Käfighaltung (Systemkritik)
12. Februar 2025
12 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Verein V veröffentlicht einen Zeitungsartikel, nach dem in Hühnerfarmen mit Käfighaltung immer vorsorglich Antibiotika verabreicht würden. H betreibt eine solche Hühnerfarm und kann nachweisen, dass dies nicht der Fall ist. Trotzdem gehen seine Einnahmen zurück.
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Einordnung des Falls
Käfighaltung (Systemkritik)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Bei der Aussage des V handelt es sich um eine unwahre Tatsache (§ 824 Abs. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. V hat diese unwahren Tatsachen auch behauptet oder verbreitet (§ 824 Abs. 1 BGB).
Ja!
3. Die Betroffenheit des H beruht unmittelbar auf der Behauptung des V.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Der Schutzbereich des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ist eröffnet, wenn unwahre Tatsachenbehauptungen vorliegen.
Nein, das trifft nicht zu!
5. Der Inhalt dieser Tatsachen ist geeignet, den Kredit eines anderen zu gefährden (§ 824 Abs. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Doli
6.7.2023, 17:53:32
Die Anteile auf die letzte Frage erweckt den Eindruck, es sei das Eigentum des H in Form von Betriebsmitteln beeinträchtigt worden. Aber hier liegt doch nur eine Vermögensbeeinträchtigung vor… vielleicht könnte man den Teil der Antwort streichen
Doli
6.7.2023, 17:53:48
*Antwort, nicht Anteile…
evanici
11.9.2023, 17:41:03
Andererseits ähneln sich aber die Voraussetzungen der Betriebsbezogenheit des Eingriffs und der Eignung zur
Kreditgefährdung, kann das sein? Verstehe ich das im Übrigen richtig, dass der Schutzbereich des ReaG (coole Abkürzung :D) NUR dann eröffnet ist, wenn zwar keine
Tatsachenbehauptung, aber eine Meinungsäußerung vorliegt, die betriebsbezogen ist und somit ähnliche Eigenschaften haben muss wie die Eignung zur
Kreditgefährdung(also insbesondere die spezifische Ausrichtung der Äußerung auf den Geschädigten)?
Stella2244
20.3.2024, 20:27:50
die letze Antwort auf das ReaG bezogen ist unverständlich
Amelie7
30.10.2024, 21:26:08
Inwiefern ist der Artikel denn nicht geeignet, zurechenbare negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Wertschätzung zu erzeugen, wenn im Sachverhalt klar steht dass die Einnahmen zurück gegangen sind?

Sebastian Schmitt
5.11.2024, 10:01:53
Hallo @[Amelie7](262107), eine berechtigte Frage! Der BGH hat schon früh entschieden, dass die Haftung nach
§ 824 BGBnicht uferlos werden darf und es deshalb einer unmittelbaren Beziehung zwischen der Äußerung und dem Betroffenen bedarf (s zB BGH NJW 1989, 924, 924). In der Tat droht die Haftung aus
§ 824 BGBsonst zu einer umfassenden Ersatzpflicht reiner Vermögensinteressen zu werden, was wohl nicht gewollt ist. BeckOG-BGB/Förster, 71. Ed, Stand 1.8.2024, § 824 Rn 28 bezeichnet das Merkmal "einen anderen" in
§ 824 BGBdaher plastisch als "das wahre Nadelöhr im
Tatbestand". An dieser Individualisierung fehlt es hier, weil kein einzelner Halter angegriffen, sondern Systemkritik an der ganzen Branche geäußert wird - wenn auch falsche und eine solche, die wirtschaftliche Auswirkungen auf H hat. IRv
§ 824 BGBgenügt das allein aber eben nicht. Die Aufgabe war insoweit möglicherweise nicht ganz unmissverständlich formuliert. Wir haben jetzt versucht, das Problem in der Lösung noch deutlicher zu fassen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
benjaminmeister
19.1.2025, 20:46:01
@[Sebastian Schmitt](263562) das Unmittelbarkeitskriterium geht mMn. immer noch etwas unter. Die entsprechende Frage-Antwort versteht man nur mit Hintergrundwissen aus anderen Quellen.

Sebastian Schmitt
20.1.2025, 08:00:12
Hallo @[benjaminmeister](216712), wir haben die Aufgabe dahingehend nochmal angepasst. Dass Hintergrundwissen aus anderen Quellen erforderlich ist, lässt sich leider nicht immer ganz vermeiden. ME wird man jetzt aber zum Unmittelbarkeitskriterium etwas mehr hingeleitet als zuvor. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
benjaminmeister
20.1.2025, 09:51:09
@[Sebastian Schmitt](263562) ja das verstehe ich! Danke für die Anpassung, dass das Unmittelbarkeitskriterium jetzt mit einer extra Frage mehr Aufmerksamkeit bekommt ist wirklich top 😁!
benjaminmeister
19.1.2025, 20:48:46
Die letzte Frage ist missverständlich formuliert: Das Recht am Gewerbebetrieb ist generell subsidiär. Da mit § 824 eine Spezialnorm für unwahre
Tatsachenvorliegt, ist das Recht am Gewerbebetrieb deshalb nicht einschlägig. Das Eigentum (Betriebsmittel) hat damit nichts zu tun und wäre hier vorliegend auch gar nicht verletzt. Das Recht am Gewerbebetrieb kann übrigens auch bei wahren, aber unzulässigen
Tatsachenbehauptungen einschlägig sein (nicht wie aktuell angegeben nur bei
Werturteilen).