Öffentliches Recht

Kommunalrecht

Kommunalaufsicht

Welche Arten von Kommunalaufsicht gibt es 2

Welche Arten von Kommunalaufsicht gibt es 2

12. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der Stadtkreis S will sein 33-jähriges Ortsjubiläum feiern. S beschließt deshalb alle Tempo 30-Schilder durch Tempo 33-Schilder auszutauschen. Referendarin R fragt sich, wie das Regierungspräsidium das verkehrsrechtlich eindeutig rechtswidrige Vorhaben von S unterbinden kann.

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Einordnung des Falls

Welche Arten von Kommunalaufsicht gibt es 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei der Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben unterliegt S keiner gesetzlichen Bindung.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Gemeinde ist Teil der Verwaltung und Träger öffentlicher Gewalt (Art. 1 Abs. 3 GG). Sie ist bei der Wahrnehmung von Aufgaben an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Dies gilt unabhängig davon, dass die Gemeinde grundsätzlich frei darin ist, sich neuer Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) anzunehmen.
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2. Ob S bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben gegen Recht und Gesetz verstoßen hat, entscheidet er selbst.

Nein!

Die kommunale Aufgabenerledigung unterliegt stets der staatlichen Aufsicht. Die Kommunalaufsicht über Gemeinden bildet ein verfassungsrechtlich durch Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips gebotenes Korrelat der kommunalen Selbstverwaltung. Die Aufsicht gewährleistet, dass die Erledigung der Aufgaben rechtmäßig und bei übertragenen Aufgaben entsprechend einer einheitlichen Verwaltungspraxis darüber hinaus auch zweckmäßig erfolgt. Dass die kommunale Aufgabenerledigung stets der staatlichen Aufsicht unterliegt, ist unabhängig davon, welches Aufgabenmodell (monistisches oder dualistisches Modell) in Deinem Bundesland vorliegt.

3. Im Hinblick auf Art und Umfang der Kommunalaufsicht unterscheidet man zwischen Rechtsaufsicht und Fachaufsicht.

Genau, so ist das!

Man unterscheidet – je nach Art der wahrgenommenen Aufgabe – zwischen einer bloßen Kontrolle der Rechtmäßigkeit (Rechtsaufsicht) einerseits, sowie der hinzutretenden Kontrolle der Zweckmäßigkeit des kommunalen Handelns andererseits (Fachaufsicht). Aufgaben im eigenen Wirkungskreis bzw. freiwillige und pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben unterliegen lediglich der Rechtsaufsicht. Auftragsangelegenheiten bzw. Pflichtaufgaben nach Weisung unterliegen hingegen – neben der Rechtsaufsicht – auch der Fachaufsicht.

4. Bei dem Austauschen der „Tempo 30”-Schilder handelt es sich um eine Aufgabe im eigenen Wirkungskreis der Gemeinde bzw. eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe.

Nein, das trifft nicht zu!

Aufgaben im eigenen Wirkungskreis bzw. freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinde sind Aufgaben, die eine Gemeinde kraft ihres in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG garantierten Aufgabenfindungsrechts freiwillig, d.h. ohne gesetzliche Pflicht, wahrnimmt (z.B. Betrieb von Schwimmbädern u.ä.). Gegenstück der Aufgaben im eigenen Wirkungskreis bzw. der freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben sind diejenigen Aufgaben, zu deren Erfüllung die Gemeinde hinsichtlich des „Ob“ und des „Wie“ der Erfüllung gesetzlich verpflichtet ist (Auftragsangelegenheiten bzw. Pflichtaufgaben nach Weisung). Die Einrichtung einer örtlichen Straßenverkehrsbehörde stellt eine Auftragsangelegenheit bzw. Pflichtaufgabe nach Weisung dar, denn entsprechenden Gemeinden wird die Aufgabenwahrnehmung und Ausführungsweise gesetzlich auferlegt (§ 44 Abs. 1 S. 2 StVO i.V.m. Landesrecht, z.B. § 2 Abs. 3 S. 2 StVOZustG BW). Die Terminologie der Aufgaben, zu deren Durchführung die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist, unterscheidet sich abhängig davon, ob in Deinem Bundesland ein monistisches oder dualistisches Aufgabenverständnis vorliegt: (1)Bei einem dualistischen Aufgabenverständnis bezeichnet man Aufgaben, die die Gemeinde nicht freiwillig wahrnimmt, als Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis bzw. als Auftragsangelegenheiten. Die Wahrnehmung und Ausführungsweise („ob” und „wie”) dieser Aufgaben durch die Gemeinde ist gesetzlich vorgeschrieben. (2)Bei einem monistischen Aufgabenverständnis bezeichnet man einen großen Teil der Aufgaben, die die Gemeinde nicht freiwillig wahrnimmt, als Pflichtaufgaben nach Weisung. Die Wahrnehmung und Ausführungsweise („ob” und „wie”) dieser Aufgaben durch die Gemeinde ist gesetzlich vorgeschrieben. Daneben kennt das monistische Aufgabenverständnis auch noch pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben: Das sind Aufgaben, zu deren Wahrnehmung („ob”) die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist; die Art und Weise der Aufgabenerfüllung („wie”) jedoch wird der Gemeinde zur freien Ausgestaltung überlassen. Auch in der Klausur beginnt deine gedankliche Prüfung bei kommunalaufsichtsrechtlichen Sachverhalte stets mit dem Einordnen der Aufgabenart.

5. Das Regierungspräsidium könnte im Wege der Fachaufsicht gegen das rechtswidrige Verhalten des S einschreiten.

Ja!

Die Fachaufsicht erfasst nur Auftragsangelegenheiten bzw. Pflichtaufgaben nach Weisung. Demgegenüber unterliegen Aufgaben im eigenen Wirkungskreis der Gemeinde bzw. freiwillige und pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben lediglich einer Rechtsaufsicht. Die Einrichtung einer örtlichen Straßenverkehrsbehörde – eine Auftragsangelegenheit bzw. Pflichtaufgabe nach Weisung – unterliegt nicht nur der Rechtsaufsicht, sondern darüber hinaus auch der Fachaufsicht. Das Regierungspräsidium könnte folglich im Wege der Fachaufsicht gegen S einschreiten. Soweit sich die zuständige Fachaufsichtsbehörde nicht unmittelbar aus dem einschlägigen Spezialgesetz ergibt, ist auf die allgemeinen Landesverwaltungsgesetze der Länder zurückzugreifen (z.B. § 21 Abs. 2 LVG BW). Typischerweise ist die Fachaufsichtsbehörde die nächsthöhere Behörde im Verwaltungsaufbau.

6. Das Regierungspräsidium kann im Rahmen seiner Fachaufsicht lediglich kontrollieren, ob der Beschluss des S rechtmäßig gewesen ist.

Nein, das ist nicht der Fall!

Anders als die Rechtsaufsicht, in deren Rahmen lediglich eine bloße Kontrolle der Rechtmäßigkeit zulässig ist, erfasst die Fachaufsicht darüber hinaus auch die Kontrolle der Zweckmäßigkeit des kommunalen Handelns. Das Regierungspräsidium kann im Rahmen seiner Fachaufsicht auch die Zweckmäßigkeit des Beschlusses von S überprüfen.
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