Bauchfellentzündung

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Arzt A entfernt bei der 14-jährigen S den Blinddarm. S hat danach untypisch starke Schmerzen. Arzt B diagnostiziert zutreffend eine Entzündung des Bauchfells. A hält die Diagnose für falsch. S stirbt an der Bauchfellentzündung. Hätte A eingegriffen, hätte S wenigstens ein paar Tage länger gelebt.

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Einordnung des Falls

Bauchfellentzündung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hat sich objektiv sorgfaltspflichtwidrig verhalten (§§ 222, 13 StGB).

Ja!

Nach den Regeln der ärztlichen Kunst ist eine gewissenhafte Diagnostik unter methodisch korrekter Bewertung einer vollständigen Tatsachengrundlage vorzunehmen. Dabei sind auch fachliche Einschätzungen anderer Ärzte einzubeziehen. Dem A ist der Vorwurf zu machen, dass er unter Berücksichtigung des atypischen Krankheitsverlaufs spätestens ab der Diagnose des B keine erneute, spezifische Diagnostik durchführte und die Behandlung nicht anpasste.
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2. Der Tod der S war auch objektiv vorhersehbar.

Genau, so ist das!

Die objektive Vorhersehbarkeit setzt voraus, dass der Erfolgseintritt sowie Kausalverlauf für einen Durchschnittsmenschen des jeweiligen Verkehrskreises absehbar gewesen ist. Für einen durchschnittlichen Arzt ist es nicht unvorhersehbar, dass die nach einer Blinddarmoperation auftretenden Schmerzen auf eine Entzündung des Bauchfells zurückzuführen sind, welche unbehandelt zum Tod des Patienten führen kann.

3. A ist der Tod der S auch objektiv zuzurechnen.

Ja, in der Tat!

Bei Fahrlässigkeitsdelikten muss im Rahmen der objektiven Zurechnung auch ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang bestehen. Dieser ist nach der Vermeidbarkeitstheorie gegeben, wenn der konkrete Erfolg bei pflichtgemäßen Alternativverhalten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermeidbar gewesen wäre.Der konkrete, vorzeitige Tod wäre vermeidbar gewesen, hätte A eingegriffen. Dass S später ohnehin gestorben wäre, lässt den Pflichtwidrigkeitszusammenhang nicht entfallen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

IJU

indubio juli

15.2.2022, 20:20:48

Wieso wird in der Fahrlässigkeit der subjektive Teil geprüft, dann aber mit objektiven Merkmalen begründet? (

Objektive Zurechnung

)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

16.2.2022, 21:35:54

Hallo indubio juli, bei der Fahrlässigkeit sind verschiedene Besonderheiten zu beachten. Zum einen gibt es keinen "subjektiven Tatbestand". Denn anders als bei einem vorsätzlichen Erfolgsdelikt, fehlt es bei

Fahrlässigkeitsdelikte

n ja gerade an dem

Vorsatz

, der hier zu prüfen ist. Aus diesem Grund prüft man zunächst lediglich die "Tatbestandsmäßigkeit" des Handelns. Dabei kommt es auf den Erfolgseintritt, die Kausalität und eben auch die

objektive Zurechnung

an. Subjektive Elemente haben hier erst einmal nichts verloren. Die "subjektive Fahrlässigkeit" wird erst im Rahmen der Schuld relevant, wo zu prüfen ist, ob der Täter subjektiv sorgfaltswidrig gehandelt hat und dies subjektiv voraussehbar war. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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