Gegenleistungspflicht bei Annahmeverzug, § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB


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T kauft bei V 20 Trikots der Marke "Hattrick". V soll diese am nächsten Tag um 11 Uhr zu T bringen. Als V pünktlich liefert, ist T nicht da. Auf der Rückfahrt werden die Trikots ohne Vs Verschulden zerstört.

Einordnung des Falls

Gegenleistungspflicht bei Annahmeverzug, § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V hat sich verpflichtet, T die Trikots zu übergeben und zu übereignen (§ 433 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Bei Abschluss eines Kaufvertrages ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 BGB). Ist eine Bringschuld vereinbart, liegt der Leistungsort beim Gläubiger. Der Schuldner ist dann verpflichtet, dem Gläubiger die ausgewählte Sache an dessen Wohnsitz tatsächlich anzubieten. T und V haben einen Kaufvertrag über die 20 "Hattrick" Trikots abgeschlossen. Als Leistungsort haben sie die Wohnung der T vereinbart.

2. V ist verpflichtet, die Trikots nochmal zu liefern.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Leistungspflicht des Schuldners ist ausgeschlossen, wenn die Leistungserbringung unmöglich geworden ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Bei Gattungsschulden tritt Unmöglichkeit jedenfalls dann ein, wenn der Schuldner alles zu seiner Leistung Erforderliche getan und die Leistung konkretisiert hat (§ 243 Abs. 2 BGB).Indem T die Trikots zur vereinbarten Zeit nach Hause brachte, hat er alles zur Leistung erforderliche getan. Die ursprüngliche Gattungsschuld hatte sich insoweit konkretisiert. Da die T-Shirts erst im Anschluss untergingen, ist die Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.Einzelheiten hierzu findest Du: hier!

3. Sofern die Leistungspflicht des Schuldners wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen ist, entfällt immer auch die Pflicht des Gläubigers, die Gegenleistung zu erbringen.

Nein!

Grundsätzlich geht mit dem Entfall der Leistungspflicht auch der Anspruch auf die Gegenleistung unter (§ 326 Abs. 1 BGB). Ausnahmen hiervon regelt § 326 Abs, 2, 3 BGB. So bleibt die Gegenleistungspflicht erhalten, wenn sich der Gläubiger im Annahmeverzug befindet und der Schuldner die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat (§ 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB). Gläubigerverzug liegt vor, wenn (1) die (mögliche) Leistung erfüllbar ist, (2) der Schuldner die Leistung ordnungsgemäß angeboten hat und (3) der Gläubiger die Leistung nicht angenommen hat.

4. Als V die Trikots zu T lieferte, war Vs Leistung möglich und erfüllbar.

Genau, so ist das!

Solange die Leistungspflicht nicht wegen Unmöglichkeit nach § 275 BGB ausgeschlossen ist, ist die Leistung möglich. Erfüllbar ist sie, sobald der Schuldner berechtigt ist, die Leistung zu erbringen.Zum Zeitpunkt der Lieferung war es V noch möglich, zu leisten. Da sie als Lieferzeit 11 Uhr vereinbart hatten, war die Forderung jedenfalls ab diesem Zeitpunkt erfüllbar.Sofern man hier lediglich eine Fälligkeitsabrede annimt, so wäre die Forderung sofort, also auch schon vor 11 Uhr, erfüllbar gewesen (§ 271 BGB).

5. V hat T die Trikots ordnungsgemäß angeboten.

Ja, in der Tat!

Ein ordnungsgemäßes Angebot liegt grundsätzlich vor, wenn der Schuldner die Leistung so, wie sie zu bewirken ist, dem Gläubiger tatsächlich anbietet (tatsächliches Angebot, § 294 BGB). Wie bei der Erfüllung muss die Leistung also in der richtigen Weise, am richtigen Ort und zur richtigen Zeit erbracht werden.V hat die mangelfreien T-Shirts wie vereinbart um 11 Uhr zu T nach Hause gebracht. Hat der Gläubiger bereits im Vorfeld die Annahme verweigert oder ist seine Mitwirkungshandlung vonnöten, so genügt zunächst auch ein wörtliches Angebot (§ 295 BGB).

6. Da T die Trikots nicht angenommen hat, befand er sich im Gläubigerverzug.

Ja!

Liegt ein ordnungsgemäßes Angebot vor, so kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die Leistung nicht angenommen oder die Mitwirkungshandlung nicht vorgenommen hat. Ausnahmsweise tritt bei bloß vorübergehender Annahmeverhinderung Verzug nicht ein, wenn die Leistungszeit nicht bestimmt ist oder der Schuldner die Leistung vor der bestimmten Zeit erbringen darf (§ 299 BGB).Da T und V sich auf Lieferung um 11 Uhr geeinigt haben und T die T-Shirts nicht abgenommen hat, befand sich T im Annahmeverzug.

7. T ist verpflichtet, V den Kaufpreis für die zerstörten Trikots zu zahlen.

Genau, so ist das!

Ist die Leistungspflicht wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen, so bleibt die Gegenleistungspflicht dennoch erhalten, wenn sich (1) der Gläubiger im Annahmeverzug befindet und (2) der Schuldner die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat (§ 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB). T befand sich im Annahmeverzug und die Trikots sind ohne Verschulden des V zerstört worden.

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_Andor_

_Andor_

2.5.2024, 09:59:09

In diesem Fall zwar nicht weiter relevant, aber es könnte in einem Infokasten angemerkt werden, dass sich der Nicht-Annehmende mit Blick auf seine Pflicht aus § 433 II a.E. zugleich im Schuldnerverzug befand, wenn man die Liefervereinbarung unter § 286 II Nr. 1 subsumiert.


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