Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Rechtfertigungsgründe

Freiheit und Ernstlichkeit der Einwilligung 4

Freiheit und Ernstlichkeit der Einwilligung 4

16. Juli 2025

5 Kommentare

4,7(14.725 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Um an seiner Exfreundin O Rache zu üben, spiegelt T der O vor, seiner Rückkehr zu ihr stehe nur ihre Katze im Weg, dessen viele lose Haare er nicht leiden könne. Nun willigt O wie von T erwartet in die Vergiftung der Katze durch T ein.

Diesen Fall lösen 81,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Freiheit und Ernstlichkeit der Einwilligung 4

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Einwilligung ist unwirksam, wenn sie unter wesentlichen Willensmängeln leidet.

Ja!

Die Einwilligung ist unwirksam, wenn sie unter wesentlichen Willensmängeln leidet und daher unfreiwillig erteilt wird. Als Ursachen für Willensmängel kommen Drohung, Gewalt, Täuschung und Irrtum in Betracht.
Strafrecht Allgemeiner Teil-Wissen in 5min testen
Teste mit Jurafuchs kostenlos dein Strafrecht Allgemeiner Teil-Wissen in nur 5 Minuten.

2. Die Einwilligung der O ist nach der herrschenden, weitesten Ansicht frei von Willensmängeln.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Behandlung von Einwilligungserklärungen, die auf einem täuschungsbedingten Irrtum beruhen, ist umstritten. Nach der engsten Ansicht beseitigen nur Fehlvorstellungen die Wirksamkeit der Erklärung, die rechtsgutsbezogen sind, d.h. wenn der Rechtsgutsinhaber über Art, Umfang oder Risiken des Eingriffs irrt. Nach der herrschenden, weiteren Ansicht, zu der auch die Rspr. gehört, bedingt jeder täuschungsbedingte Irrtum einen relevanten Willensmangel, auch wenn er sich auf den Zweck, Motive oder andere Begleitumstände bezieht.T hat O über den Zweck (Rückkehr) getäuscht.

3. Die Einwilligung der O ist nach der engsten Ansicht frei von Willensmängeln.

Ja, in der Tat!

Die Behandlung von Einwilligungserklärungen, die auf einem täuschungsbedingten Irrtum beruhen, ist umstritten. Nach der engsten Ansicht beseitigen nur Fehlvorstellungen die Wirksamkeit der Erklärung, die rechtsgutsbezogen sind, d.h. wenn der Rechtsgutsinhaber über Art, Umfang oder Risiken des Eingriffs irrt. Nach der herrschenden, weiteren Ansicht, zu der auch die Rspr. gehört, bedingt jeder täuschungsbedingte Irrtum einen relevanten Willensmangel, auch wenn er sich auf den Zweck, Motive oder andere Begleitumstände bezieht.O weiß, was sie preisgibt und hat sich nicht rechtsgutsbezogen geirrt.
Dein digitaler Tutor für Jura
Rechtsgebiet-Wissen testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

lennart20

lennart20

25.4.2023, 20:25:32

Aber irrt denn vorliegend die O nicht rechtsgutbezogen? Denn in einem der vorherigen Fälle ist die Zerstörung der Vase auch rehctsgutbezogen; demzufolge müsste die Katze auch ein peröshnliches Rechtsgut darstellen. Oder irre ich mich?

Carl Wagner

Carl Wagner

26.4.2023, 11:13:55

Vielen Dank für deine Frage! Ich verstehe deine Frage so, dass es um die Anwendung der engeren Ansicht geht, die nach Rechtsgutsbezug differenziert. Im Fall der Zerstörung der Vase ging es um den Wert der Vase. Dort wurde die Vase nur zerstört, weil über ihren Wert getäuscht wurde. Daher ging es um Umstände, die die Vase unmittelbar betreffen, so dass die

Täuschung

rechtsgutsbezogen war. Im Fall mit der Katze wird aber nicht über die Katze getäuscht (zB die Katze sei eh todsterbenskrank und man könne ihr Leid ja verkürzen o.ä.). Die

