Grundfall: Leistung sicherungshalber

23. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

A renoviert Bs Haus und verlangt nach Abnahme die vereinbarten €5000. B ist gerade nicht flüssig. B bittet A um einen Zahlungsaufschub. Als Sicherheit gibt sie A ihren goldenen Siegelring.

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Einordnung des Falls

Grundfall: Leistung sicherungshalber

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Hatte A anfangs einen Anspruch darauf, dass B den geschuldeten Werklohn zahlt (§ 631 Abs. 1 Alt. 2 BGB)?

Ja!

Durch einen Werkvertrag wird der Besteller zur Zahlung des versprochenen Werklohns verpflichtet (§ 631 Abs. 1 Alt. 2 BGB) . A und B haben einen Werkvertrag geschlossen. B ist nach der Abnahme verpflichtet, den geschuldeten Werklohn zu zahlen.
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2. Ist durch die Übergabe des Siegelrings, As Werklohnforderung durch Erfüllung erloschen?(§ 362 BGB)

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Anspruch des Gläubigers erlischt, wenn die geschuldete Leistung an ihn bewirkt wird (§ 362 Abs. 1 BGB). Dies ist der Fall, wenn der richtige Schuldner dem richtigen Gläubiger die richtige Leistung am richtigen Ort zur richtigen Zeit erbracht hat. Soweit ein Erfolg geschuldet ist, ist die Leistung erst bewirkt, wenn der Leistungserfolg eingetreten ist.Die geschuldete Leistung ist die Zahlung von €5000. B konnte diese mangels Liquidität nicht bewirken.

3. Kann der Schuldner seine Leistungspflicht auch durch eine andere als die geschuldete Leistung erfüllen, wenn der Gläubiger zustimmt?

Ja, in der Tat!

Bewirkt der Schuldner eine andere als die geschuldete Leistung, ist die Einordnung dieser Handlung durch Auslegung der Parteivereinbarung zu ermitteln. Maßgeblich ist, ob (a) der Gläubiger zur Verwertung des Leistungsgegenstandes verpflichtet ist und (b) wer das Verwertungsrisiko tragen soll. Bei der (1) Leistung sicherungshalber verwahrt der Gläubiger den Gegenstand bloß als Pfand. Bei der (2) Leistung erfüllungshalber ist der Gläubiger zur Verwertung des Leistungsgegenstandes verpflichtet. Der Schuldner trägt aber weiter das Verwertungsrisiko. Bei der (3) Leistung an Erfüllung statt trägt dieses dagegen der Gläubiger, da bereits mit Annahme des Gegenstands die ursprünglich geschuldete Leistung erlischt.

4. Ist durch die Übergabe des Siegelrings As Werklohnforderung durch Leistung an Erfüllung statt erloschen (§ 364 Abs. 1 BGB)?

Nein!

Eine Leistung an Erfüllung statt liegt vor, wenn die Parteien sich einig sind, dass durch die Leistung die ursprüngliche Leistungspflicht erlischt (§ 364 Abs. 1 BGB), unabhängig davon, ob der Wert des hingegebenen Gegenstands dem der geschuldeten Leistung entspricht. Besteht dagegen zwar eine Verwertungspflicht, obliegt das Verwertungsrisiko dem Schuldner, so liegt bloß eine Leistung erfüllungshalber vor. Soll der Gegenstand lediglich als Sicherheit dienen, ohne dass der Schuldner diesen verwerten muss, so handelt es sich um eine Leistung sicherungshalber. A und B haben vereinbart, dass A den Ring lediglich temporär als Sicherheit erhalten soll, bis B das Geld auftreiben kann. Eine Verwertungspflicht geht damit nicht einher. Somit liegt eine Leistung sicherungshalber vor.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Rick-energie🦦

Rick-energie🦦

20.3.2023, 09:02:13

Wie wirkt sich die Leistung

sicherungshalber

auf den Punkt der Fälligkeit aus? Handelt es um eine

konkludent

mitvereinbarte Stundung mit der Folge, dass der Zahlungsgläubiger erstmal nicht klagen können soll? Und was ich ebenfalls nicht recht verstanden habe: Findet die Übertragung

sicherungshalber

dann gem 929, 158 bedingt durch die später zu erfolgende Zahlung statt?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

20.3.2023, 17:08:45

Hallo Rick-dich, danke für deine Frage. Die

Übereignung

sicherungshalber

ist entweder auflösend bedingt oder der Sicherungsvertrag gibt einen Anspruch auf

Rückübereignung

. Bezüglich der Fälligkeit kommt es auf den Willen der Parteien an, inwiefern tatsächlich eine Stundung vereinbart werden sollte oder "nur" eine zusätzliche Sicherheit für den Gläubiger der Geldforderung geschaffen werden sollte. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Sambajamba10

Sambajamba10

4.6.2023, 14:43:50

@[

Nora Mommsen

](178057) Ich glaube, dass es im letzten Maßstabskasten "ohne dass der Gläubiger verwerten soll" also heißen muss

suessmaus

suessmaus

11.7.2023, 14:10:40

Ist das dann ein gesetzliches Sicherungspfandrecht?

TI

Timurso

7.10.2023, 10:03:13

Nein, dies ist ein vertragliches Pfandrecht, dass aufgrund der Vereinbarung der Parteien entsteht. Ein gesetzliches Pfandrecht ist hier nicht ersichtlich, höchstens das

Werkunternehmerpfandrecht

, aber das bezieht sich ja nur auf die bearbeitete Sache. Der Ring ist jedoch eine andere Sache.

VALA

Vanilla Latte

6.10.2023, 23:09:09

Was für ein Rechtsverhältnis ist das? Ein Pfandrecht?

TI

Timurso

7.10.2023, 09:58:39

Das ist ein Pfandrecht nach den §§ 1204 ff. BGB, ja.

LELEE

Leo Lee

7.10.2023, 12:03:13

Hallo Vanilla Latte, leider gibt es in den Kommentaren kein wirkliches Beispiel, was benannt wird für die Leistung

sicherungshalber

(allen voran wegen der geringen Bedeutung derer in der Praxis); gleichwohl würde auf sachenrechtlicher Ebene – wie du richtig anmerkst – ein Pfand einschlägig sein und auf der Ebene des Schuldrechts der hierzu gehörige Sicherungsvertrag gem. §§ 311 I, 241 I BGB, was die Ausgestaltung eines solchen Sicherungsverhältnisses im Einzelnen regeln würde :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

MIA

miamiu

20.6.2024, 10:00:53

Wäre dann A nach § 930 BGB Eigentümer des Ringes?


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