Haftung für eigenes Verschulden III - Fahrlässigkeit 2

23. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Konditorgeselle K ist endlich fertig mit seiner Ausbildung. Auf Tik Tok prahlt er über seine Fähigkeiten, weswegen das Hochzeitspaar H bei ihm seine Hochzeitssahnetorte bestellt. K hat das noch nie gemacht und kühlt diese fehlerhaft. Hierdurch entstehen Krankheitserreger, mit denen sich H und ihre Gäste infizieren.

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Einordnung des Falls

Haftung für eigenes Verschulden III - Fahrlässigkeit 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zwischen K und H besteht ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis in Form eines Werklieferungsvertrag (§ 650 BGB).

Ja!

Zur Begründung eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses ist grundsätzlich ein Vertrag zwischen den Beteiligten notwendig (§ 311 Abs. 1 BGB). Beim Werklieferungsvertrag ist der Unternehmer verpflichtet, dem Besteller die herzustellende oder zu erzeugende bewegliche Sache zu liefern. K und H haben sich geeinigt, dass K für H die Hochzeitstorte herstellt. Auf Werklieferungsverträge finden die Regeln des Kaufrechts Anwendung (§ 650 Abs. 1 S. 1 BGB).
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2. K hat seine vertraglich geschuldete Pflicht ordnungsgemäß erfüllt, indem er eine mangelhafte Torte geliefert hat (§ 434 Abs. 1, 3 S. 1 Nr. 2 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Werklieferant schuldet die Herstellung einer mangelfreien Sache. Die Sache ist unter anderem mangelhaft, wenn sie nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann (§ 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB. Die „Üblichkeit“ beurteilt sich nach der Verkehrsanschauung. Das Hochzeitspaar konnte erwarten, dass die Torte auch ohne gesundheitliche Beeinträchtigung unbedenklich verzehrt werden kann. Vorliegend hatte K die Torte dagegen mit Erregern geliefert, die zur Erkrankung der Hochzeitsgesellschaft führten. Somit liegt eine mangelhafte Leistung und damit eine Pflichtverletzung vor.

3. Für eine Schadensersatzpflicht muss der Schuldner die Pflichtverletzung auch zu vertreten haben.

Ja, in der Tat!

Neben der Pflichtverletzung setzt die Schadensersatzpflicht stets voraus, dass der Schuldner diese auch zu vertreten hat. Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 276 Abs. 1 BGB), wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist . Das Merkmal „Vertretenmüssen“ ist das entscheidende Kriterium, das den Schadensersatz vom Rücktritt unterscheidet. Denn ein Rücktritt ist auch ohne das Erfordernis des „Vertretenmüssens“ möglich.

4. K hat die Torte vorsätzlich mangelhaft geliefert.

Nein!

Vorsatz ist das Wissen und Wollen der Verwirklichung des objektiven Tatbestands. K hat zum ersten Mal eine Hochzeitstorte gebacken und diese lediglich versehentlich falsch gekühlt. Ihm war nicht bewusst, dass die Torte infolgedessen Krankheitserreger enthielt.

5. K müsste im Hinblick auf den Mangel wenigstens fahrlässig gehandelt haben, damit er ihn zu vertreten hat.

Genau, so ist das!

Vertretenmüssen setzt grundsätzlich voraus, dass der Schuldner wenigstens fahrlässig gehandelt hat (§ 276 Abs. 1 BGB). Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Schuldner die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Die drohende Verwirklichung der Pflichtverletzung muss erkennbar und vermeidbar gewesen sein.

6. Da K zum ersten Mal eine Hochzeitstorte gebacken hat, hat er sich mit der fehlerhaften Kühlung nicht fahrlässig verhalten.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Maßstab der Sorgfalt bestimmt sich objektiv nach den Fähigkeiten eines durchschnittlichen Angehörigen des betreffenden Verkehrskreises. Individuelle Defizite des konkreten Schuldners bleiben außer Betracht. Der Durchschnittskonditor weiß, dass Sahnetorten kühl gelagert werden müssen, um der Verbreitung von Krankheitserregern vorzubeugen. K handelte in Bezug auf den Mangel somit fahrlässig. Die Sorgfaltsanforderungen im Zivilrecht sind somit strenger als im Strafrecht, wo es auf der Ebene der Schuld auch auf die subjektive Erkennbarkeit und Vorhersehbarkeit ankommt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Anwalp

Anwalp

15.11.2022, 20:57:31

Der Bruder ganz rechts hat einfach ein Würfel ausgekotzt

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.11.2022, 14:39:43

Sollte man einfach nicht schlucken ;-)

CR7

CR7

20.8.2024, 16:22:26

😂😂😂

CAS

Captain Stupid

7.11.2024, 07:38:14

Erinnert mich an die alten WERNER Comics... 🤣👏🏽👏🏽

Melissa

Melissa

18.11.2022, 14:30:57

Das Bild ist echt super! Hat mich zum Lachen gebracht:)

Nora Mommsen

Nora Mommsen

5.12.2022, 14:14:20

Hallo Melissa, danke für das tolle Feedback! Wir hoffen es hilft beim Behalten der Materie :) Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

ll373

ll373

14.12.2022, 02:53:21

Ich fand ja eure Zeichnungen davor schon umwerfend, aber diese ist einfach die beste mit Abstand😂

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

14.12.2022, 09:32:42

Lieben Dank, OmikronWolf! Das gebe ich gerne an unseren Illustrator weiter :-)

REUS04

Reus04

17.6.2023, 16:19:20

Aus welchen Vorschriften ergibt sich der Schadensersatz? §§437, 434 III 1 Nr. 2, 280 I, 241 II BGB? Bin mir unsicher ob er seiner

Leistungspflicht

oder Schutzpflicht nicht nachgekommen ist.

Sambajamba10

Sambajamba10

17.6.2023, 18:32:10

Leistungspflicht

. Er hat ja eine mangelhafte Torte geliefert (Mangelschaden)

Nora Mommsen

Nora Mommsen

26.6.2023, 12:13:02

Hallo Reus04, verletzt wurde eine

Leistungspflicht

. Es liegt aber ein Werkvertrag vor, daher ist das Kaufrecht nicht die richtige Anspruchsgrundlage. Der Anspruch ergibt sich aus §§ 634 Nr. 4, 280 I, III, 281 BGB. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Jannik Domnick

Jannik Domnick

5.7.2023, 14:34:31

Liegt hier nicht ein

Werklieferungsvertrag

vor, sodass die Vorschriften aus dem Kauf Anwendung finden ?

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

9.8.2023, 16:34:48

Ja, die AGL von Reus04 war schon richtig. Man könnte noch § 650 I 1 BGB dazu zitieren, um klar zu machen, dass ein

Werklieferungsvertrag

vorliegt.

HannaHaas

HannaHaas

7.2.2024, 13:50:27

Was wären hier die einschlägigen Schadensersatzansprüche? Ich hätte einmal wegen Lieferung einer mangelhaften Torte den SE aus §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB geprüft aber auch wegen den SE aus §§ 437 Nr. 3, 280 I, 241 II BGB (als

Mangelfolgeschaden

hinsichtlich der Infizierung der Gäste) Ist das richtig so?

LUC1502

luc1502

1.6.2024, 23:08:39

Also wenn es nur um die Gesundheitsschäden geht, dann hätte man, wie du sagst, auf jeden Fall den

Mangelfolgeschaden

und man müsste hier noch an den 823 I, 823 II iVm

§229 StGB

denken. LG


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