Landesrecht (im Aufbau)

Kommunalrecht NRW

Der Rat

Ratsbeschluss und Beschlussfähigkeit (§ 49 Abs. 1 GO)

Ratsbeschluss und Beschlussfähigkeit (§ 49 Abs. 1 GO)

1. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Als Bürgermeister B aus Nörgeldorf am Tag nach der Ratssitzung von Zoffenhausen die Niederschrift unterschreiben will, wird ihm klar, dass von den 20 gewählten Ratsmitgliedern beim letzten Beschluss nur noch sechs anwesend waren. Der Rest habe sich wohl „aus dem Staub gemacht“.

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Einordnung des Falls

Ratsbeschluss und Beschlussfähigkeit (§ 49 Abs. 1 GO)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Beschlüsse können nur gefasst werden, wenn der Rat überhaupt beschlussfähig ist.

Ja!

Daher ist die Überprüfung der Beschlussfähigkeit zu Beginn und während der Sitzung eine wichtige Aufgabe des Bürgermeisters in seiner Funktion als Vorsitzender des Rates (§ 40 Abs. 2 S. 4 GO). Die Beschlussfähigkeit von Beschlussorganen soll die ausreichende Repräsentation des Volkes vor dem Hintergrund des Demokratieprinzips (Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GG) gewährleisten.
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2. Die Beschlussfähigkeit des Rates richtet sich nach § 49 Abs. 1 GO.

Genau, so ist das!

Der Rat ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl anwesend ist (§ 49 Abs. 1 S. 1 GO). Die gesetzliche Mitgliederzahl ist dabei abhängig von der Einwohnerzahl der Gemeinde (§ 3 Abs. 1 S. 1 lit. a KWahlG). Der Bürgermeister wird als Mitglied des Rates kraft Gesetzes (§ 40 Abs. 2 S. 2 GO) bei der Beschlussfähigkeit mitgezählt. Eine Gemeinde mit einer Einwohnerzahl von maximal 5.000 hat 20 Vertreter (§ 3 Abs. 1 S. 1 lit. a KWahlG). Die gesetzliche Mitgliederzahl beträgt daher 21, weil der Bürgermeisters dazu addiert wird (§ 40 Abs. 2 S. 2 GO). Seit 2022 gelten auch diejenigen Mitglieder des Rates, die bei einer digitalen bzw. hybriden Sitzung per Bild-Ton-Übertragung teilnehmen, als anwesend im Sinne des § 49 Abs. 1 S. 1 GO (§ 47a Abs. 2 S. 2, S. 3 GO).

3. Beim letzten Beschluss war mehr als die Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl des Rates von Zoffenhausen anwesend.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Rat ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl anwesend ist (§ 49 Abs. 1 S. 1 GO). DIe gesetzliche Mitgliederzahl ist dabei abhängig von der Einwohnerzahl der Gemeinde (§ 3 Abs. 1 S. 1 lit. a KWahlG). Der Bürgermeister wird als Mitglied des Rates kraft Gesetzes (§ 40 Abs. 2 S. 2 GO) bei der Beschlussfähigkeit mitgezählt. Die gesetzliche Mitgliederzahl des Rates von Zoffenhausen beläuft sich einschließlich des Bürgermeisters auf 21. Daher mussten 11 Mitglieder des Rates bei der Beschlussfassung anwesend sein. Es waren aber nur noch sieben Mitglieder des Rates anwesend. Der Begriff der „Anwesenheit“ setzt insbesondere voraus, dass die Mitglieder des Rates die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit haben, sich an einer Wahl oder einer Abstimmung zu beteiligen. Dies ist insbesondere nicht bei einem Mitglied des Rates der Fall, das einem Mitwirkungsverbot (§§ 50 Abs. 6, 31 Abs. 1, Abs. 2 GO) unterliegt.

4. Sind weniger als die Hälfte der gesetzlichen Mitglieder anwesend, führt dies automatisch zur Beschlussunfähigkeit.

Nein!

Gemäß § 49 Abs. 1 S. 2 GO wird die Beschlussfähigkeit des Rates widerleglich vermutet, solange die Beschlußunfähigkeit nicht ausdrücklich festgestellt ist. Demzufolge wird die Beschlussunfähigkeit nur auf Antrag positiv oder negativ festgestellt. Darüber hinaus ist der Rat auch unabhängig von der Anzahl der Anwesenden Rat beschlussfähig, wenn dieselbe Angelegenheit zuvor bereits einmal wegen Beschlussunfähigkeit zurückgestellt wurde (§ 49 Abs. 2 S. 1 GO). Damit soll der - grundsätzlich zulässigen - vorsätzlichen Herbeiführung der Beschlussunfähigkeit durch Auszug der Mehrheit aus dem Ratssaal Einhalt geboten werden.

5. B kann die Beschlussunfähigkeit auch noch im Nachgang zur Sitzung feststellen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine nachträgliche Feststellung der Beschlussunfähigkeit widerspricht dem Normzweck des § 49 Abs. 1 GO (Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit des Rates und Schaffung von Rechtssicherheit). Die Feststellung kann daher nur in der Sitzung selbst stattfinden.

6. Der Ratsbeschluss ist wirksam, weil der Rat beschlussfähig war.

Ja, in der Tat!

Gemäß § 49 Abs. 1 S. 2 GO NRW wird die Beschlussfähigkeit des Rates widerleglich vermutet, solange die Beschlußunfähigkeit nicht ausdrücklich festgestellt ist. Demzufolge wird die Beschlussunfähigkeit nur auf Antrag positiv oder negativ festgestellt. Da die Beschlussunfähigkeit des Rates in der Ratssitzung nicht festgestellt wurde, war der Rat beschlussfähig (§ 49 Abs. 1 S. 2 GO).
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