Zivilrecht

Sonstige vertragliche Schuldverhältnisse

Dienstvertrag, §§ 611ff. BGB

Pflichten des Dienstgläubigers – Vergütungspflicht ohne Dienstleistung: Annahmeverzug, § 615 BGB

Pflichten des Dienstgläubigers – Vergütungspflicht ohne Dienstleistung: Annahmeverzug, § 615 BGB

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Studentin S beauftragt Nachhilfelehrer L, am Mittwochnachmittag zwei Stunden mit ihr für die anstehende Statistikklausur zu lernen. Dafür vereinbaren sie €50 Vergütung. Am Mittwoch erscheint L pünktlich bei S, diese ist aber in Urlaub gefahren und öffnet die Tür nicht. L erspart sich durch den Ausfall der Stunde €5 Papierkosten.

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Einordnung des Falls

Pflichten des Dienstgläubigers – Vergütungspflicht ohne Dienstleistung: Annahmeverzug, § 615 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. § 615 BGB durchbricht den im allgemeinen Schuldrecht geltenden Grundsatz, wonach der an seiner eigenen Leistung gehinderte Schuldner zugleich seinen Anspruch auf die Gegenleistung verliert.

Ja!

Im allgemeinen Schuldrecht gilt nach §275 Abs. 4, §326 Abs. 1 S. 1 der Grundsatz, dass ein Schuldner, der an seiner eigenen Leistung gehindert ist zugleich seinen Anspruch auf die Gegenleistung verliert ("Ohne Arbeit kein Lohn"). § 615 BGB durchbricht diesen Grundsatz für Dienst- und Arbeitsverträge: Der Dienstberechtigte muss im Falle seines Annahmeverzugs sowie dann, wenn er das Risiko des Arbeitsausfalls trägt, trotz Nichtleistung der Dienste die Vergütung entrichten, ohne dass der Dienstverpflichtete zur Nachleistung verpflichtet ist.
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2. Die Dienstberechtigte S befindet sich im Annahmeverzug.

Genau, so ist das!

Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs aus §§ 611, 615 S. 1 BGB sind ein bestehendes Dienstverhältnis und der Annahmeverzug des Dienstberechtigten gemäß §§ 293 ff. BGB. Erforderlich ist daher ein (1) erfolgloses tatsächliches, wörtliches oder entbehrliches Angebot der Dienstleistung gemäß §§ 294 ff. BGB. (2) Der Dienstverpflichtete muss zur Dienstleistung im Stande gewesen sein (§ 297 BGB) und (3) der Dienstberechtigte darf die angebotene Leistung nicht angenommen haben (§ 293 BGB). Auf ein Vertretenmüssen des Dienstberechtigten kommt es für den Eintritt des Annahmeverzugs nicht an. S und L haben einen Dienstvertrag geschlossen. L ist pünktlich zum vereinbarten Dienstleistungsort erschienen und hat seine Dienste der S angeboten, sodass ein erfolgloses tatsächliches Angebot am Dienstleistungsort vorliegt (§ 294 BGB). L war auch leistungsbereit (§ 297 BGB) und S hat die Leistung nicht angenommen (§ 293 BGB). S befand sich daher im Annahmeverzug gemäß §§ 293 ff. BGB.

3. L hat einen Vergütungsanspruch gegen S in Höhe von €50, sobald er die Nachhilfestunde nachgeholt hat.

Nein, das trifft nicht zu!

§ 615 Abs. 1 S. 1 BGB gewährt dem Dienstverpflichteten bei Annahmeverzug des Dienstberechtigten die vereinbarte Vergütung ohne, dass dieser zur Nachleistung der Dienste verpflichtet ist. L hat gemäß §§ 611, 615 S. 1 BGB einen Vergütungsanspruch gegen S in Höhe von €50 und ist nicht zur Nachleistung der Nachhilfestunde verpflichtet.

4. Der Vergütungsanspruch des L besteht in Höhe von €45, da er sich die €5 Papierkosten anrechnen lassen muss, die er durch das Unterbleiben seiner Leistung erspart hat.

Ja!

Da der Dienstverpflichtete durch den Dienstleistungsausfall aber auch keinen Vorteil erlangen soll, muss er sich gemäß § 615 S. 2 BGB auf seinen Vergütungsanspruch den Wert anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. L muss sich nach § 615 S. 2 BGB das anrechnen lassen, was er durch das Unterbleiben seiner Leistung erspart oder zu ersparen böswillig unterlassen hat. L hat sich durch das Unterbleiben der Nachhilfestunde €5 Papierkosten erspart. Sein Vergütungsanspruch besteht daher in Höhe von €45.
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