Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Täterschaft und Teilnahme
Keine Beihilfe ohne Vollendungsvorsatz
Keine Beihilfe ohne Vollendungsvorsatz
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T erzählt ihrem Bruder B, dass sie ihren Onkel O töten will. B rät ihr davon ab. Er erklärt sich aber später bereit, ihr Gift zu besorgen, damit O zumindest „friedlich” stirbt. Das von B besorgte „Gift”, das T dem O gibt, ist aber - wie B weiß - nur ein harmloser Vitaminsaft.
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Einordnung des Falls
Keine Beihilfe ohne Vollendungsvorsatz
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat sich wegen versuchten Mordes strafbar gemacht, indem sie O das vermeintliche Gift gab (§§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1, 22, 23 StGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. B könnte sich wegen Beihilfe zum versuchten Mord strafbar gemacht haben, indem er T das vermeintliche Gift gab (§§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1, 22, 23, 27 StGB).
Genau, so ist das!
3. Der versuchte Mord ist eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat. Hat B zu dieser auch Hilfe geleistet?
Ja, in der Tat!
4. Hatte B Vorsatz bezüglich der vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat von T?
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Juraluchs
26.1.2024, 15:19:01
Das Geben des Vitaminsafts kann man mE schon objektiv nicht als Fördern der Haupttat begreifen. Ggf. kann man aber
psychische Beihilfekonstruieren.
Leo Lee
27.1.2024, 18:51:12
Hallo Juraluchs, vielen Dank für dein Feedback! In der Tat könnte man meinen, dass das Geben des Vitaminsafts kein Fördern der Haupttat darstellen könne. Beachte allerdings, dass wir hier die Beihilfe zum VERSUCHTEN Mord prüfen. Hierauf bezogen ist das Geben des Vitaminsafts sehr wohl eine physische Beihilfe (Tathilfe), da durch das Reichen des Safts der versuchte Mord überhaupt in Gang gesetzt wird (physische Beihilfe ist sehr weit zu verstehen)! D.h., wenn es um die Beihilfe zum vollendeten Mord ginge, hätte B tatsächlich mangels Tauglichkeit keine Beihilfe geleistet. Weil jedoch durch das Geben des Safts der Versuch „ermöglicht“ wird, hat der B hierauf bezogen sehr wohl objektiv „Tathilfe“ geleistet. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-StGB 4. Auflage, Joecks/Scheinfeld § 27 Rn. 5 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Richter Alexander Hold
30.9.2024, 21:10:58
Das heißt, für das Hilfeleisten reicht es, dass der Beitrag des Gehilfen sich quasi nur auf den Versuch beziehen muss, während sich aber der
Gehilfenvorsatzauf die Vollendung richten muss?