Verleiten eines vermeintlich Bösgläubigen

16. April 2025

9 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

T will seinen Freund F dazu bewegen, zu seinen Gunsten vorsätzlich falsch auszusagen. F ist sich aber der Unwahrheit seiner Bekundungen nicht bewusst und sagt gutgläubig falsch aus.

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Einordnung des Falls

Verleiten eines vermeintlich Bösgläubigen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Sinn und Zweck der Verleitung zur Falschaussage (§ 160 Abs. 1 StGB) ist es, die Strafbarkeitslücken zu schließen, die sich durch die Eigenhändigkeit der Aussagedelikte ergeben.

Genau, so ist das!

Die Tatbestände der §§ 153ff. StGB sind eigenhändige Delikte, die nur der persönlich Aussagende täterschaftlich verwirklichen kann. Außenstehende können also weder Mittäter noch mittelbare Täter, sondern nur Anstifter oder Gehilfen sein. In die Lücke, die dadurch namentlich im Bereich der mittelbaren Täterschaft entsteht, stößt die Verleitung zur Falschaussage (§ 160 Abs. 1 StGB). Dabei geht es in erster Linie um die Aussageperson als gutgläubig (vorsatzlos) handelndes Werkzeug. Die Bestimmung enthält insofern eine Ergänzung des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB. Ob noch weitere Fälle erfasst sind, ist umstritten.
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2. T hat sich wegen Versuchs der Anstiftung zur Falschaussage (§ 159 StGB) strafbar gemacht.

Ja, in der Tat!

Im Falle des Verleitens eines vermeintlich Bösgläubigen besteht Einvernehmen, dass hier eine Strafbarkeit wegen Versuchs der Anstiftung zu Falschaussage (§ 159 StGB) eintritt. F handelt hier bezüglich der falschen uneidlichen Aussage (§ 153 StGB) nicht vorsätzlich; die potentielle fahrlässige Begehung des § 153 StGB ist nicht strafbar (§ 161 StGB). Bei T fehlt hinsichtlich der §§ 153, 26 StGB die vorsätzliche Haupttat. Allerdings liegen die §§ 153, 159, 30 Abs. 1 StGB vor. Es bedarf also der Ergänzungsfunktion des § 160 StGB nicht mehr.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

INDUB

InDubioProsecco

13.6.2023, 17:47:45

Dazu müsste doch eigentlich noch der Versuch einer Anstiftung zur

Strafvereitelung

kommen.

Cosmonaut

Cosmonaut

30.1.2024, 19:28:07

Im Grunde wissen wir nicht genau worum es geht, kann ja auch ein Zivilprozess sein, da schweigt der SV. Aber für Strafprozess-Aussagen vor entsprechend zuständiger Instanz hast du mit § 258 vollkommen recht. Gehen häufig Hand in Hand in der Klausur.

FUCH

Fuchsfrauchen

8.2.2025, 16:07:58

Der Versuch einer Anstiftung (§ 30) geht doch nur bei Verbrechen und § 258 scheint mir ein Vergehen zu sein. 🤔 Übersehe ich hier was?

Ruhe im Sturm

Ruhe im Sturm

15.2.2025, 23:59:09

Ich habe Probleme damit die Anstiftung von der verwirklichten Verleitung abzugrenzen. Im Einführungsfall war der Zeuge ja auch gutgläubig. Wo liegt dort der Unterschied zu hi

esi

ger Konstellation? Nur in der Zeitachse? Im Einführungsfall gab es noch keinen Termin zur Zeugenvernehmung, hier aber schon? Das war aber doch im Einführungsfall eigtl. auch abzusehen, anderenfalls hätte er doch nicht auf seinen Freund eingewirkt?

FUCH

Fuchsfrauchen

11.3.2025, 21:43:08

Bei dem ersten Fall sagt der Täter "hey das war doch so, oder?" Der "Verleitete" glaubt dem Täter und sagt gutgläubig aus. Hier ist unproblematisch § 160 erfüllt. Bei dem Fall hier will der Täter den Aussagenden aber zu einer vorsätzlichen,

rechtswidrig

en Tat (§ 153) anstiften. Der Aussagende soll wissentlich falsch aussagen. Der Anstifter

vorsatz

bezieht sich darauf, dass der Aussagende vorsätzlich aussagt und eben nicht gutgläubig. Wäre ihm das gelungen, würde §§ 153, 26 vorliegen. Der sagt aber gutgläubig aus und damit haben wir keine vorsätzlich,

rechtswidrig

e Tat mehr, zu der der Täter Anstifter sein könnte. Eine vollendete Anstiftung iSd §§ 153, 26 liegt nicht vor. Allerdings hat der Täter versucht zu einer vorsätzlichen,

rechtswidrig

en Tat anzustiften, sodass §§ 159, 30 I vorliegt. § 160 kommt nur infrage, wenn entweder der Hintermann will, dass der Vordermann gutgläubig aussagt ODER (aber strg) wenn der Hintermann will, dass der Vordermann gutgläubig aussagt, dieser aber vorsätzlich aussagt. Vielleicht hilft es ja. :)

TAUNU

Taunus84

29.3.2025, 22:47:41

@[Fuchsfrauchen](89264) sehr gute Erklärung, vielen Dank!

Rechtsanwalt B. Trüger

Rechtsanwalt B. Trüger

20.3.2025, 11:42:39

Nur eine kleine Verständnisfrage, weil es in dem Kapitel nicht aufgegriffen wurde (außer ich habe es übersehen). Ein „Verleiten“ dürfte demnach nicht vorliegen, wenn der Zeuge ohnehin falsch aussagen wollte, ohne vorherige Absprache, oder? Heißt, wenn A den B bittet ihm zu seinen Gunsten ein Alibi zu geben, der B dieses ohnehin vor hatte, hat A den B im Ergebnis nicht verleitet?! Wie sieht es dann mit einem Versuch aus? Ggf.

untauglicher Versuch

, weil B ohnehin so aussagen wollte?

TAUNU

Taunus84

29.3.2025, 22:46:35

Gute Frage, würde mich auch interessieren. Ist das dann quasi ein

omnimodo facturus

?

Esther

Esther

27.3.2025, 11:51:51

Vielleicht wäre es hier gut, wenn im Sachverhalt nochmal explizit geschrieben wird, dass der T von einer

Bösgläubigkeit

des F ausgeht - und generell finde ich die Abgrenzung von §§ 159, 160 StGB irgendwie schwierig, vielleicht könnten da die Erklärungen etwas ausführlicher und die Fragen kleinschrittiger sein? 🦊


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