Kein Widerrufsrecht bei Aufhebungsvertrag

26. April 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die erkrankte Angestellte A wird gegen 17 Uhr von ihrem Chef C in ihrer Wohnung aufgesucht. C legt ihr einen Aufhebungsvertrag vor, den A unter Einfluss von Schmerzmitteln und müde unterschreibt. Danach wird das Arbeitsverhältnis einvernehmlich ohne Abfindungszahlung beendet.

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Einordnung des Falls

Kein Widerrufsrecht bei Aufhebungsvertrag

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Handelt es sich bei dem Aufhebungsvertrag um einen Verbrauchervertrag (§ 310 Abs. 3 BGB)?

Ja, in der Tat!

Ein Verbrauchervertrag (§ 310 Abs. 3 BGB) ist ein Vertrag zwischen einem Unternehmer (§ 14 BGB) und einem Verbraucher (§ 13 BGB). Nach der ständigen Rspr. des BAG tätigen Arbeitnehmer mit ihrem jeweiligen Arbeitgeber, einem Unternehmer iSv § 14 BGB, Rechtsgeschäfte als Verbraucher gemäß § 13 BGB. Dies gilt nicht nur für den Abschluss des Arbeitsvertrages, sondern auch dessen Aufhebung im Rahmen eines Aufhebungsvertrages.
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2. Somit sind die Regelungen der §§ 312a-h BGB und insbesondere das Widerrufsrecht grundsätzlich auf Aufhebungsverträge anwendbar (§ 312 Abs. 1 BGB).

Nein!

Nach § 312 Abs. 1 BGB sind die §§ 312ff. BGB nur anzuwenden auf Verbraucherverträge, bei denen sich der Verbraucher zu der Zahlung eines Preises verpflichtet. Ein Verbrauchervertrag liegt hier vor (s.o.). BAG: Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge unterfielen aber nicht den §§ 312ff. BGB. Es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn Aufhebungsverträge mit Abfindungsanspruch als Verträge über „entgeltliche Leistungen“ des Arbeitgebers subsumiert würden, Aufhebungsverträge ohne Abfindungsanspruch jedoch nicht. §§ 312ff. BGB erfassten arbeitsvertragliche Aufhebungsverträge deshalb in der Gänze nicht. Dies ergebe eine Auslegung des § 312 Abs. 1 BGB im Hinblick auf seinen systematischen Zusammenhang und den gesetzgeberischen Willen (RdNr. 13ff).Bis 31.12.2021 verlangte der Wortlaut des § 312 Abs. 1 BGB a.F. statt der „Zahlung eines Preises“, eine „entgeltliche Leistung des Unternehmers“. Auch weiterhin soll aber eine entgeltliche Leistung des Unternehmers notwendig sein.

3. Ist A berechtigt, den Aufhebungsvertrag zu widerrufen (§ 355 i.V.m. §§ 312 g Abs. 1, 312 b BGB?

Nein, das ist nicht der Fall!

Das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB setzt zunächst voraus, dass die Vorschriften der §§ 312a-h anwendbar sind (§ 312 BGB).Da der Anwendungsbereich des Widerrufsrecht nach § 312g BGB nicht eröffnet ist, kann A den Aufhebungsvertrag nicht widerrufen. Zum Schutz der Arbeitnehmerinnen hat das BAG aber in der vorliegenden Konstellation einen Verstoß gegen das „Gebot des fairen Verhandelns“ angenommen, der im Ergebnis doch zur Unwirksamkeit des Vertrages führte. Mehr dazu findest Du: hier!
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