Referendariat

Die ZVR-Klausur

Einführung

Ablauf einer Zwangsversteigerung - Beschlagnahme und Verwertung

Ablauf einer Zwangsversteigerung - Beschlagnahme und Verwertung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Handwerkerin H möchte ein Zahlungsurteil gegen ihren Kunden K vollstrecken. Eine Vollstreckungsklausel hat sie schon und das Urteil wurde K bereits zugestellt. H weiß, dass K Eigentümer eines kleinen Waldgrundstücks ist und möchte daher in dieses vollstrecken. ‌

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Einordnung des Falls

Ablauf einer Zwangsversteigerung - Beschlagnahme und Verwertung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei der Zwangsvollstreckung eines Zahlungstitels in das unbewegliche Vermögen hat der Vollstreckungsgläubiger die Wahl zwischen drei verschiedenen Vollstreckungsarten (§ 866 Abs. 1 ZPO).

Genau, so ist das!

Die Vollstreckung von Geldforderungen in das unbewegliche Vermögen (= Immobiliarvollstreckung) wird von den §§ 864-871 ZPO geregelt. Die Immobiliarvollstreckung erfolgt entweder durch Zwangshypothek (§§ 866 Abs. 1 Alt. 1, 867 ZPO), Zwangsversteigerung (§§ 866 Abs. 1 Alt. 1, 869 ZPO i.V.m. §§ 15ff. ZVG) oder durch Zwangsverwaltung (§§ 866 Abs. 1 Alt. 3, 869 ZPO i.V.m. §§ 146ff. ZVG).
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2. H möchte durch Zwangsversteigerung in das Waldgrundstück des K vollstrecken und weiß, dass sie dies beim zuständigen Vollstreckungsorgan beantragen muss. Ist das Grundbuchamt zuständig (§ 1 Abs. 1 ZVG)?

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 1 Abs. 1 ZVG ist für die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung eines Grundstücks als Vollstreckungsgericht das Amtsgericht zuständig (sachliche Zuständigkeit), in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist (örtliche Zuständigkeit). Für die Zwangsversteigerung des Waldgrundstücks ist das Vollstreckungsgericht zuständig. Das Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Waldgrundstück belegen ist. Dort muss H die Zwangsversteigerung beantragen.

3. Sofern die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen, erlässt das Vollstreckungsgericht einen Beschluss, durch den es die Zwangsversteigerung anordnet (§§ 15, 20 Abs. 1 ZVG).

Ja!

Nach § 15 ZVG wird die Zwangsversteigerung eines Grundstücks von dem Vollstreckungsgericht auf Antrag durch Beschluss (vgl. § 20 Abs. 1 ZVG) angeordnet (= Anordnungsbeschluss). Innerhalb des Vollstreckungsgerichts ist der Rechtspfleger funktionell zuständig (§ 3 Nr. 1 i) RPflG). Der Anordnungsbeschluss gilt als Beschlagnahme des Grundstücks (§ 20 Abs. 1 ZVG). Die Wirkungen der Beschlagnahme treten mit der Zustellung des Beschlusses an den Vollstreckungsschuldner ein (§ 22 Abs. 1 S. 1 ZVG). ‌

4. Der Anordnungsbeschluss gilt als Beschlagnahme des Grundstücks (§ 20 Abs. 1 ZVG). Umfasst die Beschlagnahme allein das Grundstück (vgl. § 20 Abs. 2 ZVG)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 20 Abs. 2 ZVG umfasst die Beschlagnahme eines Grundstücks auch diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt. Die Beschlagnahme umfasst also auch den sog. Haftungsverband der Hypothek (§ 1120 BGB). Nach § 1120 BGB erstreckt sich die Hypothek grundsätzlich auf die von dem Grundstück getrennten Erzeugnisse und sonstigen Bestandteile, sowie auf das Zubehör des Grundstücks. ‌

5. Der Anordnungsbeschluss bzw. die darin liegende Beschlagnahme hat die Wirkung eines Veräußerungsverbots (§ 23 Abs. 1 S. 1 ZVG).

Ja, in der Tat!

Nach § 23 Abs. 1 S. 1 ZVG hat die Beschlagnahme eines Grundstücks die Wirkung eines Veräußerungsverbots. Hier zeigt sich eine deutliche Parallele zur Vollstreckung ins bewegliche Vermögen: Die Pfändung einer Sache/Forderung führt zu deren Verstrickung, welche ebenfalls ein Veräußerungsverbot zur Folge hat (§§ 135, 136 BGB).

6. Das Waldgrundstück des K wurde beschlagnahmt. Bei der Zwangsversteigerung erhält der Meistbietende M den Zuschlag (§ 81 Abs. 1 ZVG). Hat er dadurch bereits das Eigentum erworben (§ 90 Abs. 1 ZVG)?

Ja!

Das Gericht entscheidet über den Zuschlag durch Beschluss (vgl. §§ 79, 82 ZVG). Der Zuschlag ist dem Meistbietenden zu erteilen (§ 81 Abs. 1 ZVG). Durch den Zuschlag wird der Ersteher (= Meistbietender) Eigentümer des Grundstücks, sofern nicht im Beschwerdewege der Beschluss rechtskräftig aufgehoben wird (§ 90 Abs. 1 ZVG). M hat bereits durch den Zuschlag das Eigentum am Waldgrundstück erworben.   Anders verhält es sich bei der öffentlichen Versteigerung einer beweglichen Sache: Dort kommt durch den Zuschlag zunächst nur ein öffentlich-rechtlicher, kaufähnlicher Vertrag zustande (§ 917 Abs. 1 S. 3 ZPO, § 156 BGB), der für den Meistbietenden nur einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums begründet (= Verpflichtungsgeschäft). Das Eigentum an der ersteigerten Sache erwirbt der Meistbietende dagegen erst, wenn sie ihm gegen Bezahlung der gebotenen Summe übergeben wird (§ 817 Abs. 2 ZPO).

7. Nach der Zwangsversteigerung verweigert K, das Grundstück zu räumen und an M herauszugeben. Muss M nun gegen K auf Räumung und Herausgabe klagen, um in den Besitz des Grundstücks zu gelangen (vgl. § 93 ZVG)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Aus einem Zuschlagsbeschluss findet gegen den Besitzer des Grundstücks die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe statt (§ 93 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 ZVG). Ein Zuschlagsbeschluss ist also ein Vollstreckungstitel, aus dem der neue Eigentümer des Grundstücks gegen den Besitzer vollstrecken kann. Der Zuschlagsbeschluss ist bereits ein Vollstreckungstitel. M muss daher nicht mehr gegen K auf Räumung und Herausgabe klagen, sondern kann direkt die Zwangsvollstreckung betreiben.
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