Strafrecht
BT 8: Ausssagedelikte
Verleitung zur Falschaussage, § 160 StGB
Verleiten eines vermeintlich Bösgläubigen
Verleiten eines vermeintlich Bösgläubigen
31. Mai 2025
10 Kommentare
4,8 ★ (5.724 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T will seinen Freund F dazu bewegen, zu seinen Gunsten vorsätzlich falsch auszusagen. F ist sich aber der Unwahrheit seiner Bekundungen nicht bewusst und sagt gutgläubig falsch aus.
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Einordnung des Falls
Verleiten eines vermeintlich Bösgläubigen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Sinn und Zweck der Verleitung zur Falschaussage (§ 160 Abs. 1 StGB) ist es, die Strafbarkeitslücken zu schließen, die sich durch die Eigenhändigkeit der Aussagedelikte ergeben.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. T hat sich wegen Versuchs der Anstiftung zur Falschaussage (§ 159 StGB) strafbar gemacht.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
InDubioProsecco
13.6.2023, 17:47:45

Cosmonaut
30.1.2024, 19:28:07
Im Grunde wissen wir nicht genau worum es geht, kann ja auch ein Zivilprozess sein, da schweigt der SV. Aber für Strafprozess-Aussagen vor entsprechend zuständiger Instanz hast du mit § 258 vollkommen recht. Gehen häufig Hand in Hand in der Klausur.
Fuchsfrauchen
8.2.2025, 16:07:58
Der Versuch einer Anstiftung (§ 30) geht doch nur bei Verbrechen und § 258 scheint mir ein Vergehen zu sein. 🤔 Übersehe ich hier was?

Ruhe im Sturm
15.2.2025, 23:59:09
Ich habe Probleme damit die Anstiftung von der verwirklichten Verleitung abzugrenzen. Im Einführungsfall war der Zeuge ja auch gutgläubig. Wo liegt dort der Unterschied zu hiesiger Konstellation? Nur in der Zeitachse? Im Einführungsfall gab es noch keinen Termin zur Zeugenvernehmung, hier aber schon? Das war aber doch im Einführungsfall eigtl. auch abzusehen, anderenfalls hätte er doch nicht auf seinen Freund eingewirkt?
Fuchsfrauchen
11.3.2025, 21:43:08
Bei dem ersten Fall sagt der Täter "hey das war doch so, oder?" Der "Verleitete" glaubt dem Täter und sagt gutgläubig aus. Hier ist unproblematisch § 160 erfüllt. Bei dem Fall hier will der Täter den Aussagenden aber zu einer
vorsätzlichen,
rechtswidrigen Tat (§ 153) anstiften. Der Aussagende soll wissentlich falsch aussagen. Der Anstiftervorsatz bezieht sich darauf, dass der Aussagende
vorsätzlichaussagt und eben nicht gutgläubig. Wäre ihm das gelungen, würde §§ 153, 26 vorliegen. Der sagt aber gutgläubig aus und damit haben wir keine
vorsätzlich,
rechtswidrige Tatmehr, zu der der Täter Anstifter sein könnte. Eine vollendete Anstiftung iSd §§ 153, 26 liegt nicht vor. Allerdings hat der Täter versucht zu einer
vorsätzlichen,
rechtswidrigen Tat anzustiften, sodass §§ 159, 30 I vorliegt. § 160 kommt nur infrage, wenn entweder der Hintermann will, dass der Vordermann gutgläubig aussagt ODER (aber strg) wenn der Hintermann will, dass der Vordermann gutgläubig aussagt, dieser aber
vorsätzlichaussagt. Vielleicht hilft es ja. :)
Taunus84
29.3.2025, 22:47:41
@[Fuchsfrauchen](89264) sehr gute Erklärung, vielen Dank!
Rechtsanwalt B. Trüger
20.3.2025, 11:42:39
Nur eine kleine Verständnisfrage, weil es in dem Kapitel nicht aufgegriffen wurde (außer ich habe es übersehen). Ein „Verleiten“ dürfte demnach nicht vorliegen, wenn der Zeuge ohnehin falsch aussagen wollte, ohne vorherige Absprache, oder? Heißt, wenn A den B bittet ihm zu seinen Gunsten ein Alibi zu geben, der B dieses ohnehin vor hatte, hat A den B im Ergebnis nicht verleitet?! Wie sieht es dann mit einem Versuch aus? Ggf.
untauglicher Versuch, weil B ohnehin so aussagen wollte?
Taunus84
29.3.2025, 22:46:35

Nadim Sarfraz
20.5.2025, 14:00:16
Lieber Rechtsanwalt B. Trüger, danke für Deine Nachfrage. Du und @Taunus84 liegt beide richtig: Da
§ 159 StGBauf § 30 Abs. 1 StGB verweist, müssen im Ergebnis die Wertungen für die
versuchte Anstiftungzu Grunde gelegt werden. Dieser ist auch dann strafbar, wenn der Täter den
Tatentschlussdes
omnimodo facturuszu einem Verbrechen (bzw. hier: zu einer Falschaussage) hervorrufen möchte. Wenn der Anstiftungsadressat bereits einen entsprechenden
Tatentschlussgefasst hatte (=
omnimodo facturus), liegt ein untauglicher, (gem. § 23 Abs. 3 StGB e contrario) strafbarer Versuch zur Anstiftung vor. Eine Straflosigkeit dieser Konstellation wurde in der Lit. tatsächlich diskutiert, allerdings weitgehend abgelehnt, da weder Wortlaut noch Telos eine entsprechende Einschränkung gebieten (vgl. Bosch/Schittenhelm in: Tübinger Kommentar zum StGB, § 159 Rn. 4 m.w.N.). In dieser Konstellation hat sich der Täter also auch gem. §§ 159, 153 iVm § 30 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Liebe Grüße, Nadim für das Jurafuchs-Team PS: Wenn Du
§ 159 StGBprüfst, würde ich nicht von "Verleiten" sprechen (das ist der Wortlaut, den der Gesetzgeber für § 160 Abs. 1 StGB gewählt hat). Da wir uns bei
§ 159 StGBprimär in der Materie der Anstiftung bewegen, wäre es präziser, die entsprechenden Termini zu übernehmen. Statt "Verleiten" würde ich vom "Bestimmen" oder dem "Hervorrufen des
Tatentschlusses" sprechen. Das ist aber wirklich nur eine feine Nuance! (:

Esther
27.3.2025, 11:51:51
Vielleicht wäre es hier gut, wenn im Sachverhalt nochmal explizit geschrieben wird, dass der T von einer
Bösgläubigkeit des F ausgeht - und generell finde ich die Abgrenzung von §§ 159, 160 StGB irgendwie schwierig, vielleicht könnten da die Erklärungen etwas ausführlicher und die Fragen kleinschrittiger sein? 🦊