Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Rechtfertigungsgründe
Rechtfertigende Einwilligung/ Sittenwidrigkeit
Rechtfertigende Einwilligung/ Sittenwidrigkeit
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
E ist sadomasochistisch veranlagt und bittet ihren Lebensgefährten L, sie mit einem Metallrohr zu würgen. L äußert Bedenken, lässt sich letztlich jedoch überzeugen. Ihm ist die Möglichkeit eines tödlichen Ausgangs bewusst, aber er vertraut ernsthaft darauf, dass alles gut gehen wird. E erstickt.
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Einordnung des Falls
Rechtfertigende Einwilligung/ Sittenwidrigkeit
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. L macht sich wegen Totschlags nach § 212 StGB strafbar.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. L erfüllt den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung (§§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2, 5 StGB).
Ja, in der Tat!
3. L ist aufgrund der Einwilligung der E gerechtfertigt.
Nein!
4. L macht sich wegen Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) strafbar.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Samia
15.2.2023, 19:50:10
Warum liegt hier keine Fahrlässigkeit vor?
Jael
23.3.2023, 16:17:59
Hab ich mich auch gerade gefragt... Vielleicht geht er geht in Bezug auf den tödlichen Ausgang davon aus, dass alles gut gehen wird, handelt hier also fahrlässig. Aber in Bezug auf die Körperverletzung ging er schon davon aus, dass es Schäden, wenn auch nur blaue Flecken, hervorrufen kann, und nahm dies billigend in Kauf. So erkläre ich es mir.
Paul
24.5.2023, 18:38:20
Mir erschließt sich noch nicht ganz, auf welches Delikt sich deine Frage bezieht. Die Körperverletzung plus ihre Qualifikation sind gerade das Ziel der ganzen Handlung und somit in jedem Fall vom
Vorsatzgedeckt. Für die Todesfolge des § 227 StGB reicht als erfolgsqualifiziertes Delikt nach § 18 StGB auch Fahrlässigkeit aus. Ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen.
Reus04
26.9.2023, 20:04:22
Kommt hier auch eine fahrlässige Tötung in Betracht? Oder wird diese nicht behandelt da die fahrlässige Tötung hinter den §227 StGB zurücktritt?
se.si.sc
26.9.2023, 20:47:20
In Betracht kommt ohnehin erstmal vieles. Hier hast du aber völlig Recht, nach den Schilderungen im Sachverhalt kann man fahrlässige Tötung (problematisch ist hier höchstens die subjektive Fahrlässigkeit) annehmen. Der Lösungsvorschlag tut das auch implizit: Die
subjektive Vorhersehbarkeitdes Todeseintritts iRd § 227 StGB ist vorliegend nämlich nichts anderes als die subjektive Fahrlässigkeit iRd § 222 StGB. Daran erkennt man auch, dass § 222 StGB hier im Wege der
Gesetzeskonkurrenzzurücktreten muss, er ist nämlich vollständig in § 227 StGB enthalten, der auch die deutlich höhere Straf
drohunghat. Idealerweise und der Vollständigkeit halber würde ich auf § 222 StGB in der (Gutachten-)Klausur nicht ganz verzichten, sonst setzt man sich schnell dem Vorwurf aus, ihn übersehen zu haben. Man sollte die Prüfung dazu aber schon (sehr) knapp halten, weil es auf ihn iE eben überhaupt nicht ankommt und er ohnehin zurücktritt.
Kai
6.11.2024, 07:19:09
Wo prüfe ich die Sittenwidrigkeit im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung? Im Rahmen der Disponibilität, der Einwilligungserklärung, erst im subjektiven Element oder gar als eigener Prüfungspunkt, wenn Anzeichen hierfür vorliegen? Wenn letzteres, an welcher Stelle?
Leo Lee
10.11.2024, 08:36:03
Hallo Kai, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Wie es immer bei den Aufbaufragen heißt, gibt es keinen festgelegten Prüfungsstandort. Allerdings scheint es überzeugend, die Sittenwidrigkeit - da sie etwa neb 216 auch die Grenzen der Disponibilität aufzeichnet - bei oder unm. nach dem Punkt "Disponibilität" zu prüfen. Hierzu kann ich die sehr gute und übersichtliche Seite des Uni Potsdam empfehlen (findest du hier: https://www.uni-potsdam.de/de/rechtskunde-online/rechtsgebiete/strafrecht/rechtfertigungsgruende/einwilligung) :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Kai
10.11.2024, 09:05:56
@[Leo Lee](213375) Dankeschön!