Grundfall
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Pferdefan P engagiert Jockey J für ein anstehendes Reitturnier. Im Finale überanstrengt J das Rennpferd Rudi – gegen das ausdrückliche Verbot des P. Rudi wird dadurch Erster, stirbt aber gleich hinter der Ziellinie. P gewinnt so die Siegprämie in Höhe von €5.000. Rudi hatte aber einen Wert von €10.000.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Betrachtet man nur das Pferd selbst, ist P ein Vermögensschaden in Höhe von €10.000 entstanden.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Bei strenger Anwendung der Differenzhypothese wäre auch der Vermögensvorteil durch die Siegprämie schadensmindernd zu berücksichtigen.
Ja, in der Tat!
3. Vorteile, die der Geschädigte infolge des schädigenden Ereignisses erlangt, sind stets schadensmindernd zu berücksichtigen.
Nein!
4. P muss sich die Siegprämie schadensmindernd anrechnen lassen.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
GingerCharme
30.6.2022, 15:03:12
Wann könnte man eine Unzumutbarkeit für den Geschädigten denn annehmen? Wenn der Jockey z.B. aus reiner "Gehässigkeit" das geliebte Tier der P zu Tode reiten wollte, es ihm also auch, oder primär um die Schadenszufügung ging und die Erlangung des Sieges nur Nebensache war?
Lukas_Mengestu
1.7.2022, 10:32:46
Hallo GingerCharme, das Gesetz enthält im Hinblick auf die Vorteilsausgleichung leider keine allgemeine Regelung, sondern lediglich einige Einzelbestimmungen (zB §§ 642 Abs. 2, 843 Abs. 4 BGB). Der Rechtsgedanke der Vorteilsausgleichung wird insofern primär aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitet (Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 26 RdNr. 15). Vor diesem Hintergrund könnte man in der von Dir skizzierten Abwandlung durchaus vertreten, dass es dem Geschädigten unzumutbar ist, das Preisgeld anzurechnen bzw. eine unbillige Entlastung des Schädigers darstellt, wenn es ihm hier primär um eine Schädigung des P geht. Denn Zweck des Schadensrechts ist es grundsätzlich, den Schädiger von der Schädigung abzuhalten. Dem sei letztlich auch die Vorteilsausgleichung untergeordnet (so Cantzler, Vorteilsausgleichung beim Schadensersatzanspruch, ACP 1958, 29, 49 = https://www.jstor.org/stable/40993563). Dem würde es aber entgegenstehen, wenn der Schädiger die Schädigung in dem Wissen vornehmen kann, dass sie für ihn letztlich aufgrund der Vorteilsausgleichung billiger wird. Wie immer im Bereich des § 242 BGB ist dieses Ergebnis aber letztlich nicht zwingend. In der Klausur wirst Du insoweit primär auf die in der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen stoßen. Ein Fall der Unzumutbarkeit/unbilligen Entlastung sind zB eigene überobligatorische Leistungen des Geschädigten zur Minderung des Schadens (zB zusätzliche Wochenend- und Freizeitarbeiten des selbstständigen Unternehmers, um krankenhausbedingte Abwesenheiten zu kompensieren). Ich hoffe, dadurch wird es nun etwas klarer :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
GingerCharme
1.7.2022, 10:50:36
Mit der Fallgruppe und unter: "sich vor Augen führen", welche Ergebnisse vermieden werden sollen, wird es plastischer - Danke! 😊
Sophiechen.2002
12.7.2024, 17:08:21
Inwiefern könnte man denn in Betracht ziehen, weitere Schadensersatzansprüche für eventuelle zukünftige Gewinne des Rennpferdes zu prüfen? Oder wird darauf lediglich im Sachverhalt verzichtet, weil dafür konkrete Anhaltspunkte fehlen?
Geldhatmanzuhaben
7.8.2024, 14:02:59
Hierfür dürfte as an der hinreichenden Wahrscheinlichkeit iSd. § 252 S. 1 BGB fehlen, da der Ausgang eines Pferderennens ungewiss ist und damit eventuelle Siegprämien nicht „nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge“ anfallen würden.
Diaa
10.9.2024, 14:34:17
Bei der Subsumtion zur zweiten Frage sollte es glaube ich P anstatt R stehen "Hypothetisch hätte R €10.000, aber keine Prämie. Real hat er €5.000, aber kein Pferd. Sein Vermögen ist also insgesamt nicht um €10.000, sondern unter Berücksichtigung des Vermögensvorteils nur um €5.000 gemindert."
Linne_Karlotta_
6.11.2024, 17:11:58
Hallo Diaa, vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team