende Wirkung zu entfalten. Solange der Einwilligende hingegen Irrtümern über den Tauschwert erliege (er wurde über eine allfällige Gegenleistung oder einen Begleitumstand getäuscht, die für den Fall der Einwilligung in Aussicht gestellt wurde; zB: vom Eingreifenden induzierte Fehlvorstellungen über die Kosten für den Eingriff – oder der die Verletzung vorgeblich honorieren wollende Täter ist zahlungsunwillig – o.Ä.), bleibe seine Einwilligung beachtlich. Es ist also einfach tatsächlich eine Grundsatzfrage wofür man sich entscheidet, wie umfassend die Einwilligung schützen soll. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

FABY

Faby

26.4.2023, 15:27:41

Finde die Antwort leider nicht gut verständlich. Habe es mir zwei Mal durchgelesen und trotzdem noch Fragezeichen im Kopf :D

Saberhack

Saberhack

22.8.2024, 12:11:55

Problem: Die Einwilligung ist unwirksam, wenn sie unter wesentlichen Willensmängeln leidet und daher unfreiwillig erteilt wird. Als Ursachen für Willensmängel kommen

Drohung

, Gewalt, Täuschung und Irrtum in Betracht. Umstritten ist, inwiefern ein täuschungsbedingter Irrtum beachtlich ist. Ansicht 1 (strengste Ansicht): Nur ein rechtsgutsbezogener Irrtum ist beachtlich, d.h. wenn der Rechtsgutsinhaber über Art, Umfang oder Risiken des Eingriffs irrt. + Die Einwilligung müsse sich auf die umschriebenen Tatbestandsmerkmale beziehen - Missbrauchsfälle möglich (dem Betroffenen wird eine Geldauszahlung für die Spende vorgegaukelt oder ein Notfall vorgetäuscht) h.M. + Rspr. (weite Ansicht): Jeder täuschungsbedingte Irrtum bedingt einen relevanten Willensmangel, auch wenn er sich auf den Zweck, Motive oder andere Begleitumstände bezieht. + Das Selbstbestimmungsrecht des Opfers werde am besten geschützt (dieses umfasse auch das Recht, die Verfügung über seine

Rechtsgüter

an einen bestimmten Zweck zu binden) - Auch eine Einwilligung auf Grundlage unrichtiger Motive sei Ausdruck der Privatautonomie (derartige Motive beziehen sich lediglich auf Randfragen oder Begleitumstände, seien jedoch mangels Rechtsgutbezug nicht einwilligungserheblich)


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