Verleitung zum Vertragsbruch durch Dritte
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V möchte sein Grundstück verkaufen und schließt daher mit K1 einen formwirksamen Kaufvertrag. K2 ist Konkurrentin der K1 und möchte unbedingt den Verkauf verhindern. K2 bietet daher V einen höheren Kaufpreis und die Freistellung von allen Regressansprüchen der K1. V willigt ein.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Verleitung zum Vertragsbruch durch Dritte
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V hat gegenüber K1 schuldhaft eine Pflicht aus dem Kaufvertrag verletzt, wenn V das Grundstück an K2 übereignet (§ 280 Abs. 1 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. K1 hat durch die Handlung der K2 eine Rechtsgutsverletzung erlitten (§ 823 Abs. 1 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
3. K2 hat K1 vorsätzlich sittenwidrig geschädigt (§ 826 BGB).
Ja, in der Tat!
4. Der Vorsatz des Schädigers muss sich auf den Schaden des Betroffenen beziehen (§ 826 BGB).
Ja!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Raphaeljura
3.10.2023, 02:36:15
Nur um sicher zu sein: Es reicht aus, dass K2 weiß, dass bereits ein Kaufvertrag mit K1 geschlossen wurde? Oder würde es auch ausreichen, dass K2 es annimmt aber nicht sicher ist ? Und wie wäre es, wenn K2 es nur irrtümlich annimmt?
Leo Lee
7.10.2023, 16:50:30
Hallo Raphaeljura, genauso ist es! §
826 BGBverlangt nicht, dass der Schädiger absichtlich i.S.d. Dolus directus ersten und zweiten Grades handelt. Es reicht vielmehr aus, wenn in Kenntnis der Umstände der Schädiger den Eintritt des Schadens für möglich hält. Wenn K2 dies annimmt, sich nicht aber „sicher“ ist, liegt zwar kein Dolus II, jedoch dürfte Dolus eventualis vorliegen. Wenn K2 dies nur irrtümlich annimmt (also wenn kein Kaufvertrag existiert, der gebrochen werden kann), würde mangels eines Schadens kein §
826 BGBvorliegen. Beachte zudem, dass – anders als im Strafrecht – es im Zivilrecht keine „Versuchstatbestände“ gibt. Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB 8. Auflage, Wagner §
826Rn. 27 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Raphaeljura
7.10.2023, 16:55:42
Danke!
Efecan Ö.
19.11.2023, 15:20:18
Wie immer sehr gut erklärt von Leo!
Leo Lee
19.11.2023, 15:29:03
@[Raphaeljura](207944) Sehr gerne :) @[Efecan](197365) Danke dir!
Natze
26.1.2024, 18:31:24
Leo Lee
27.1.2024, 10:48:17
Hallo Natze, vielen Dank für die sehr gute Frage! Das ist völlig richtig. Während § 823 I BGB eben bestimmte
Rechtsgüterschützt (weshalb auch eine Rechtsgutverletzung erforderlich ist), schützt §
826 BGBallen voran das VERMÖGEN des Geschädigten, weshalb keine „Rechtsgutverletzung“ erforderlich ist. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Wagner §
826Rn. 4 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Natze
27.1.2024, 23:00:24
Vielen Dank, Leo :)
paulmachtexamen
21.7.2024, 18:32:06
Liebe Jurafüchse, ihr schreibt, dass K1 hier einen vertraglichen SE nach 280 I geltend machen kann. Jetzt liegt hier aber ein Fall der nachträglichen Unmöglichkeit (275) vor, so dass hier mE 280 I, III, 283 die richtige AGL ist. Sehe ich das richtig?
as.mzkw
19.9.2024, 19:24:15
Sehe ich auch so. Ich glaube, dass hier nur der § 280 I BGB zitiert wurde, da ja nur nach dem Vorliegen (irgend-)einer Pflichtverletzung gefragt wurde und deren Erfordernis ergibt sich eben aus der „Grundnorm“ § 280 I BGB.