Haftungsmilderung

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T kauft bei V 20 Trikots der Marke "Hattrick". V soll diese am nächsten Tag um 11 Uhr zu T bringen. Als V pünktlich liefert, ist T nicht da. Auf der Rückfahrt kommt es durch einen leichten Fahrfehler zu einem Unfall, bei dem die Trikots zerstört werden. T besorgt Ersatz-Trikots, die €200 mehr kosten.

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Einordnung des Falls

Haftungsmilderung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T könnte die Mehrkosten für die Ersatz-Trikots von V verlangen, wenn die Voraussetzungen des Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB vorliegen.

Ja, in der Tat!

Im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit richtet sich der Anspruch nach §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB. Dieser setzt voraus: (1) Schuldverhältnis, (2) Nichtleistung aufgrund von Unmöglichkeit (=Pflichtverletzung), (3) Vertretenmüssen des Schuldners, (4) Schaden.Sofern in der Klausur zuvor bereits nach der Primärleistung gefragt wurde, genügt es, beim Schadensersatz das Schuldverhältnis und die Unmöglichkeit kurz festzustellen und dabei auf die vorangegangene Prüfung zu verweisen.
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2. Da es sich bei den Trikots um eine Gattungsschuld handelt, muss V die Trikots nochmal liefern.

Nein!

Die Leistungspflicht des Schuldners ist ausgeschlossen, wenn die Leistungserbringung unmöglich geworden ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Bei Gattungsschulden tritt Unmöglichkeit jedenfalls dann ein, wenn der Schuldner alles zu seiner Leistung Erforderliche getan und die Leistung konkretisiert hat (§ 243 Abs. 2 BGB).Indem V die Trikots zur vereinbarten Zeit zu T nach Hause gebracht hat, hat er alles zur Leistung Erforderliche getan. Die ursprüngliche Gattungsschuld hat sich insoweit konkretisiert. Da die Trikots erst im Anschluss untergegangen sind, ist die Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.Einzelheiten hierzu findest Du: hier!

3. Auch wenn sich T im Gläubigerverzug befindet, haftet V bereits für einfache Fahrlässigkeit.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Schuldner hat Vorsatz und einfache Fahrlässigkeit zu vertreten, sofern keine Haftungsmilderungen oder Verschärfungen bestehen (§ 276 BGB). Zugunsten des Schuldners wird seine Haftung aber in Fällen des Annahmeverzuges des Gläubigers auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt (§ 300 Abs. 1 BGB).

4. T befindet sich im Gläubigerverzug (§ 293 ff. BGB).

Ja, in der Tat!

Gläubigerverzug liegt vor, wenn (1) die (mögliche) Leistung erfüllbar ist, (2) der Schuldner die Leistung ordnungsgemäß angeboten hat und (3) der Gläubiger die Leistung nicht angenommen hat.Vs Leistung war spätestens um 11 Uhr erfüllbar und zu diesem Zeitpunkt noch möglich. V hat die Leistung wie geschuldet um 11 Uhr bei T tatsächlich angeboten (§ 294 BGB) und T hat die Leistung nicht angenommen.

5. V hat den Unfall grob fahrlässig verursacht.

Nein!

Unter grober Fahrlässigkeit versteht man die Außerachtlassung der verkehrserforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem, ungewöhnlich hohem Maß. Dies liegt vor, wenn einfachste ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und dasjenige unbeachtet bleibt, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten muss.Ein leichter Fahrfehler im Straßenverkehr kann auch einem aufmerksamen Autofahrer jederzeit unterlaufen. Insofern ist die Schwelle zur groben Fahrlässigkeit nicht überschritten.

6. T kann von V Ersatz der Mehrkosten von €200 nach §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB verlangen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit richtet sich der Anspruch nach §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB. Dieser setzt voraus: (1) Schuldverhältnis, (2) Nichtleistung aufgrund von Unmöglichkeit (=Pflichtverletzung), (3) Vertretenmüssen des Schuldners, (4) Schaden.Da V den Untergang der Trikots nicht zu vertreten hat, liegen die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches nicht vor.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

QUIG

QuiGonTim

10.3.2024, 16:49:59

Nochmal zur Klastellung: Zum Gläubigerverzug komme ich im Rahmen der Schadenersatzprüfung unter „Vertretenmüssen“, indem ich prüfe ob der Haftungsmaßstab des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB durch § 300 Abs. 1 BGB zugunsten des Schuldners eingeschränkt wurde. Richtig?

CR7

CR7

28.5.2024, 12:47:35

Also ich habe es immer so verstanden: T → V, Ersatz der Mehrkosten in Höhe von 200 EUR, 280 I, III, 283 I. SV + II. Pflichtverletzung (Nachträgliche Unmöglichkeit des

Leistungspflicht

) III. Vertretenmüssen Fraglich ist, ob V die nachträgliche Unmöglichkeit der

Leistungspflicht

zu vertreten hat. Grundsätzlich wird das Vertretenmüssen nach 280 I. S. 2 BGB widerleglich vermutet. Gem. 276 ff. BGB hat der Schuldner

Vorsatz

und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn (Ausnahme aufzählen). 1. Möglicherweise könnte zugunsten des V eine

Haftungsprivilegierung

aus 300 I BGB greifen. Dies ist der Fall, wenn sich der T im Annahmeverzug befand. Dazu müsste V dem T eine Leistung angeboten haben, diese müsste erfüllbar und auch möglich gewesen sein. a) - d)(Dann Voraussetzungen Annahmeverzug) 2. Damit greift zugunsten des V die

Haftungsprivilegierung

aus 300 I BGB. V hat die nachträgliche Unmöglichkeit nicht zu vertreten. IV. ZE: T kann nicht Ersatz der Mehrkosten verlangen. Verwirrend sind halt die Inzidentprüfungen…

LS2024

LS2024

29.5.2024, 15:40:03

Wieso wird hier nicht § 300 II BGB genannt? Der ist doch einschlägig und lex specialis.


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