Bestimmtheit des Gehilfenvorsatzes

22. November 2024

4,8(5.924 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Gauner G fragt L, ob er dessen Revolver haben dürfe, um demnächst vielleicht „ein Ding zu drehen”. L geht davon aus, dass G etwas stehlen oder rauben will und leiht ihm die Waffe. Wo und wann die Tat geschehen soll, weiß L nicht. Tatsächlich begeht G einen Diebstahl mit Waffen.

Diesen Fall lösen 83,2 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Bestimmtheit des Gehilfenvorsatzes

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. L könnte sich wegen Beihilfe zum Diebstahl mit Waffen strafbar gemacht haben, indem er G den Revolver lieh (§§ 242 Abs. 1, 244 Abs. 1 Nr. 1 a Alt. 1, 27 StGB).

Ja, in der Tat!

L müsste dafür zur vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat von G - dem Diebstahl mit Waffen - Hilfe geleistet haben. Er müsste zudem mit doppeltem Gehilfenvorsatz, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Hat L dem G Hilfe geleistet, indem er ihm den Revolver geliehen hat?

Ja!

Hilfeleisten meint jeden Tatbeitrag, der die Haupttat ermöglicht, erleichtert oder verstärkt.L hat G den Revolver geliehen. Mit diesem Revolver hat G den Diebstahl mit Waffen begangen. Die Handlung von L hat die Tat von G zumindest erleichtert.

3. Für den Gehilfenvorsatz bedarf es der Absicht oder des sicheren Wissens bezüglich der vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Gehilfe muss vorsätzlich in Bezug auf die begangene Haupttat handeln. Es genügt dabei, wenn er die Tat billigend in Kauf nimmt, also mit Eventualvorsatz handelt.

4. Da L aber nicht im Einzelnen wusste, was G vorhatte, fehlte ihm hier der Eventualvorsatz.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Gehilfenvorsatz muss sich auf die wesentlichen Merkmale des Unrechts und die Angriffsrichtung der Haupttat beziehen. Ort, Zeit, genauer Hergang und Opfer der Tat müssen dem Gehilfen nicht bekannt sein. Ordnet der Gehilfe die Tat fehlerhaft ein, so ist das unbeachtlich, soweit das tatsächlich verwirklichte Delikt in seinem Unrechtsgehalt nicht gänzlich von dem vorgestellten Delikt abweicht.L hatte keine Vorstellung von Ort, Zeit, Tathergang oder Opfer der Tat. Er ging aber davon aus, dass der Revolver im Rahmen eines Diebstahls oder Raubs eingesetzt werde. Dies traf zu. Somit hat er die Angriffsrichtung und den wesentlichen Unrechtsgehalt der Tat richtig eingeordnet und das Geschehen billigend in Kauf genommen.Grundsätzlich werden bei der Beihilfe also geringere Anforderungen an die Bestimmtheit der Haupttat gestellt als bei der Anstiftung. Grund dafür ist, dass ein Anstifter eine Tat für den Täter konkretisieren muss. Der Gehilfe begleitet hingegen nur eine bereits konkretisierte Tat.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Christopher M.

Christopher M.

30.1.2024, 23:27:32

Wäre er auch der Beihilfe strafbar, wenn er Raub und Diebstahl vermutet hätte, tatsächlicher Verwendungszweck war aber Mord?

TI

Timurso

31.1.2024, 08:12:22

Nein. Die Beihilfe erfordert "doppelten

Gehilfenvorsatz

". Also einmal

Vorsatz

bezüglich der eigenen Handlung (Hilfeleisten) und einmal der

Vorsatz

bezüglich der Haupttat. Wenn der Gehilfe als Haupttat nicht mit Mord rechnet, kann er nicht wegen Beihilfe zum Mord bestraft werden.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen