+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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A wird wegen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) verurteilt. Ein Fahrverbot (§ 44 StGB) wird angeordnet, aber in der Strafzumessung nicht erwähnt. Die Fahrerlaubnis hatte man A vorläufig entzogen (§ 111a StPO), was im Urteil gänzlich unerwähnt bleibt.

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Einordnung des Falls

Fahrverbot, § 44 StGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Urteil ist bereits rechtsfehlerhaft, da ein Fahrverbot nur bei Verkehrsstraftaten in Betracht kommt (§ 44 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Wird jemand wegen einer Straftat verurteilt, kann ihm das Gericht für die Dauer von einem bis zu sechs Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge zu führen (§ 44 Abs. 1 S. 1 StGB). Die Straftat muss nicht im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangen werden. So kommt die Verhängung auch in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann (§ 44 Abs. 1 S. 2 StGB). Eine Ordnungswidrigkeit ist keine Straftat im Sinne der Norm. Hier kann aber ein Fahrverbot nach § 25 StVG angeordnet werden, selbst wenn der OWi-Tatbestand durch ein Strafgesetz verdrängt wird (§ 21 Abs. 1 OWiG, lesen!).
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2. Das Urteil ist aber rechtsfehlerhaft, da das Fahrverbot in der Strafzumessung nicht berücksichtigt wurde.

Ja, in der Tat!

Das Fahrverbot nach § 44 StGB ist eine Nebenstrafe, darf also nur neben einer Geld- oder Freiheitsstrafe verhängt werden. Zwischen Haupt- und Nebenstrafe besteht eine Wechselwirkung in der Form, dass beide zusammen die Tatschuld nicht überschreiten dürfen. Wenn das Tatgericht eine zusätzliche Beschwer durch das Fahrverbot in der Strafzumessung nicht einpreist, lässt es einen wesentlichen Strafzumessungsgesichtspunkt außer Betracht und das Urteil enthält einen Darstellungsfehler.

3. Das Urteil ist auch rechtsfehlerhaft, da der Zeitraum, in dem die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen war (§ 111a StPO) nicht angerechnet wurde (§ 51 Abs. 5 StGB).

Ja!

Wird die Fahrerlaubnis vorläufig gemäß § 111a StPO entzogen muss die Dauer der Entziehung auf das Fahrverbot angerechnet werden (§ 51 Abs. 5, 1 StGB). Dies ist zwingend, außer das Tatgericht hält die Anrechnung im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht für gerechtfertigt (§ 51 Abs. 1 S. 2 StGB). Dies ist jedoch die Ausnahme und muss besonders erörtert werden. Da das Gericht eine Anrechnung nicht vornahm und sich überhaupt nicht mit den Voraussetzungen der Anrechnung beschäftigte, wendete es eine einschlägige Rechtsnorm nicht an. Hier liegt also auch ein Rechtsanwendungsfehler vor.
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