Strafrecht

BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.

Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, § 113 StGB

Objektiver Tatbestand beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, § 113 StGB

Objektiver Tatbestand beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, § 113 StGB

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Amtstierarzt A möchte für die zuständige Veterinärbehörde bei T prüfen, ob und wie dieser auf seinem Grundstück Tiere hält. T droht ihm mit einem Schreckschussrevolver, sollte A das Grundstück betreten. Davon unbeeindruckt prüft A dennoch.

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Einordnung des Falls

Objektiver Tatbestand beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, § 113 StGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wenn T einem Amtsträger, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, erfüllt er den objektiven Tatbestand des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 Abs. 1 StGB).

Ja!

Rechtsgut des § 113 StGB ist die Autorität staatlicher Vollstreckungsakte. Amtsträger (§ 11 Nr. 2 StGB) sind alle im Dienst des Bundes, der Länder, der Gemeinden, Gemeindeverbände und der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts tätigen Amtsträger. Widerstand leisten ist das – auch untaugliche oder erfolglose – Unternehmen, den Amtsträger durch aktives Vorgehen zur Unterlassung der Vollstreckungshandlung als solcher zu nötigen oder dies zu erschweren. Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt und dessen Verwirklichung er nach dem Inhalt seiner Äußerung für den Fall des Bedingungseintritts will. Gewalt ist ein Einsatz materieller Zwangsmittel durch tätiges Handeln gegen die Person des Vollstreckenden, der geeignet ist, die Vollendung der Diensthandlung zumindest zu erschweren.
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2. A ist Amtsträger (§ 113 Abs. 1 StGB i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB).

Genau, so ist das!

Amtsträger (§ 11 Nr. 2 StGB) sind alle im Dienst des Bundes, der Länder, der Gemeinden, Gemeindeverbände und der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts tätigen Amtsträger. Nicht erfasst sind kirchliche Amtsträger. A vertritt die zuständige Veterinärbehörde.

3. T hat A durch Drohung mit Gewalt Widerstand geleistet (§ 113 Abs. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Widerstand leisten ist das – auch untaugliche oder erfolglose – Unternehmen, den Amtsträger durch aktives Vorgehen zur Unterlassung der Vollstreckungshandlung als solcher zu nötigen oder dies zu erschweren. Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt und dessen Verwirklichung er nach dem Inhalt seiner Äußerung für den Fall des Bedingungseintritts will. Gewalt ist ein Einsatz materieller Zwangsmittel durch tätiges Handeln gegen die Person des Vollstreckenden, der geeignet ist, die Vollendung der Diensthandlung zumindest zu erschweren. T hat es unternommen, die Prüfung zu verhindern, indem er mit dem Revolver Gesundheitsschäden angedroht hat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DO

Doli

26.10.2022, 21:28:13

Verstehe ich das richtig dass der Begriff der Gewalt sich hier von dem bei der Nötigung unterscheidet?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

27.10.2022, 09:24:10

Hallo Doli, in der Tat wird der

Gewaltbegriff

im StGB nicht einheitlich verwendet (Schönke/Schröder/Eser, 30. Aufl. 2019, StGB § 113 Rn. 42). Der Begriff der Gewalt wird insofern in § 113 StGB restriktiver ausgelegt, als in § 240 StGB. Er beschränkt sich in der Regel auf den den Einsatz physisch wirkender Zwangsmittel gegen die Person des Vollstreckenden (MüKoStGB/Bosch, 4. Aufl. 2021, StGB § 113 Rn. 18).

Gewalt gegen Sachen

genügt deshalb nur dann, wenn diese sich mittelbar auch auf den Vollstreckungsbeamten auswirkt (zB plötzliches Abbremsen, das zum Auffahren des dahinter fahrenden Polizeiautos führt, BGH BeckRS 2020, 13163; verneint dagegen beim Steinwurf auf vergittertes Polizeiauto, AG Berlin-Tiergarten, NJW 1

988

, 3218). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Natze

Natze

13.1.2024, 11:11:14

auch wenn die

Drohung

erfolglos war bleibt es bei dem vollendeten Delikt? Habe ich das richtig verstanden? 🫣

TI

Timurso

13.1.2024, 14:46:48

Ja. Strafbar ist die

Drohung

selbst, anders als bei der Nötigung (§ 240 StGB), welche auch den

Nötigungserfolg

voraussetzt. Vergleiche auch den Wortlaut der beiden Normen

Natze

Natze

13.1.2024, 14:56:19

Super, danke dir :)

LELEE

Leo Lee

14.1.2024, 13:10:21

Hallo Natze, wie Timurso zutreffend anmerkt, gibt es bei § 241 keinen Erfolg wie bei § 240. D.h., dass es für die Vollendung ausreicht, wenn das Opfer die

Drohung

zur Kenntnis genommen und auch verstanden hat. Deshalb wird die

Drohung

auch als sog. abstraktes Gefährdungsdelikt beschriebe, wo eine Tätigkeit – ohne Erfolg – ausreicht (was ähnliches kennst du wahrscheinlich von

§ 316 StGB

, wo auch das betrunkene Fahren an sich ausreicht, selbst wenn man nicht danach einen Unfall baut). Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-StGB 4. Auflage, Sinn § 241 Rn. 4 und 21 empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Dogu

Dogu

7.7.2024, 17:19:29

ME fehlt hier der wichtige Punkt, ob es beim Amtstierarzt auch um einen Vollstreckungsbeamten handelt.


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