Vorhaltekosten

25. Januar 2025

9 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T hat 20 Taxis für seine 20 Fahrer. Außerdem hält er ein angemeldetes Reservetaxi, um bei einem Unfall keine Gewinnausfälle zu erleiden. A beschädigt fahrlässig ein Taxi des T. Für die Zeit der Reparatur verlangt T von A anteilig €200 für die „Vorhaltung“ des Reservetaxis (Abschreibung, Steuern, Instandhaltung).

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Einordnung des Falls

Vorhaltekosten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Vorhaltekosten sind ein durch den Unfall kausal entstandener Schaden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach der Differenzhypothese wird die tatsächlich eingetretene Lage (realer Zustand) mit der hypothetischen Lage verglichen, die ohne das haftungsbegründende Ereignis eingetreten wäre (hypothetischer Zustand). Es findet also eine Gesamtprüfung der äquivalenten Kausalität statt. Allgemeine Vorhaltekosten sind grundsätzlich nicht ersetzbar, weil sie nicht durch das konkrete haftungsbegründende Ereignis veranlasst worden sind. Auch wenn A nicht das Taxi beschädigt hätte, wären die Vorhaltekosten angefallen.
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2. Trotz eigentlich fehlender Kausalität können allgemeine Vorhaltekosten für Ersatzfahrzeuge ersetzbar sein.

Ja, in der Tat!

Nach Ansicht der Rechtsprechung handelt es sich ausnahmsweise doch um einen kausal entstanden Schaden, wenn der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall ein Ersatzfahrzeug einsetzt, das er eigens für fremdverschuldete Fahrzeugausfälle in Reserve gehalten hat. Dann ist der Schädiger verpflichtet, dem Geschädigten die anteiligen Kosten für die vorsorgliche Bereithaltung des Ersatzfahrzeugs zu zahlen. Grenze der Ersatzpflicht ist dann der Schaden, den der Geschädigte ohne den Einsatz des Ersatzfahrzeugs erlitten hätte. Dafür spricht, dass die Bereithaltung von Ersatzfahrzeugen zu einer Entlastung des Schädigers führt, weil der zu ersetzende Schaden sonst oft wesentlich höher wäre (vgl. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Im🍑nderabilie

Im🍑nderabilie

21.7.2022, 15:03:54

Die Berechnung hier macht mich etwas stutzig- einerseits wird damit argumentiert, dass es zu einer Entlastung des Schädigers führt, aber gleichzeitig bemisst sich die Grenze der Ersatzpflicht nach eben jener Ersatzpflicht die eingetreten wäre, wenn kein Ersatz

fahrzeug

bereitgehalten worden wäre. Je nachdem, wie lange das Ersatz

fahrzeug

schon bereitgehalten wird, wird ja selbst bei anteiliger Kostenübernahme der Rahmen voll ausgeschöpft und der Schädiger stünde im Ergebnis genauso schlecht.. Oder wie darf man sich die anteilige Kostenübernahme vorstellen?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

22.7.2022, 16:46:40

Hallo Imonderabilie, vielleicht wird es an einem weiteren Beispiel noch klarer. In dem zugrundeliegenden BGH-Fall ging es um einen beschädigten Straßenbahnwagen. Für 102 Tage musste ein Reservewagen eingesetzt werden, der auf Vorrat vorgehalten worden war. Die

Vorhaltekosten

für diese 102 Tage musste der Schädiger ersetzen. Die äußerste Grenze der Kostenübernahme wäre in diesem Fall die Kosten dafür gewesen, 102 Tage ein Straßenbahn

fahrzeug

anzumieten. Diese Kosten dürften indes deutlich höher sein, als die anteiligen Kosten des eigenen Wagens. Der Schädiger steht also entweder besser oder aber zumindest gleich gut da. Lediglich schlechter darf er nicht stehen :-) Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-team

FL

Florian

16.2.2024, 15:51:37

Liebes Team, soweit ich das sehe, ist ein Vorhalteschaden heute nicht mehr ersetzungsfähig. Das hat der BGH 1960 noch angenommen, mittlerweile sind der VI. Zivilsenat (2012) und die hM in der Literatur aber der Ansicht, dass

Vorhaltekosten

nicht ersetzungsfähig sind, da es an der Kausalität fehlt und zudem streng genommen kein Schaden vorliegt, sondern eine freiwillige Aufwendung (BeckOGK/Brand BGB § 249 Rn. 223; BGH NZV 2012, 127 (128 f.)) Wie steht ihr dazu? :)

FL

Florian

25.2.2024, 11:00:40

Liebes Team, auch 8 Tage später würde ich mich über eine Antwort freuen. Danke!

LS2024

LS2024

11.3.2024, 16:42:36

"Verfügt der Geschädigte über ein Reserve

fahrzeug

und kann er den Verlust durch Rückgriff auf diese Betriebsreserve auffangen, kann er in der Regel die

Vorhaltekosten

des Reserve

fahrzeug

s als Schadensersatz ersetzt verlangen." So der BGH Urteil des VII. Zivilsenats vom 6.12.2018 - VII ZR

285

/17, Rn. 15. Da scheinen der 7. und 6. Zivilsenat uneinig zu sein. Zumindest hier werden die

Vorhaltekosten

als ersatzfähig angesehen. Wobei die im spezifischen Urteil angefallenen

Vorhaltekosten

aufgrund fehlender Kausalität ausgeschlossen wurden. Der BGH verweist auf ein Urteil laut dem

Vorhaltekosten

, die vor dem Schadensereignis angefallen sind, nicht kausal sein können. In einer anderen Jurafuchs-Frage wird deshalb (fälschlicherweise, zumindest stehen diese Lösungen im

Widerspruch

unabhängig davon, welcher Zivilsenat Recht hat) die Ersatzfähigkeit von

Vorhaltekosten

allgemein verneint.


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