Täuschung

liegt darin, dass der Ex-Freund nur der Ex-Freundin schaden will, indem er ihr verspricht zu ihr zurückzukehren, wenn sie die Katze vergiftet. Seine

Täuschung

betrifft nur den Zweck der Tötung der Katze und nicht die Katze selbst. Viele Grüße - Carl für das Jurafuchs-Team

lennart20

lennart20

26.4.2023, 11:25:04

Super, vielen Dank! Jetzt ist es mir klarer

LI

liliom39

20.6.2025, 13:28:29

In diesem Fall liegt doch schon kein einwilligungsfähiges Rechtsgut vor, oder liege falsch? Denn Tiere sind gemäß § 90a BGB keine Sachen, werden aber rechtlich wie Sachen behandelt, soweit nicht besondere Vorschriften bestehen (wie bspw. das TierSchG). § 1 TierSchG besagt doch, dass die Verantwortung des Menschen ist, für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen und dass niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. Daraus ergibt sich, dass das TierSchG Tiere nicht primär als Eigentum, sondern als Mitgeschöpfe mit eigenem Schutzanspruch schützt, also sie einen eigenen Rechtsgüterschutz, unabhängig vom Eigentum haben. Gem. § 17 Nr.1 TierSchG ist das Töten von Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund strafbar. Eine Katze ist ein Wirbeltier. Daraus folgt, dass allein die Einwilligung der O in die Vergiftung bzw. Tötung ihrer/ einer Katze die Tat nicht rechtfertigt , wenn kein „vernünftiger Grund“ vorliegt. Ein vernünftiger Grund ist z. B. das Töten von Wirbeltieren zur Lebensmittelgewinnung oder im Rahmen waidgerechter Jagdausübung. Auch für ein unter Schmerzen leidendes Tier, das nicht mehr behandelt werden kann, ist ein vernünftiger Grund für die Tötung gegeben, um es von seinen Schmerzen zu erlösen. Folglich ist die Vergiftung/Tötung der Katze aufgrund ihrer lästigen Haare kein "vernünftiger Grund". Weiterhin darf nach § 4 TierSchG ein Wirbeltier von einer Person getötet werden, die die

notwendige

n Kenntnisse und Fähigkeiten hat, sodass stark fraglich ist, ob O oder T diese

notwendige

n Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen. Somit liegt doch in der Tötung eines Tieres (Katze) kein voll disponibles Rechtsgut vor.

LMA

Lt. Maverick

3.7.2025, 17:27:48

Das hast du wirklich schön zusammengefasst. Problematisch allein ist aber, dass nach der Strafbarkeit gemäß § 303 StGB gefragt ist und ein Tier eine Sache im strafrechtlichen Sinne ist. Auch hinsichtlich der

Verfügungsbefugnis

ist es so, dass sich dies allein auf disponible Individualrechtsgüter bezieht. Da die Katze als Sache eigentumsfähig ist, ist lediglich das Invidualrecht Eigentum betroffen. Zwar handelt es sich beim Tierschutz auch um ein Allgemeininteresse, über das der Einzelne nicht verfügen kann, aber als Träger des Rechts Eigentum kann O grundsätzlich darauf verzichten. Das schließt keine Strafbarkeit nach dem Tier

schutzgesetz

aus, da hier gerade Allgemeininteressen betroffen sind über die O nicht verfügen kann. Da es aber allein um die Strafbarkeit des T ZULASTEN der O geht, wäre es wertungswidersprüchlich den T wegen Sachbeschädigung zu bestrafen, wenn O gerade bewusst auf ihr Recht verzichtet hatte. Die vorsätzliche Sachbeschädigung ist ja gerade deshalb strafbar, weil man bewusst in den Rechtskreis eines anderen eingreift, wodurch es zu einer Verkürzung, Einschränkung oder gar Aufhebung von Rechten kommen kann. Man muss dann hierbei wohl leider nach wie vor auf die Rechtsposition Eigentum abstellen und nicht auf das Tier selbst.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Rechtsgebiet-Wissen testen