Aufrechnungslage: Fehlende Gegenseitigkeit

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A schuldet B €100 für eine Kaffeemühle. B schuldet C €100 für ein Wärmekissen. C schuldet A €100 für eine Yucca-Palme.

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Einordnung des Falls

Aufrechnungslage: Fehlende Gegenseitigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Alle drei haben einen Anspruch auf den vereinbarten Kaufpreis (§ 433 Abs. 2 BGB).

Ja!

Bei Abschluss eines Kaufvertrages ist der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen (§ 433 Abs. 2 BGB). A hat C eine Yucca-Palme verkauft, C an B ein Wärmekissen und B an A eine Kaffeemühle. Entsprechend steht ihnen allesamt ein Zahlungsanspruch zu.
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2. Bs Anspruch ist erloschen, wenn die Voraussetzungen für eine Aufrechnung durch A vorliegen (§ 389 BGB).

Genau, so ist das!

Die Aufrechnung setzt eine Aufrechnungslage (§§ 387, 390 BGB) und eine Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB) voraus. Zudem darf die Aufrechnung nicht ausgeschlossen sein (§§ 392-394 BGB).

3. A steht eine gegenseitige Forderung gegen B zu.

Nein, das trifft nicht zu!

Forderungen sind gegenseitig, wenn jede Partei zugleich Schuldner und Gläubiger der anderen ist. A steht ein Zahlungsanspruch nur gegen C, nicht aber gegen B zu. Somit fehlt es an einer gegenseitigen Forderung. Aufrechnung trotz fehlender Gegenseitigkeit ist in bestimmten gesetzlich geregelten Ausnahmefällen möglich. Dabei gibt es Fälle, in denen der Gegner nicht mehr Inhaber der Hauptforderung ist (zB Zedent einer abgetretenen Forderung, § 407 BGB) oder solche, in denen die die Gegenforderung eigentlich nicht gegen ihn gerichtet ist (zB Empfänger einer abgetretenen Forderung (§ 407 BGB) oder neuer Vermieter (§ 566d BGB)).

4. C kann mit seiner Forderung gegenüber B aufrechnen, um damit As Schuld zu begleichen (§ 267 Abs. 1 BGB).

Nein!

Leistet ein Dritter für den Schuldner, so muss dieser die geschuldete Leistung und nicht nur ein Erfüllungssurrogat erbringen.Im Verhältnis B und C fehlt es an einer gegenseitigen Forderung, da B gegen C kein Anspruch zusteht. C kann seine Forderung nicht nutzen, um A zu Hilfe zu eilen. Denn eine solche Ersatzleistung wird von § 267 Abs. 1 BGB nicht umfasst. Will er As Schulden für die Kaffemühle übernehmen, so muss er das Geld entrichten. Anders, wenn dem Dritten ein Ablösungsrecht zusteht (§ 268 Abs. 2 BGB). Er kann hier aufrechnen, obwohl die Hauptforderung nicht gegen ihn gerichtet ist (ebenso bei §§ 1142 Abs. 2, 1150, 1249 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CH1RON

CH1RON

19.4.2022, 22:38:48

Da sich eine Aufrechnungserklärung aus dem (sehr knappen) SV nicht herauslesen lässt, kommt eine Aufrechnung des A gegenüber B bei Frage 2 (entgegen der hier angezeigten Lösung) gerade nicht in Betracht! Die „Lösung“ spricht zwar an, dass eine Aufrechnungserklärung vorliegen muss, lässt aber völlig offen, worin diese hier liegen könnte.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

20.4.2022, 16:21:19

Hallo CH1RON, bei der Frage geht es zunächst nur darum in die Prüfung einzusteigen. Hier scheitert die Aufrechnung nicht nur an der fehlenden Erklärung, sondern eben auch an einer Aufrechnungslage auf die im Folgenden eingegangen wird. Wir haben die Frage aber zur Klarstellung nun etwas umformuliert. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

CH1RON

CH1RON

20.4.2022, 16:58:09

Wunderbar, vielen Dank! Gerade für Einsteiger könnte es frustrierend sein, beim (eher offensichtlichen) Einstiegsfall unnötig falsch abzubiegen ;)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

