Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Rücktritt

Entbehrlichkeit der Frist aufgrung besonderer Umstände – § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB (Arglist)

Entbehrlichkeit der Frist aufgrung besonderer Umstände – § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB (Arglist)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von V einen Wallach (=männliches, kastriertes Pferd), um diesen als Dressurpferd einzusetzen. V verschweigt K bewusst, dass der Wallach lediglich teilweise kastriert und damit mangelhaft ist. Als K dies später bemerkt, verlangt sie ihr Geld zurück.

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Einordnung des Falls

Entbehrlichkeit der Frist aufgrung besonderer Umstände – § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB (Arglist)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K kann ihr Geld zurückverlangen, wenn die Voraussetzungen des Rücktritts vorliegen (§ 346 Abs. 1 BGB).

Ja!

Durch den wirksamen Rücktritt wird der ursprüngliche Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt und die Parteien müssen die jeweils empfangenen Leistungen und Nutzungen zurückgewähren (§ 346 Abs. 1 BGB). Ein wirksamer Rücktritt setzt (1) eine Rücktrittserklärung und (2) einen Rücktrittsgrund voraus. (3) Zudem darf der Rücktritt nicht ausgeschlossen sein.Auch bei Kaufverträgen ergibt sich der Rückgewähranspruch direkt aus § 346 Abs. 1 BGB.
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2. K hat den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.

Genau, so ist das!

Der Rücktritt erfordert nach § 349 BGB eine Erklärung gegenüber dem anderen Teil (=Rücktrittserklärung). Hierbei handelt es sich um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärungen, die nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) auszulegen ist.Ausdrücklich hat K den Rücktritt nicht erklärt. Indem sie den gezahlten Kaufpreis zurückforderte, hat sie aber konkludent zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht mehr an dem Vertrag festhalten und diesen rückabwickeln wolle.

3. Da der Wallach mangelhaft ist, könnte K ein gesetzliches Rücktrittsrecht zustehen (§§ 437 Nr. 2, 323 BGB).

Ja, in der Tat!

Ist die Sache bei Gefahrübergang mangelhaft, steht dem Käufer unter den Voraussetzungen der §§ 440, 323, 326 Abs. 5 BGB ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu (§ 437 Nr. 2 BGB). Das Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 BGB setzt dabei voraus, dass der Käufer eine fruchtlos abgelaufene Frist gesetzt hat oder die Fristsetzung entbehrlich ist.Der Mangel besteht hier schon auf ein Abweichen von der subjektiv vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB nF).

4. Bevor K zurücktreten kann, muss sie V die Gelegenheit geben, durch die vollständige Kastration des Wallachs nachzuerfüllen.

Nein!

Die Pflicht zur Nachfristsetzung entfällt bei nicht vertragsgemäßer Leistung, wenn aufgrund besonderer Umstände der sofortige Rücktritt gerechtfertigt ist (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Solche Umstände liegen jedenfalls vor, wenn der Verkäufer dem Käufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat. Denn hierdurch wird die für die Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage beschädigt. Zudem verdient der Verkäufer hier keine zweite Chance, da er bereits vor Vertragsschluss den Mangel hätte beseitigen können. V hat K den Mangel bewusst verschwiegen und insoweit arglistig gehandelt. Somit musste K keine Nachfrist setzen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Burumar🐸

Burumar🐸

16.2.2023, 14:32:48

Sehr gelungene Zeichnung :D

CR7

CR7

9.3.2023, 22:17:42

Warum muss man

326 V

mitzitieren? Die

Leistungspflicht

ist ja nicht unmöglich.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

16.3.2023, 11:05:18

Hi F.A., wenn Du nicht auf §

326 V

BGB abstellst, nimmst Du dies in der Tat auch nicht in die Anspruchskette auf. In dem abstrakten Maßstab waren nur verschiedene Rücktrittsvoraussetzungen mit aufgeführt (neben § 323 BGB eben auch

§ 440 BGB

und §

326 V

BGB, die hier aber keine Rolle spielen). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

HGWrepresent

HGWrepresent

17.3.2024, 20:06:55

sollte nicht eher von Nacherfüllung die Rede sein?

Paulah

Paulah

22.3.2024, 22:22:34

Nach den Ausführungen in der Aufgabe kommt eine Nacherfüllung nicht in Betracht, weil der Mangel arglistig verschwiegen wurde und damit die für die Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage beschädigt ist. Deshalb erübrigt sich nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB die Nachfristsetzung.

HGWrepresent

HGWrepresent

23.3.2024, 10:58:47

Ja, genau. Deswegen meinte ich, dass die Pflicht zur Nacherfüllung entfällt. Nachfristsetzung kam mir als Begriff merkwürdig vor, Aber da habe ich mich geirrt.


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