Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Täterschaft und Teilnahme
Keine Beihilfe ohne Vollendungsvorsatz
Keine Beihilfe ohne Vollendungsvorsatz
20. Mai 2025
5 Kommentare
4,7 ★ (12.038 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T erzählt ihrem Bruder B, dass sie ihren Onkel O töten will. B rät ihr davon ab. Er erklärt sich aber später bereit, ihr Gift zu besorgen, damit O zumindest „friedlich” stirbt. Das von B besorgte „Gift”, das T dem O gibt, ist aber - wie B weiß - nur ein harmloser Vitaminsaft.
Diesen Fall lösen 0,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Keine Beihilfe ohne Vollendungsvorsatz
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat sich wegen versuchten Mordes strafbar gemacht, indem sie O das vermeintliche Gift gab (§§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1, 22, 23 StGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. B könnte sich wegen Beihilfe zum versuchten Mord strafbar gemacht haben, indem er T das vermeintliche Gift gab (§§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1, 22, 23, 27 StGB).
Genau, so ist das!
3. Der versuchte Mord ist eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat. Hat B zu dieser auch Hilfe geleistet?
Ja, in der Tat!
4. Hatte B Vorsatz bezüglich der vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat von T?
Nein!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juraluchs
26.1.2024, 15:19:01
Das Geben des Vitaminsafts kann man mE schon objektiv nicht als Fördern der Haupttat begreifen. Ggf. kann man aber
psychische Beihilfekonstruieren.
Leo Lee
27.1.2024, 18:51:12
Hallo Juraluchs, vielen Dank für dein Feedback! In der Tat könnte man meinen, dass das Geben des Vitaminsafts kein Fördern der Haupttat darstellen könne. Beachte allerdings, dass wir hier die Beihilfe zum VERSUCHTEN Mord prüfen. Hierauf bezogen ist das Geben des Vitaminsafts sehr wohl eine
physische Beihilfe(Tathilfe), da durch das Reichen des Safts der versuchte Mord überhaupt in Gang gesetzt wird (
physische Beihilfeist sehr weit zu verstehen)! D.h., wenn es um die Beihilfe zum
vollendeten Mord ginge, hätte B tatsächlich mangels Tauglichkeit keine Beihilfe geleistet. Weil jedoch durch das Geben des Safts der Versuch „ermöglicht“ wird, hat der B hierauf bezogen sehr wohl objektiv „Tathilfe“ geleistet. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-StGB 4. Auflage, Joecks/Scheinfeld § 27 Rn. 5 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Richter Alexander Hold
30.9.2024, 21:10:58
Das heißt, für das Hilfeleisten reicht es, dass der Beitrag des Gehilfen sich quasi nur auf den Versuch beziehen muss, während sich aber der
Gehilfenvorsatzauf die Vollendung richten muss?

Notorious P.M.S.
28.4.2025, 09:05:18
Könnte man hier auch irgendwie einen Fall von "
Abstiftung" konstruieren? Bzw. den Gedanken der
Abstiftungzurate ziehen - eine richtige
Abstiftungist es ja nicht, da fehlt es an der Bestimmung. Aber trotzdem will B ja, dass T statt des
vollendeten Mordes nur einen versuchten Mord begeht, was ja - ähnlich zur
Abstiftung- gewissermaßen ein "leichteres Delikt gleichen Typs" darstellt. Mindestens aber müsste doch in jedem Fall (also egal, ob man hier mit den Gedanken der
Abstiftungargumentiert oder nicht) eine
psychische Beihilfenach § 34 gerechtfertit sein - B begeht die Beihilfe ja gerade nur, um das Leben dez O zu retten, sodass B im Ergebnis straffrei bleibt.