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T versucht, D zu überreden, O zu töten. D lehnt zunächst ab. T denkt sich, dass D sich nächstes Jahr bereit erklärt, wenn er ihn bis dahin jeden Tag weiter „weich klopft“.

Einordnung des Falls

Versuchte Anstiftung 11

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat den Tatbestand einer versuchten Anstiftung zum Totschlag (§§ 212 Abs. 1, 30 Abs. 1 StGB) verwirklicht.

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Ja, in der Tat!

Die versuchte Anstiftung (§ 30 Abs. 1 StGB) setzt voraus: (1) (zumindest gedankliche) Vorprüfung: (a) Nichtvollendung der Tat und (b) Strafbarkeit der versuchten Anstiftung (nur bei Verbrechen (§ 30 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 StGB)), (2) subjektiver Tatbestand (Vorsatz bezüglich (a) Verwirklichung einer objektiv und subjektiv tatbestandsmäßigen rechtswidrigen Haupttat und (b) des Hervorrufens des Tatentschlusses zur Begehung dieses Verbrechens), (3) objektiver Tatbestand (unmittelbares Ansetzen zum Bestimmen (§ 22 StGB)), (4) rechtswidriges Handeln, (5) schuldhaftes Handeln und (6) kein Rücktritt (§ 31 StGB). T hat versucht zu einem Totschlag anzustiften. Ein unmittelbares Ansetzen liegt spätestens in dem Moment vor, in dem D das Ersuchen wahrnimmt.

2. Die versuchte Anstiftung ist fehlgeschlagen.

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Nein!

Ein Fehlschlag liegt vor, wenn der Anstifter glaubt, dass er nicht mehr in der Lage ist, einen Dritten zu der ursprünglich geplanten Tat anzustiften. Die erforderliche Handlung des D verschiebt sich zwar, aber die Tathandlung von T wird eher aufrechterhalten und baut aufeinander auf. Fraglich ist darüber hinaus, ob die geplante Haupttat nach einem Jahr noch dieselbe ist. Aufgrund fehlender Angaben ist es zumindest nicht ausgeschlossen, dass diese ursprünglich sowieso erst in einem Jahr geplant war, sodass im Zweifel für den Angeklagten davon auszugehen ist.

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TO

Toralf

1.3.2022, 06:38:12

Ich finde nicht, dass aufgrund fehlender Angaben davon im Zweifel auszugehen ist, dass die Tat erst im nächsten Jahr geplant war (siehe Subsumtion). Vielmehr ist der Fall so konstruiert, dass man darauf schließen muss, dass T einfach nur einen zweiten Anlauf mit einer erheblichen zeitlichen Zäsur des geplanten Erfolgs startet, die deshalb notwendig ist, weil er meint, erst einmal regelmäßig auf D einwirken zu müssen.

GI

GingerCharme

13.3.2022, 16:16:13

Ich würde eher eine Kontinuität annehmen, denn einen zweiten Anlauf. Letztendlich ist T bewusst, dass die Anstiftung allenfalls gelingen wird, wenn er nun 365 Tage kontinuierlich durch Kommunizieren darauf hin wirkt. Somit steht die gleiche Anstiftung im Fokus, die jetzt scheiterte, aber es nicht mehr täte, wenn man kontinuierlich auf den Angestifteten einwirkt - der Zeitraum ist zwar immens lang, aber das hat T ja schon bedacht, nur unter der stetigen Einwirkung auf den Angestifteten, würde in seiner Vorstellung die bereits aktuell gewollte Tat in einem Jahr ermöglicht. Anders als im vorherigen Fall kommen zu der zeitlichen Zäsur ja gerade, die stetigen Einwirkungshandlungen, welche die Tat quasi zeitlich strecken und auf demselben Entschluss beruhen, von dem auch der erfolglose Anstiftungsversuch beseelt war.


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