Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Rechtfertigungsgründe
Rechtfertigende Einwilligung/ Sittenwidrigkeit
Rechtfertigende Einwilligung/ Sittenwidrigkeit
18. April 2025
14 Kommentare
4,8 ★ (26.633 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
E ist sadomasochistisch veranlagt und bittet ihren Lebensgefährten L, sie mit einem Metallrohr zu würgen. L äußert Bedenken, lässt sich letztlich jedoch überzeugen. Ihm ist die Möglichkeit eines tödlichen Ausgangs bewusst, aber er vertraut ernsthaft darauf, dass alles gut gehen wird. E erstickt.
Diesen Fall lösen 71,3 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Rechtfertigende Einwilligung/ Sittenwidrigkeit
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. L macht sich wegen Totschlags nach § 212 StGB strafbar.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. L erfüllt den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung (§§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2, 5 StGB).
Ja, in der Tat!
3. L ist aufgrund der Einwilligung der E gerechtfertigt.
Nein!
4. L macht sich wegen Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) strafbar.
Genau, so ist das!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Samia
15.2.2023, 19:50:10
Warum liegt hier keine Fahrlässigkeit vor?
Jael
23.3.2023, 16:17:59
Hab ich mich auch gerade gefragt... Vielleicht geht er geht in Bezug auf den tödlichen Ausgang davon aus, dass alles gut gehen wird, handelt hier also fahrlässig. Aber in Bezug auf die Körperverletzung ging er schon davon aus, dass es Schäden, wenn auch nur blaue Flecken, hervorrufen kann, und nahm dies billigend in Kauf. So erkläre ich es mir.
Paul
24.5.2023, 18:38:20
Mir erschließt sich noch nicht ganz, auf welches Delikt sich deine Frage bezieht. Die Körperverletzung plus ihre Qualifikation sind gerade das Ziel der ganzen Handlung und somit in jedem Fall vom
Vorsatzgedeckt. Für die Todesfolge des
§ 227 StGBreicht als erfolgsqualifiziertes Delikt nach § 18 StGB auch Fahrlässigkeit aus. Ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen.
QuiGonTim
15.1.2025, 17:44:38
Nochmal zur allgemeinen Erklärung: Die Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227) wiegt auch erkennbar am Strafmaß deutlich schwerer als die fahrlässige Tötung (§ 222). Denn bei erster liegt mit der vorsätzlichen Körperverletzung ein ein gesteigerter Handlungsunwert vor. In der fahrlässigen Tötung ist auch eine (fahrlässige) Körperverletzung enthalten. Mangels
Vorsatzist hier der Unrechtsgehalt jedoch deutlich geringer.
Reus04
26.9.2023, 20:04:22
Kommt hier auch eine fahrlässige Tötung in Betracht? Oder wird diese nicht behandelt da die fahrlässige Tötung hinter den §227 StGB zu
rücktritt?
se.si.sc
26.9.2023, 20:47:20
In Betracht kommt ohnehin erstmal vieles. Hier hast du aber völlig Recht, nach den Schilderungen im Sachverhalt kann man fahrlässige Tötung (problematisch ist hier höchstens die
subjektive Fahrlässigkeit) annehmen. Der Lösungsvorschlag tut das auch implizit: Die
subjektive Vorhersehbarkeitdes Todeseintritts iRd
§ 227 StGBist vorliegend nämlich nichts anderes als die
subjektive FahrlässigkeitiRd
§ 222 StGB. Daran erkennt man auch, dass
§ 222 StGBhier im Wege der
Gesetzeskonkurrenzzurücktreten muss, er ist nämlich vollständig in
§ 227 StGBenthalten, der auch die deutlich höhere Straf
drohunghat. Idealerweise und der Vollständigkeit halber würde ich auf
§ 222 StGBin der (Gutachten-)Klausur nicht ganz verzichten, sonst setzt man sich schnell dem Vorwurf aus, ihn übersehen zu haben. Man sollte die Prüfung dazu aber schon (sehr) knapp halten, weil es auf ihn iE eben überhaupt nicht ankommt und er ohnehin zu
rücktritt.
Kai
6.11.2024, 07:19:09
Wo prüfe ich die
Sittenwidrigkeitim Rahmen der Rechtfertigungsprüfung? Im Rahmen der Disponibilität, der Einwilligungserklärung, erst im subjektiven Element oder gar als eigener Prüfungspunkt, wenn Anzeichen hierfür vorliegen? Wenn letzteres, an welcher Stelle?
Leo Lee
10.11.2024, 08:36:03
Hallo Kai, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Wie es immer bei den Aufbaufragen heißt, gibt es keinen festgelegten Prüfungsstandort. Allerdings scheint es überzeugend, die
Sittenwidrigkeit- da sie etwa neb 216 auch die Grenzen der Disponibilität aufzeichnet - bei oder unm. nach dem Punkt "Disponibilität" zu prüfen. Hierzu kann ich die sehr gute und übersichtliche Seite des Uni Potsdam empfehlen (findest du hier: https://www.uni-potsdam.de/de/rechtskunde-online/rechtsgebiete/strafrecht/rechtfertigungsgruende/einwilligung) :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Kai
10.11.2024, 09:05:56
@[Leo Lee](213375) Dankeschön!
forste35
14.3.2025, 14:47:54
Liebes Jurafuchs-Team, ich finde euere Zeichnungen idR echt super und vor allem abwechslungsreich. Wenn ich in der Bib sitze, Karteikarten mache und dann solche Bilder rießengroß angezegt werden, fühle ich mich dabei schon ein bisschen unwohlt ;) Vielleicht könnt ihr die Bilder ja in Zukunft etwas subtiler gestalten? Danke und LGs