Zivilrecht
Schadensrecht
Feststellung eines ersatzfähigen Schadens
Immaterieller Schaden bei Persönlichkeitsverletzung
Immaterieller Schaden bei Persönlichkeitsverletzung
19. Februar 2025
9 Kommentare
4,8 ★ (19.712 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

K ist E-Sportler und spielt als Mitglied der PIPE_Crew den Fußballsimulator FAIF. Streamer B folgen auf dem Dienst T über 14.000 Leute. Während eines Streams kommentiert er bei einem Spiel des K unter anderem: „die Bastarde von der PIPE_CREW“, „zwei große Stücke Scheiße“, „lächerliche Witzfiguren“. K verlangt hierfür Entschädigung.
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Einordnung des Falls
Immaterieller Schaden bei Persönlichkeitsverletzung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Bs Äußerungen verletzen Ks allgemeines Persönlichkeitsrecht und begründen dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Hat K durch Bs Äußerungen einen Vermögensschaden erlitten?
Nein, das trifft nicht zu!
3. Auch für immaterielle Schäden kann der Geschädigte stets Ersatz verlangen.
Nein!
4. Handelt es sich bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht um ein in § 253 Abs. 2 BGB geschütztes Rechtsgut, sodass K hiernach Schmerzensgeld verlangen kann?
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen leitet die Rechtsprechung einen Entschädigungsanspruch aber unmittelbar aus den Grundrechten ab (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m Art. 1 GG).
Ja, in der Tat!
6. Begründet jede Persönlichkeitsrechtsverletzung einen Anspruch auf Geldentschädigung?
Nein!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
JJO
2.5.2024, 11:32:16
Toll, dass ihr hier auch aktuelle Rechtsprechung einbaut! Das ist super für die Examensvorbereitung.
Findet Nemo Tenetur
10.12.2024, 23:19:13
Weswegen ist § 253 II verfassungsrechtlich zu reduzieren und nicht verfassungsrechtlich auszulegen? Denn wenn man sagt, dass neben den dort gelisteten Fällen außerdem auch bei APR Verletzung Entschädigung in Geld gefordert werden kann, ist das doch keine Reduktion des § 253 II oder stehe ich aufm Schlauch?
be-gay-do-criminal-law
30.12.2024, 18:50:36
Es handelt sich (wenn ich es richtig verstanden habe) um eine verfassungsrechtliche Reduktion des Abs. 1 („Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.“), nicht von Abs. 2. Die Reduktion bezieht sich dann darauf, dass eine Entschädigung eben nicht nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen verlangt werden kann, sondern auch bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts.
Findet Nemo Tenetur
4.1.2025, 22:09:43
Danke für deine Antwort @[be-gay-do-criminal-law](220216). Aber selbst wenn es um Abs. 1 geht, verstehe ich nicht, weswegen die Ausweitung des Wortlauts auf einen vom Wortlaut nicht erfassten Fall eine Reduktion ist?
Moritz
29.1.2025, 09:34:29
Ich frage mich, warum im vorliegenden Fall eine Entschädigung in Geld in Frage kommt. Der Schaden ist doch vorrangig im Wege der
Naturalrestitution(§ 249 I BGB) auszugleichen (Hier: durch Widerruf der ehrverletzenden Äußerungen). Aus dem Sachverhalt ergibt sich mE nach nicht, dass hier eine
Naturalrestitutionunmöglich ist. Viele Grüße.
Dominikpolitics
29.1.2025, 16:03:49
Und damit sind die ehrverletzenden Äußerungen während des Streams wieder vollständig beseitigt? Ich denke eher nicht.
Moritz
29.1.2025, 17:07:03
@[Dominikpolitics](248886) d.h. du meinst die Persönlichkeitsverletzung ist hier so schwerwiegend, dass eine
Naturalrestitution(§ 249 I BGB) zur Entschädigung des Geschädigten nicht genügend ist (vgl. § 251 I Alt. 2 BGB) oder wie soll ich deinen (wenig hilfreichen) Kommentar verstehen ? Es bedarf ja schon einer Begründung, warum eine
Naturalrestitution(§ 249 I BGB), die laut Gesetz Vorrangig zu leisten ist hier nicht in Betracht kommt und man stattdessen auf eine Rechtsfigur der Rspr. zurückgreift, die im Ergebnis eine Entschädigung in Geld für einen immateriellen Schaden gewährt.
Dominikpolitics
29.1.2025, 17:13:24
Ich meinte damit, dass solche Äußerungen per se bereits einen „Schaden angerichtet“ haben, zumal in diesem Fall die Äußerungen in einem Stream stattgefunden haben. Ein Widerruf würde höchstens nur dann Sinn machen, wenn die Äußerung sich irgendwo konstitutiv niedergeschlagen hat. Aber eine vollständige Schadenrückgängigmachung ist in jedem Fall nicht zu erwarten.

Basti :)
6.2.2025, 08:35:32
Ändert die jüngere Rechtsprechung des BGH zu DSGVO-Verstößen an der Antwort der letzten Frage, dass es eines schwerwiegenden Eingriffs bedarf, etwas? Denn der BGH hat für eine kleine DSGVO-Verletzung bereits 100€ immateriellen Schadensersatz zugesprochen.