20.4.2022, 17:04:37

Das wollen wir natürlich nach Möglichkeit vermeiden :-)

QUIG

QuiGonTim

19.7.2022, 09:18:27

Ich wäre hier eher bei der Gleichartigkeit ausgestiegen, denn den Ansprüchen auf Kaufpreiszahlung stehen jeweils gegenseitige Ansprüche auf Übergabe und

Übereignung

gegenüber.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

9.8.2022, 11:14:53

Hallo QuiGonTim, das ist richtig, nur vom anderen Ende gedacht als die Aufgabe. Es bestehen zwar unterschiedliche Kaufpreisforderungen, aber eben nicht in gegenseitigen Verhältnissen. Wollte man in den einzelnen Beziehungen A-B, A-C, B-C prüfen scheiterte es an der Gleichartigkeit der Forderungen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

AN

Angelo

7.12.2023, 20:17:50

In der zweiten Frage steht, dass die Forderung erlischt, wenn die Aufrechnungsvoraussetzungen gegeben sind. Aber das stimmt doch gar nicht — Voraussetzungen genügen doch nicht, es benötigt eine Erklärung (von der im Sachverhalt nichts steht), oder?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

8.12.2023, 11:17:08

Hallo Angelo, danke für deine Frage. Du hast Recht, dass eine Aufrechnungserklärung vorliegen muss, denn bei einer Aufrechnung handelt es sich um ein Gestaltungsrecht. Allerdings ist diese Erklärung eben eine der Voraussetzungen. Das was du vermutlich im Kopf hattest bei deiner Frage, die sogenannte Aufrechnungslage alleine reicht nicht aus. Dies ergibt sich im Detail auch aus der Erläuterung zu der entsprechenden Frage. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

DerChristoph

DerChristoph

2.1.2024, 14:33:52

Hallo Nora, ich finde, Angelo hat hier Recht. Ich hatte die entsprechende Frage wegen der Formulierung auch zunächst "falsch" beantwortet. Die Forderung erlischt ja gerade nicht DURCH eine Aufrechnungslage, sondern lediglich durch die Aufrechnungserklärung. Dass für eine (wirksame) Aufrechnungserklärung natürlich eine Aufrechnungslage vorliegen muss, stimmt natürlich, dies fragt ihr hier aber dem Wortlaut nach nicht. Bitte prüft noch mal, ob das nicht umformuliert werden könnte.

Kai

Kai

2.1.2024, 22:00:46

Kann ich bestätigen, ich habe diese Frage auch gerade falsch beantwortet. In den Aufgaben davor wird ausführlich behandelt, dass die Forderung nicht durch das Bestehen der Aufrechnungslage erlischt, sondern die Aufklärung auch erklärt werden muss und kein Ausschluss vorliegen darf. Da ist die gewählte Formulierung in der zweiten Frage dieser Aufgabe irreführend und verleitet gerade dazu, falsch zu antworten ("iSv Fangfrage, die Aufrechnungslage allein reicht nicht). Wäre super, wenn ihr die Frage anders stellen könntet.

JI

jingerale

6.2.2024, 19:30:46

Kann mich den Vorredner*innen nur anschließen, ich habe diese Frage auch aus demselben Grund gerade falsch beantwortet...

L

L

28.1.2024, 00:54:29

Der Anspruch ist nicht erloschen, wenn eine Aufrechnungslage besteht, sondern wenn auch noch eine Aufrechnungserklärung abgegeben wird. Sonst wird bei Jurafuchs auf solche Details in den Fragen geachtet, deswegen müsste man hier auch genauer sein

TI

Timurso

28.1.2024, 02:54:18

Frage ist bei mir, ob die Ansprüche nach § 433 BGB bestehen. Falls du Frage 2 meinst: Auch hier ist es nicht ungenau, da nicht nach der Aufrechnungslage gefragt wird, sondern nach den Voraussetzungen der Aufrechnung. In der Erklärung steht dann, sass dazu auch die Aufrechnungserklärung gehört.


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