Abstraktum - Versuch (§§ 22,23 StGB)

25. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T ist Gebrauchtwagenhändler. Er bietet O einen BMW Mini zum Preis von €10.000 an und versichert ihr wider besseren Wissens, dass der Wagen unfallfrei ist. Der Mini ist jedoch ein Unfallwagen und objektiv nur noch €8.000 wert. O bemerkt Unallspuren und lehnt den Kauf ab.

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Einordnung des Falls

Abstraktum - Versuch (§§ 22,23 StGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat sich des versuchten Betruges nach §§ 263 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 StGB hinreichend verdächtig gemacht.

Genau, so ist das!

O hat Ts Täuschung durchschaut. Bereits der versuchte Betrug ist aber strafbar (§§ 23 Abs. 1, 12 Abs. 1, 263 Abs. 2 StGB). T hatte Tatentschluss im Hinblick auf die Täuschung der O über die Unfallfreiheit des Wagens, sowie den hierdurch bedingten Irrtum über den Wert des Wagens, die Vermögensverfügung sowie den Vermögensschaden in Form der Wertdifferenz. Zudem handelte T mit der Absicht stoffgleicher und rechtswidriger Bereicherung. Indem er gegenüber O angab, der Wagen sei unfallfrei, hat er subjektiv die Schwelle zum Jetzt-geht-es-los überschritten und es bedurfte nach seiner Vorstellung von der Tat objektiv keiner wesentlichen Zwischenschritte mehr zur Vollendung. T hat somit auch unmittelbar angesetzt und rechtswidrig und schuldhaft gehandelt.
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2. Wird der Umstand, dass die Tat bloß versucht war, in das Abstraktum mit aufgenommen?

Ja, in der Tat!

Zu den gesetzlichen Merkmalen der Tat gehört auch, ob die Tat vollendet oder nur versucht war.Gerade beim Versuch haben Referendar:innen erfahrungsgemäß große Formulierungsschwierigkeiten. Grundsätzlich genügt es, die Worte „versucht zu haben“ dem Normtext der verletzten Strafvorschrift voranzustellen. Achte aber darauf, dass die Tathandlungen dann im Infinitiv folgen müssen (erregen, beschädigen). In einigen Fällen - wie hier - kann es sich dagegen anbieten, den Normtext leicht umzustellen.„…in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, versucht zu haben, durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Irrtum zu erregen und dadurch das Vermögen eines anderen zu beschädigen“
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Nocebo

Nocebo

17.5.2024, 11:11:53

Es kommt entgegen der Antwort nicht darauf an, dass OBJEKTIV keine wesentlichen Zwischenschritte mehr erforderlich sind, sondern objektiv AUS TÄTERSICHT! "(...) sondern material danach zu fragen, ob nach Täterplan bereits ein Stadium erreicht ist, in dem aus seiner Sicht das betroffene Rechtsgut bereits unmittelbar gefährdet erscheint (...)" (Schönke/Schröder/Eser/Bosch, 30. Aufl. 2019, StGB § 22 Rn. 42) "(...) ob die vom Täter in Gang gesetzte Ursachenreihe nach seiner Vorstellung von der Tat ohne Zäsur und wesentliche Zwischenakte in die Rechtsgutsverletzung bzw. Erfüllung des Tatbestandes übergehen soll (Zwischenaktstheorie) (BGH wistra 2002, 263; NStZ 2006, 331; NStZ-RR 2013, 138 (139); NStZ 2014, 447 m. Bespr. Satzger Jura (JK) 2015, 114; NZWiSt 2014, 436; NJW 2014, 1463 m. Bespr. Schiemann JR 2014, 303; Berz JURA 1984, 513; Fischer Rn. 10; Krey/Esser StrafR AT Rn. 1215; BWME StrafR AT § 22 Rn. 68; zu den Besonderheiten des Versuchs bei der Steuerhinterziehung Spatscheck/Bertrand DStR 2015, 2421)." (BeckOK StGB/Cornelius, 60. Ed. 1.2.2024, StGB § 22 Rn. 35)

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

7.9.2024, 10:25:33

Hallo @[Nocebo](222699), das ist tatsächlich einer der Punkte, an denen eine präzise Trennung zwischen Objektivem und Subjektivem nicht mehr ganz möglich ist. Wir prüfen einerseits den objektiven Tatbestand und müssen deshalb unter Berücksichtigung objektiver Kriterien danach schauen, ob der Täter unmittelbar angesetzt hat. Andererseits müssen wir den den Tatplan und die subjektiven Vorstellungen des Täters natürlich berücksichtigen: Was hat er sich denn vorgestellt, wie sollte die Tat ablaufen? Waren nach seiner Idee noch wesentliche Zwischenschritte erforderlich oder nicht? Lackner/Kühl/Heger (StGB, 30. Aufl 2023, § 22 Rn 4) formuliert es so: "[...] kommt es darauf an, ob der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt hat. Nach dieser Begriffsbestimmung ist die Grenzziehung an der (subjektiven) Vorstellung des Täters zu orientieren (BGH GA 1955, 123), aber nach objektiven Maßstäben durchzuführen." Das ist natürlich reichlich schwammig, aber begrifflich kaum besser zu fassen und zeigt ganz gut das Problem. Wir haben die Formulierung der Aufgabe leicht angepasst, damit dieser Zwiespalt sich auch direkt aus der Erklärung ergibt. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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