Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Rücktritt

Verwendungsersatz (andere Aufwendung), § 347 Abs. 2 S. 2 BGB

Verwendungsersatz (andere Aufwendung), § 347 Abs. 2 S. 2 BGB

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von V ein E-Auto für €4.000. V übergibt ihr den Wagen und gewährt ihr ein Jahr Zahlungsaufschub. Da K auch nach Ablauf des Jahres nicht zahlt, tritt V zurück. K hat den Wagen zwischenzeitlich mit Paragraphen bemalen lassen (€1.000). Der Wert des Wagens hat sich dadurch nicht erhöht.

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Einordnung des Falls

Verwendungsersatz (andere Aufwendung), § 347 Abs. 2 S. 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist V wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten (§§ 346, 323 BGB)?

Ja!

Erbringt der Schuldner bei einem gegenseitigen Vertrag seine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, kann der Gläubiger zurücktreten, wenn (1) er eine fruchtlos abgelaufene Frist gesetzt hat oder die Fristsetzung entbehrlich ist, (2) den Rücktritt erklärt (§ 349 BGB) und (3) der Rücktritt nicht ausgeschlossen ist (§ 323 Abs. 5 S. 2, Abs. 6 BGB).K hat den Kaufpreis nicht bezahlt. Da ein Zahlungstermin vereinbart war, ist die Fristsetzung entbehrlich (§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB). V hat auch den Rücktritt erklärt. Ausschlussgründe sind nicht ersichtlich.
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2. Kann K die Kosten für die Bemalung als notwendige Verwendung ersetzt verlangen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Dem Rückgewährschuldner sind seine notwendigen Verwendungen zu ersetzen (§ 347 Abs. 2 S. 1 BGB). Verwendungen sind Vermögensaufwendungen, die einer Sache zugute kommen. Notwendig sind Verwendungen, die zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache objektiv erforderlich sind, die also der Besitzer dem Eigentümer erspart hat. Hierzu zählen (anders als bei § 994 Abs. 1 S. 2 BGB) auch die gewöhnlichen Erhaltungskosten.Das Anmalen des Autos war nicht erforderlich, um es zu erhalten. Somit liegt keine notwendige Verwendung vor.

3. Ist die Kostenerstattung immer ausgeschlossen, wenn es sich nicht um notwendige Kosten handelt?

Nein, das trifft nicht zu!

Der Schuldner kann auch sonstige Aufwendungen verlangen. Dies ist allerdings nur dann möglich, soweit der Gläubiger durch diese bereichert ist (§ 347 Abs. 2 S. 2 BGB). Die Aufwendung muss also zu einer Wertsteigerung geführt haben. Es handelt sich hierbei um einen Verweis auf die Rechtsfolgen des Bereicherungsrechts (§§ 818 ff. BGB), also einen Rechtsfolgenverweis.

4. Kann K die €1000 als sonstige Aufwendung ersetzt verlangen (§ 347 Abs. 2 S. 2 BGB)?

Nein!

Eine erstattungsfähige sonstige Aufwendung liegt vor, wenn die Aufwendung zu einer Wertsteigerung geführt hat und der Gläubiger bereichert ist.Da das E-Auto durch die Paragraphenzeichen nicht an Wert gewonnen hat, kann K die aufgewendeten Kosten nicht ersetzt verlangen.Sofern eine objektive Wertsteigerung vorliegt, der Gläubiger subjektiv aber mit der Aufwendung nichts anfangen kann, müsste man diskutieren, inwieweit diese aufgedrängte Bereicherung vergütet werden muss.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CH1RON

CH1RON

23.4.2022, 20:23:13

Was, der Wert des Fahrzeugs ist nicht gestiegen? Vielleicht waren es die falschen Paragraphen? ;)

cjackson94

cjackson94

10.3.2023, 16:06:40

Gilt die Ausführung zur aufgedrängten Bereicherung genau so im Sachenrecht? Im Rahmen von Verwendungsersatz nach den §§ 994ff. ?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

24.3.2023, 14:57:41

Hallo cjackson94, dort ist die Differenzierung eine andere. Zunächst wird nach notwendigen Verwendungen (§

994 BGB

) und nützlichen Verwendungen entschieden (§

996 BGB

). Es dreht sich im Kern also zunächst die Frage darum, ob eine Verwendung nützlich ist und an welchen Kriterien dies zu messen ist. Dies wird nicht einheitlich beantwortet. Darüber hinaus ist dann die Frage, ob Verwendungen die nicht über §§ 994,

996 BGB

ersetzt werden über §

818 BGB

dafür Ersatz verlangt werden kann. Dafür wird von einer Meinung auf die Regeln zur aufgedrängten Bereicherung zurückgegriffen. Nach anderer Ansicht ist sich streng an den Wortlaut des Gesetzes zu halten, die Grenze für die Verwendungsersatzansprüche sollen Verwendungen sein, die "sachändernden" Charakter haben. In diesen Fällen wird der verwendende Besitzer allein auf das (oft wirtschaftlich wertlose) Wegnahmerecht verwiesen. Dies ist zwar hart, entspricht aber der Systematik des Gesetzes. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

QUIG

QuiGonTim

28.2.2024, 16:52:16

Könnte V im vorliegenden Fall auch statt der Rückgewehr nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Var. 5 BGB Wertersatz verlangen? Anders formuliert: Erfüllen die aufgemalten Paragraphen den Begriff der Umgestaltung in der genannten Vorschrift?

Gruttmann

Gruttmann

16.6.2024, 14:19:55

Könnte V gegen K Wertersatz verlangen, um das Auto wieder in den normalen vorherigen Zustand zu versetzen ?

LELEE

Leo Lee

17.6.2024, 10:35:07

Hallo Gruttmann, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat könnte man zunächst meinen, man könne hier auch den Wertersatz zu Rate ziehen. Beachten allerdings, dass der Wertersatz nach 346 II BGB dann zur Anwendung gelangt, soweit Rückgewähr oder Herausgabe bspw. NICHT möglich ist (durch eine der Nummern). Hier ist Rückgewähr und/oder Herausgabe möglich, nur stellt sich die Frage, wie die Aufwendungen, die getätigt wurden, ersetzt werden können. D.h. also: 346 II BGB regelt nur jene Sachverhalte, wo die Sache selbst nicht mehr heraus- bzw zurückgegeben werden kann. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Gaier § 346 Rn. 95 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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