Zivilrecht

Schadensrecht

Haftungsbeschränkungen

Verschuldensmodifikation? (auftragsähnliches Gefälligkeitsverhältnis)

Verschuldensmodifikation? (auftragsähnliches Gefälligkeitsverhältnis)

22. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

A verspricht dem Nachbarn B während B's Urlaub dessen Garten zu bewässern. Nachdem A den Garten bewässert, verschließt er den Schlauch an dessen Spitze, versäumt es aber leicht fahrlässig, die Wasserzufuhr zu dem Schlauch abzustellen. Der Schlauch platzt und verursacht einen erheblichen Wasserschaden im Haus. Der Wasserschaden ist von der Gebäudeversicherung des B gedeckt. A ist für Schäden bei Nachbarschaftshilfe und Gefälligkeitshandlungen privat haftpflichtversichert.

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Einordnung des Falls

Verschuldensmodifikation? (auftragsähnliches Gefälligkeitsverhältnis)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B hat gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Für einen Schadensersatzanspruch müsste ein Schuldverhältnis zwischen A und B bestehen. In Betracht kommt ein Auftrag (§ 662 BGB). Fraglich ist, ob A und B einen Vertrag geschlossen haben oder nur ein reines Gefälligkeitsverhältnis vorliegt. Die Abgrenzung erfolgt nach dem Rechtsbindungswillen der Beteiligten. Ein Rechtsbindungswille liegt vor, wenn bei den Beteiligten der Wille bestand, rechtsgeschäftliche Verpflichtungen einzugehen oder entgegenzunehmen. Ob ein Rechtsbindungswille vorliegt, richtet sich nach den Umstände des Einzelfalls, insbesondere Art und Grund der Zusage, ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Bedeutung, sowie nach der bestehenden Interessenlage.Hier wollte A dem B nur einen nachbarschaftlichen Freundschaftsdienst erweisen. Es bestanden auch keine erheblichen wirtschaftlichen oder rechtlichen Interessen an der Bewässerung des Gartens.
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2. A hat eine kausale und zurechenbare Rechtsgutsverletzung begangen (§ 823 Abs. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Das Haus steht im Eigentum des B. Eine Eigentumsverletzung ist (1) die Einwirkung auf die Sachsubstanz, (2) die Entziehung oder (3) Vorenthaltung der Sache oder (4) eine schwerwiegende Beeinträchtigungen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache.Indem A vergessen hat, die Wasserzufuhr abzustellen und dadurch der Wasserschaden am Haus entstand, hat A auf die Sachsubstanz des Hauses eingewirkt. A hat somit das Eigentum des B verletzt. Die Verletzungshandlung des A war auch kausal für die Eigentumsverletzung.

3. A hat den Wasserschaden am Haus fahrlässig verschuldet (§ 823 Abs. 1 BGB).

Ja!

Ein Verschulden liegt vor, wenn der Schädiger vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat (§ 823 Abs. 1 BGB in entsprechender Anwendung). Hier hat A leicht fahrlässig gehandelt. A könnte die Eigentumsverletzung nicht zu vertreten haben, wenn ihm ein gesetzlicher oder vertraglicher Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit zugute kommt.

4. Bei Gefälligkeitsverträgen ist der Haftungsmaßstab in der Regel beschränkt auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (§§ 521, 599, 690 BGB). Diese Haftungsbeschränkung ist im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB analog auf Gefälligkeitsverhältnisse anzuwenden.

Nein, das ist nicht der Fall!

e.A. (z.B. Medicus): Es bestehe ein allgemeiner Rechtsgedanke, nach dem bei Gefälligkeitsverträgen die vertraglichen Haftungsbeschränkungen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (§§ 521, 599) bzw. Haftung für eigenübliche Sorgfalt (diligentia quam in suis, § 690 BGB) analog angewendet werden. Dies entschärfe auch die oft schwierige Abgrenzung zwischen Vertrag und Gefälligkeitszusage. Der BGH: lehnt diese Gesamt-Analogie ab. Die Haftungsbeschränkungen könnten nicht allgemein auf Gefälligkeitsverhältnisse ausgedehnt werden. Dies ergebe sich schon daraus, dass auch bei einzelnen unentgeltlichen Gefälligkeitsverträgen, wie dem Auftrag (§ 662 BGB) keine Haftungsbeschränkung vorgesehen sei. Zudem könne, wer sich der vertraglichen Bindung entzieht (im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses) keine vertraglichen Privilegierungen in Anspruch nehmen. Dies führt dazu, dass A grundsätzlich voll aus § 823 BGB haftet.

5. A und B haben einen stillschweigenden Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit vereinbart.

Nein, das trifft nicht zu!

BGH: Um unbillige Ergebnisse zu vermeiden, sei teilweise von einem stillschweigenden Haftungsausschluss im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157, 242 BGB) auszugehen. Voraussetzung ist, dass der Schädiger, wäre die Rechtslage vorher besprochen worden, einen Haftungsverzicht gefordert und sich der Geschädigte dem ausdrücklichen Ansinnen einer solchen Abmachung billigerweise nicht hätte versagen dürfen. An diesen Voraussetzungen fehle es, wenn der Schädiger gegen Haftpflicht versichert sei. Eine Haftungsbeschränkung, die nicht den Schädiger, sondern den Haftpflichtversicherer entlastet, entspreche in der Regel nicht dem Willen der Beteiligten.Der Wasserschaden ist von der Gebäudeversicherung gedeckt. Da die Versicherung des A einstandspflichtig ist, ist ein stillschweigender Haftungsausschluss abzulehnen. B hat einen Anspruch gegen A aus § 823 Abs. 1 BGB.
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